Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.Ein Gastgeschenk ist's, sprach Ekkehard ingrimmig, das der heilige Dacht' ich's doch, schalt der Kellermeister, sanct gallische Holz- Er sah nach etwas Greifbarem um, ein namhafter Besen stand Da rief's gebietend von der Pforte her: Halt! Friede mit Euch! Es war der Abt Wazmann, der mit seinem Freund Simon Gebt dem Streite Raum, sprach Simon Bardo, der mit Be- Der Abt aber, in dessen Augen die Eigenmacht Jüngerer ein Da hub Rudimann an zu erzählen was geschehen und verschwieg Nichts. Leichtes Vergehen, murmelte der Abt; Hauptstück sechs und vier- Da trug auch Ekkehard vor, wie er die Sache angeschaut und in D. B. VII. Scheffel, Ekkehard. 5
Ein Gaſtgeſchenk iſt's, ſprach Ekkehard ingrimmig, das der heilige Dacht' ich's doch, ſchalt der Kellermeiſter, ſanct galliſche Holz- Er ſah nach etwas Greifbarem um, ein namhafter Beſen ſtand Da rief's gebietend von der Pforte her: Halt! Friede mit Euch! Es war der Abt Wazmann, der mit ſeinem Freund Simon Gebt dem Streite Raum, ſprach Simon Bardo, der mit Be- Der Abt aber, in deſſen Augen die Eigenmacht Jüngerer ein Da hub Rudimann an zu erzählen was geſchehen und verſchwieg Nichts. Leichtes Vergehen, murmelte der Abt; Hauptſtück ſechs und vier- Da trug auch Ekkehard vor, wie er die Sache angeſchaut und in D. B. VII. Scheffel, Ekkehard. 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0087" n="65"/> <p>Ein Gaſtgeſchenk iſt's, ſprach Ekkehard ingrimmig, das der heilige<lb/> Gall dem heiligen Pirmin ſendet!<note xml:id="ed100" next="#edt100" place="end" n="100)"/> und er erhub ſeinen Stab<lb/> von Neuem.</p><lb/> <p>Dacht' ich's doch, ſchalt der Kellermeiſter, ſanct galliſche Holz-<lb/> äpfel! Man kennt Euch an den Früchten: Boden hart, Glaube roh,<lb/> Leute grob!<note xml:id="ed101" next="#edt101" place="end" n="101)"/> Wartet des Gegengeſchenks.</p><lb/> <p>Er ſah nach etwas Greifbarem um, ein namhafter Beſen ſtand<lb/> in der Ecke, mit dem waffnete er ſich und gedachte auf den Störer<lb/> ſeines Friedens einzudringen ...</p><lb/> <p>Da rief's gebietend von der Pforte her: Halt! Friede mit Euch!<lb/> und eine zweite Stimme frug mit fremder Betonung: Was iſt hier<lb/> für ein Holofernes aus dem Boden gewachſen?</p><lb/> <p>Es war der Abt Wazmann, der mit ſeinem Freund Simon<lb/> Bardo, dem ehemaligen Protoſpathar<note xml:id="ed102" next="#edt102" place="end" n="102)"/> des griechiſchen Kaiſers von<lb/> der Einſegnung der Weinleſe zurückkehrte. Das Geräuſch des Streits<lb/> unterbrach eine gelehrte Auseinanderſetzung des Griechen über die<lb/> Belagerung der Stadt Hai durch Joſua und die ſtrategiſchen Fehler<lb/> des Königs von Hai, da er mit ſeinem Heer auszog wider die Wüſte.<lb/> Der alte Griechenfeldherr, der die Heimath verlaſſen, um im byzanti-<lb/> niſchen Ruheſtand nicht an Mattigkeit der Seele zu erſterben, lag in<lb/> ſeinen Muſeſtunden im deutſchen Kloſter eifrig dem Studium der<lb/> Tactik ob; ſie hießen ihn ſcherzweiſe den Hauptmann von Capernaum,<lb/> wiewohl er das Ordenskleid genommen.</p><lb/> <p>Gebt dem Streite Raum, ſprach Simon Bardo, der mit Be-<lb/> dauern den Zweikampf unterbrochen ſah, zum Abte: ich hab' heut' im<lb/> Traume ein Sprühen von Feuerfunken erſchaut, das deutet Schläge ...</p><lb/> <p>Der Abt aber, in deſſen Augen die Eigenmacht Jüngerer ein<lb/> Gräuel war, gebot Ruhe und ließ den Streitfall zur Schlichtung<lb/> vortragen.</p><lb/> <p>Da hub Rudimann an zu erzählen was geſchehen und verſchwieg Nichts.</p><lb/> <p>Leichtes Vergehen, murmelte der Abt; Hauptſtück ſechs und vier-<lb/> zig: von dem was bei der Arbeit, beim Gärtnern oder Fiſchfang, in<lb/> Küche oder Keller geſündigt wird — allemanniſches Geſetz: von dem<lb/> was mit Mägden geſchieht ... der Gegner ſpreche!</p><lb/> <p>Da trug auch Ekkehard vor, wie er die Sache angeſchaut und in<lb/> gerechtem Zorn dreingefahren.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">D. B. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">VII.</hi></hi> Scheffel, Ekkehard. 5</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [65/0087]
Ein Gaſtgeſchenk iſt's, ſprach Ekkehard ingrimmig, das der heilige
Gall dem heiligen Pirmin ſendet!
¹⁰⁰⁾
und er erhub ſeinen Stab
von Neuem.
Dacht' ich's doch, ſchalt der Kellermeiſter, ſanct galliſche Holz-
äpfel! Man kennt Euch an den Früchten: Boden hart, Glaube roh,
Leute grob!
¹⁰¹⁾
Wartet des Gegengeſchenks.
Er ſah nach etwas Greifbarem um, ein namhafter Beſen ſtand
in der Ecke, mit dem waffnete er ſich und gedachte auf den Störer
ſeines Friedens einzudringen ...
Da rief's gebietend von der Pforte her: Halt! Friede mit Euch!
und eine zweite Stimme frug mit fremder Betonung: Was iſt hier
für ein Holofernes aus dem Boden gewachſen?
Es war der Abt Wazmann, der mit ſeinem Freund Simon
Bardo, dem ehemaligen Protoſpathar
¹⁰²⁾
des griechiſchen Kaiſers von
der Einſegnung der Weinleſe zurückkehrte. Das Geräuſch des Streits
unterbrach eine gelehrte Auseinanderſetzung des Griechen über die
Belagerung der Stadt Hai durch Joſua und die ſtrategiſchen Fehler
des Königs von Hai, da er mit ſeinem Heer auszog wider die Wüſte.
Der alte Griechenfeldherr, der die Heimath verlaſſen, um im byzanti-
niſchen Ruheſtand nicht an Mattigkeit der Seele zu erſterben, lag in
ſeinen Muſeſtunden im deutſchen Kloſter eifrig dem Studium der
Tactik ob; ſie hießen ihn ſcherzweiſe den Hauptmann von Capernaum,
wiewohl er das Ordenskleid genommen.
Gebt dem Streite Raum, ſprach Simon Bardo, der mit Be-
dauern den Zweikampf unterbrochen ſah, zum Abte: ich hab' heut' im
Traume ein Sprühen von Feuerfunken erſchaut, das deutet Schläge ...
Der Abt aber, in deſſen Augen die Eigenmacht Jüngerer ein
Gräuel war, gebot Ruhe und ließ den Streitfall zur Schlichtung
vortragen.
Da hub Rudimann an zu erzählen was geſchehen und verſchwieg Nichts.
Leichtes Vergehen, murmelte der Abt; Hauptſtück ſechs und vier-
zig: von dem was bei der Arbeit, beim Gärtnern oder Fiſchfang, in
Küche oder Keller geſündigt wird — allemanniſches Geſetz: von dem
was mit Mägden geſchieht ... der Gegner ſpreche!
Da trug auch Ekkehard vor, wie er die Sache angeſchaut und in
gerechtem Zorn dreingefahren.
D. B. VII. Scheffel, Ekkehard. 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |