Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

Paar Kopfkissen und ein lateinisches Buch,
und legte 2 Ducaten bey. Man schickte
mir einen kleinen elenden Pfühl und einen
fingerlangen Horaz, in dem viele Blätter
fehlten. Gott weiß durch welchen Zufall
der Parochus erfuhr, daß der Feldprediger
nicht existire, er ließ daher mit sehr ungeist-
licher Heftigkeit an den Regimentscomman-
deur die Bitte gelangen, den Täuscher eines
geweyhten Hauptes zu bestrafen. Der Brief
wurde auf der Parade vorgelesen, ich be-
kannte mich sofort zu dem begangenen Fre-
vel, und der wahrscheinlich nicht 2 Thaler
werthe Pfühl nebst dem defekten Horaz wur-
den zurückgesandt; da aber wenige Stunden
darnach aufgebrochen ward, so weiß ich nicht,
ob die Corpora delicti an Stell und Ort
gekommen, aber wohl, daß meine 2 Duca-
ten sich nicht wieder eingefunden haben.
Diese kleine Geschichte erinuert mich an
eine andre nicht größre, die mir mit einer
Ziege begegnete, die von den nicht blos Fut-
ter holenden Fourageurs aus Böhmen mit
einer großen Anzahl ihres Geschlechts auch
ins Raminsche Regimentslager gebracht war.
Um nicht immer braunen Caffee trinken zu
dürfen, kauft ich eine dieser Ziegen für

Paar Kopfkiſſen und ein lateiniſches Buch,
und legte 2 Ducaten bey. Man ſchickte
mir einen kleinen elenden Pfuͤhl und einen
fingerlangen Horaz, in dem viele Blaͤtter
fehlten. Gott weiß durch welchen Zufall
der Parochus erfuhr, daß der Feldprediger
nicht exiſtire, er ließ daher mit ſehr ungeiſt-
licher Heftigkeit an den Regimentscomman-
deur die Bitte gelangen, den Taͤuſcher eines
geweyhten Hauptes zu beſtrafen. Der Brief
wurde auf der Parade vorgeleſen, ich be-
kannte mich ſofort zu dem begangenen Fre-
vel, und der wahrſcheinlich nicht 2 Thaler
werthe Pfuͤhl nebſt dem defekten Horaz wur-
den zuruͤckgeſandt; da aber wenige Stunden
darnach aufgebrochen ward, ſo weiß ich nicht,
ob die Corpora delicti an Stell und Ort
gekommen, aber wohl, daß meine 2 Duca-
ten ſich nicht wieder eingefunden haben.
Dieſe kleine Geſchichte erinuert mich an
eine andre nicht groͤßre, die mir mit einer
Ziege begegnete, die von den nicht blos Fut-
ter holenden Fourageurs aus Boͤhmen mit
einer großen Anzahl ihres Geſchlechts auch
ins Raminſche Regimentslager gebracht war.
Um nicht immer braunen Caffee trinken zu
duͤrfen, kauft ich eine dieſer Ziegen fuͤr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0118" n="101"/>
Paar Kopfki&#x017F;&#x017F;en und ein lateini&#x017F;ches Buch,<lb/>
und legte 2 Ducaten bey. Man &#x017F;chickte<lb/>
mir einen kleinen elenden Pfu&#x0364;hl und einen<lb/>
fingerlangen Horaz, in dem viele Bla&#x0364;tter<lb/>
fehlten. Gott weiß durch welchen Zufall<lb/>
der Parochus erfuhr, daß der Feldprediger<lb/>
nicht exi&#x017F;tire, er ließ daher mit &#x017F;ehr ungei&#x017F;t-<lb/>
licher Heftigkeit an den Regimentscomman-<lb/>
deur die Bitte gelangen, den Ta&#x0364;u&#x017F;cher eines<lb/>
geweyhten Hauptes zu be&#x017F;trafen. Der Brief<lb/>
wurde auf der Parade vorgele&#x017F;en, ich be-<lb/>
kannte mich &#x017F;ofort zu dem begangenen Fre-<lb/>
vel, und der wahr&#x017F;cheinlich nicht 2 Thaler<lb/>
werthe Pfu&#x0364;hl neb&#x017F;t dem defekten Horaz wur-<lb/>
den zuru&#x0364;ckge&#x017F;andt; da aber wenige Stunden<lb/>
darnach aufgebrochen ward, &#x017F;o weiß ich nicht,<lb/>
ob die <hi rendition="#aq">Corpora delicti</hi> an Stell und Ort<lb/>
gekommen, aber wohl, daß meine 2 Duca-<lb/>
ten &#x017F;ich nicht wieder eingefunden haben.<lb/>
Die&#x017F;e kleine Ge&#x017F;chichte erinuert mich an<lb/>
eine andre nicht gro&#x0364;ßre, die mir mit einer<lb/>
Ziege begegnete, die von den nicht blos Fut-<lb/>
ter holenden Fourageurs aus Bo&#x0364;hmen mit<lb/>
einer großen Anzahl ihres Ge&#x017F;chlechts auch<lb/>
ins Ramin&#x017F;che Regimentslager gebracht war.<lb/>
Um nicht immer braunen Caffee trinken zu<lb/>
du&#x0364;rfen, kauft ich eine die&#x017F;er Ziegen fu&#x0364;r<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0118] Paar Kopfkiſſen und ein lateiniſches Buch, und legte 2 Ducaten bey. Man ſchickte mir einen kleinen elenden Pfuͤhl und einen fingerlangen Horaz, in dem viele Blaͤtter fehlten. Gott weiß durch welchen Zufall der Parochus erfuhr, daß der Feldprediger nicht exiſtire, er ließ daher mit ſehr ungeiſt- licher Heftigkeit an den Regimentscomman- deur die Bitte gelangen, den Taͤuſcher eines geweyhten Hauptes zu beſtrafen. Der Brief wurde auf der Parade vorgeleſen, ich be- kannte mich ſofort zu dem begangenen Fre- vel, und der wahrſcheinlich nicht 2 Thaler werthe Pfuͤhl nebſt dem defekten Horaz wur- den zuruͤckgeſandt; da aber wenige Stunden darnach aufgebrochen ward, ſo weiß ich nicht, ob die Corpora delicti an Stell und Ort gekommen, aber wohl, daß meine 2 Duca- ten ſich nicht wieder eingefunden haben. Dieſe kleine Geſchichte erinuert mich an eine andre nicht groͤßre, die mir mit einer Ziege begegnete, die von den nicht blos Fut- ter holenden Fourageurs aus Boͤhmen mit einer großen Anzahl ihres Geſchlechts auch ins Raminſche Regimentslager gebracht war. Um nicht immer braunen Caffee trinken zu duͤrfen, kauft ich eine dieſer Ziegen fuͤr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/118
Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/118>, abgerufen am 24.11.2024.