Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.64)
scolarum fratrum primis, statuit pueris illis et eorum perpetuo posteris pro testamento singulis annis ludi sui tribus ab im- perio statutis diebus in eisdem scolarum aedibus carnibus vesci et de abbatis curte singulos tribus donari aescis cottidie et potibus. Quod cum ipse quidem annuatim praesens solvi ju- beret, postea ita solutum est usque ad Ungrorum, de quibus loco suo dicturi sumus, invasiones. Ekkeh. IV. casus S. Galli c. 1. 65) Fehler wider die Ordensregel zogen die Strafe der Geißelung nach sich, der sich die Klostergeistlichen willig unterwarfen, wiewohl es eine knechtische Züchtigung war, und ein Freier, mit dieser Strafe belegt, nach den alten Volksrechten seine Freiheit verlor. Der Schul- dige ward an eine Säule gebunden und nach Ausziehung der Ober- kleider gegeißelt. Eine noch erhaltene Geißelkammer, ähnlich der hier beschriebenen, findet sich im würtembergischen Kloster Maulbronn. In den Klosterschulen bediente man sich der Ruthe. Daß die Bußwerk- zeuge von denen, die darunter zu leiden hatten, in gutmüthigem Humor mit eigenen Namen versehen wurden, beweist des Bischof Salomo Wörterbuch, wo die anguilla (Schlange oder Aal) von der scutica (Riemenpeitsche) unterschieden wird. 66) Tacitus German. cap. 8. 67) pectines eburnei ... In Kämmen trieb das Mittelalter Luxus. Bekannt ist der silbergefaßte steinverzierte Kamm der Longobardenköni- gin Theodelinde im Domschatz zu Monza, und der von Heinrich II. her- rührende Elfenbeinkamm in Bamberg. Die Sitte, die gewöhnlichsten und gleichgiltigsten Verrichtungen des täglichen Lebens mit einem Ge- bet einzuleiten, veranlaßte, daß man auch für Schneiden und Kämmen des Haupthaars, Zustutzen des Barts u. s. w. Gebetsformeln auf- stellte. Die Handschrift 395 der sanctgall. Bibliothek enthält deren eine Reihe, und da sich dieselbe mit einer benedictio ad omnia quae volueris schließt, darf man sich billig nicht mehr wundern, auch die benedictio ad barbam comendam, ad capillos tondendos u. s. w. vorzufinden. 64)
ſcolarum fratrum primiſ, ſtatuit pueriſ illiſ et eorum perpetuo poſteriſ pro teſtamento ſinguliſ anniſ ludi ſui tribuſ ab im- perio ſtatutiſ diebuſ in eiſdem ſcolarum aedibuſ carnibuſ veſci et de abbatiſ curte ſinguloſ tribuſ donari aeſciſ cottidie et potibuſ. Quod cum ipſe quidem annuatim praeſenſ ſolvi ju- beret, poſtea ita ſolutum eſt uſque ad Ungrorum, de quibuſ loco ſuo dicturi ſumuſ, invaſioneſ. Ekkeh. IV. caſuſ S. Galli c. 1. 65) Fehler wider die Ordensregel zogen die Strafe der Geißelung nach ſich, der ſich die Kloſtergeiſtlichen willig unterwarfen, wiewohl es eine knechtiſche Züchtigung war, und ein Freier, mit dieſer Strafe belegt, nach den alten Volksrechten ſeine Freiheit verlor. Der Schul- dige ward an eine Säule gebunden und nach Ausziehung der Ober- kleider gegeißelt. Eine noch erhaltene Geißelkammer, ähnlich der hier beſchriebenen, findet ſich im würtembergiſchen Kloſter Maulbronn. In den Kloſterſchulen bediente man ſich der Ruthe. Daß die Bußwerk- zeuge von denen, die darunter zu leiden hatten, in gutmüthigem Humor mit eigenen Namen verſehen wurden, beweist des Biſchof Salomo Wörterbuch, wo die anguilla (Schlange oder Aal) von der scutica (Riemenpeitſche) unterſchieden wird. 66) Tacitus German. cap. 8. 67) pectines eburnei ... In Kämmen trieb das Mittelalter Luxus. Bekannt iſt der ſilbergefaßte ſteinverzierte Kamm der Longobardenköni- gin Theodelinde im Domſchatz zu Monza, und der von Heinrich II. her- rührende Elfenbeinkamm in Bamberg. Die Sitte, die gewöhnlichſten und gleichgiltigſten Verrichtungen des täglichen Lebens mit einem Ge- bet einzuleiten, veranlaßte, daß man auch für Schneiden und Kämmen des Haupthaars, Zuſtutzen des Barts u. ſ. w. Gebetsformeln auf- ſtellte. Die Handſchrift 395 der ſanctgall. Bibliothek enthält deren eine Reihe, und da ſich dieſelbe mit einer benedictio ad omnia quæ volueris ſchließt, darf man ſich billig nicht mehr wundern, auch die benedictio ad barbam comendam, ad capillos tondendos u. ſ. w. vorzufinden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <note xml:id="edt64" prev="#ed64" place="end" n="64)"> <hi rendition="#aq"><pb facs="#f0446" n="424"/> ſcolarum fratrum primiſ, ſtatuit pueriſ illiſ et eorum perpetuo<lb/> poſteriſ pro teſtamento ſinguliſ anniſ ludi ſui tribuſ ab im-<lb/> perio ſtatutiſ diebuſ in eiſdem ſcolarum aedibuſ carnibuſ veſci<lb/> et de abbatiſ curte ſinguloſ tribuſ donari aeſciſ cottidie et<lb/> potibuſ. Quod cum ipſe quidem annuatim praeſenſ ſolvi ju-<lb/> beret, poſtea ita ſolutum eſt uſque ad Ungrorum, de quibuſ<lb/> loco ſuo dicturi ſumuſ, invaſioneſ. Ekkeh. IV. caſuſ S.<lb/> Galli c. 1.</hi> </note><lb/> <note xml:id="edt65" prev="#ed65" place="end" n="65)">Fehler wider die Ordensregel zogen die Strafe der Geißelung<lb/> nach ſich, der ſich die Kloſtergeiſtlichen willig unterwarfen, wiewohl es<lb/> eine knechtiſche Züchtigung war, und ein Freier, mit dieſer Strafe<lb/> belegt, nach den alten Volksrechten ſeine Freiheit verlor. Der Schul-<lb/> dige ward an eine Säule gebunden und nach Ausziehung der Ober-<lb/> kleider gegeißelt. Eine noch erhaltene Geißelkammer, ähnlich der hier<lb/> beſchriebenen, findet ſich im würtembergiſchen Kloſter Maulbronn. In<lb/> den Kloſterſchulen bediente man ſich der Ruthe. Daß die Bußwerk-<lb/> zeuge von denen, die darunter zu leiden hatten, in gutmüthigem<lb/> Humor mit eigenen Namen verſehen wurden, beweist des Biſchof<lb/> Salomo Wörterbuch, wo die <hi rendition="#aq">anguilla</hi> (Schlange oder Aal) von der<lb/><hi rendition="#aq">scutica</hi> (Riemenpeitſche) unterſchieden wird.</note><lb/> <note xml:id="edt66" prev="#ed66" place="end" n="66)"> <hi rendition="#aq">Tacitus German. cap. 8.</hi> </note><lb/> <note xml:id="edt67" prev="#ed67" place="end" n="67)"><hi rendition="#aq">pectines eburnei ...</hi> In Kämmen trieb das Mittelalter Luxus.<lb/> Bekannt iſt der ſilbergefaßte ſteinverzierte Kamm der Longobardenköni-<lb/> gin Theodelinde im Domſchatz zu Monza, und der von Heinrich <hi rendition="#aq">II.</hi> her-<lb/> rührende Elfenbeinkamm in Bamberg. Die Sitte, die gewöhnlichſten<lb/> und gleichgiltigſten Verrichtungen des täglichen Lebens mit einem Ge-<lb/> bet einzuleiten, veranlaßte, daß man auch für Schneiden und Kämmen<lb/> des Haupthaars, Zuſtutzen des Barts u. ſ. w. Gebetsformeln auf-<lb/> ſtellte. Die Handſchrift 395 der ſanctgall. Bibliothek enthält deren<lb/> eine Reihe, und da ſich dieſelbe mit einer <hi rendition="#aq">benedictio ad omnia quæ<lb/> volueris</hi> ſchließt, darf man ſich billig nicht mehr wundern, auch die<lb/><hi rendition="#aq">benedictio ad barbam comendam, ad capillos tondendos</hi> u. ſ. w.<lb/> vorzufinden.</note><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [424/0446]
⁶⁴⁾ ſcolarum fratrum primiſ, ſtatuit pueriſ illiſ et eorum perpetuo
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perio ſtatutiſ diebuſ in eiſdem ſcolarum aedibuſ carnibuſ veſci
et de abbatiſ curte ſinguloſ tribuſ donari aeſciſ cottidie et
potibuſ. Quod cum ipſe quidem annuatim praeſenſ ſolvi ju-
beret, poſtea ita ſolutum eſt uſque ad Ungrorum, de quibuſ
loco ſuo dicturi ſumuſ, invaſioneſ. Ekkeh. IV. caſuſ S.
Galli c. 1.
⁶⁵⁾ Fehler wider die Ordensregel zogen die Strafe der Geißelung
nach ſich, der ſich die Kloſtergeiſtlichen willig unterwarfen, wiewohl es
eine knechtiſche Züchtigung war, und ein Freier, mit dieſer Strafe
belegt, nach den alten Volksrechten ſeine Freiheit verlor. Der Schul-
dige ward an eine Säule gebunden und nach Ausziehung der Ober-
kleider gegeißelt. Eine noch erhaltene Geißelkammer, ähnlich der hier
beſchriebenen, findet ſich im würtembergiſchen Kloſter Maulbronn. In
den Kloſterſchulen bediente man ſich der Ruthe. Daß die Bußwerk-
zeuge von denen, die darunter zu leiden hatten, in gutmüthigem
Humor mit eigenen Namen verſehen wurden, beweist des Biſchof
Salomo Wörterbuch, wo die anguilla (Schlange oder Aal) von der
scutica (Riemenpeitſche) unterſchieden wird.
⁶⁶⁾ Tacitus German. cap. 8.
⁶⁷⁾ pectines eburnei ... In Kämmen trieb das Mittelalter Luxus.
Bekannt iſt der ſilbergefaßte ſteinverzierte Kamm der Longobardenköni-
gin Theodelinde im Domſchatz zu Monza, und der von Heinrich II. her-
rührende Elfenbeinkamm in Bamberg. Die Sitte, die gewöhnlichſten
und gleichgiltigſten Verrichtungen des täglichen Lebens mit einem Ge-
bet einzuleiten, veranlaßte, daß man auch für Schneiden und Kämmen
des Haupthaars, Zuſtutzen des Barts u. ſ. w. Gebetsformeln auf-
ſtellte. Die Handſchrift 395 der ſanctgall. Bibliothek enthält deren
eine Reihe, und da ſich dieſelbe mit einer benedictio ad omnia quæ
volueris ſchließt, darf man ſich billig nicht mehr wundern, auch die
benedictio ad barbam comendam, ad capillos tondendos u. ſ. w.
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