Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.Zu Chalons saß Fürst Herrich, da rief der Wächter vom Thurm: Ich seh von Staub eine Wolke, die Wolke kündet Sturm, Feind ist ins Land gebrochen, ihr Leute seht euch vor, Und Wem ein Haus zu eigen, der schließe Thür und Thor. Der Franken Unterwerfung, dem Fürsten war sie kund; Er rief die Lehenträger und sprach mit weisem Mund: Die Franken, Niemand zweifelt's, sind tapfre Kriegesleute, Doch mochte Keiner dort dem Hunnen stehn zum Streite, Und wenn die also thaten, da werden wir allein Dem Tode uns zu opfern, auch nicht die Narren sein. Ich hab ein einzig Kind nur, doch für das Vaterland Geb ich es hin, es werde des Friedens Unterpfand. Da gingen die Gesandten, barhäuptig, ohne Schwert Den Hunnen zu entbieten, was Herrich sie gelehrt. Höflich empfing sie Etzel, es war das so sein Brauch, Sprach: Mehr als Krieg taugt Bündniß, das sag ich selber auch, Auch ich bin Mann des Friedens, nur Wer sich meiner Macht Thörigt entgegenstemmt, dem wird der Garaus gemacht. Drum eures Königs Bitte gewähret Etzel gern. Da gingen die Gesandten, es kündend ihrem Herrn. Dem Thor entschritt Fürst Herrich, viel köstliches Gestein Bracht' er den Hunnen dar, dazu die Tochter sein -- Der Friede ward beschworen, -- fahr wohl, schön Hildegund! So zog in die Verbannung die Perle von Burgund. Zu Chalons ſaß Fürſt Herrich, da rief der Wächter vom Thurm: Ich ſeh von Staub eine Wolke, die Wolke kündet Sturm, Feind iſt ins Land gebrochen, ihr Leute ſeht euch vor, Und Wem ein Haus zu eigen, der ſchließe Thür und Thor. Der Franken Unterwerfung, dem Fürſten war ſie kund; Er rief die Lehenträger und ſprach mit weiſem Mund: Die Franken, Niemand zweifelt's, ſind tapfre Kriegesleute, Doch mochte Keiner dort dem Hunnen ſtehn zum Streite, Und wenn die alſo thaten, da werden wir allein Dem Tode uns zu opfern, auch nicht die Narren ſein. Ich hab ein einzig Kind nur, doch für das Vaterland Geb ich es hin, es werde des Friedens Unterpfand. Da gingen die Geſandten, barhäuptig, ohne Schwert Den Hunnen zu entbieten, was Herrich ſie gelehrt. Höflich empfing ſie Etzel, es war das ſo ſein Brauch, Sprach: Mehr als Krieg taugt Bündniß, das ſag ich ſelber auch, Auch ich bin Mann des Friedens, nur Wer ſich meiner Macht Thörigt entgegenſtemmt, dem wird der Garaus gemacht. Drum eures Königs Bitte gewähret Etzel gern. Da gingen die Geſandten, es kündend ihrem Herrn. Dem Thor entſchritt Fürſt Herrich, viel köſtliches Geſtein Bracht' er den Hunnen dar, dazu die Tochter ſein — Der Friede ward beſchworen, — fahr wohl, ſchön Hildegund! So zog in die Verbannung die Perle von Burgund. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0372" n="350"/> <lg n="3"> <l>Zu Chalons ſaß Fürſt Herrich, da rief der Wächter vom Thurm:</l><lb/> <l>Ich ſeh von Staub eine Wolke, die Wolke kündet Sturm,</l><lb/> <l>Feind iſt ins Land gebrochen, ihr Leute ſeht euch vor,</l><lb/> <l>Und Wem ein Haus zu eigen, der ſchließe Thür und Thor.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Der Franken Unterwerfung, dem Fürſten war ſie kund;</l><lb/> <l>Er rief die Lehenträger und ſprach mit weiſem Mund:</l><lb/> <l>Die Franken, Niemand zweifelt's, ſind tapfre Kriegesleute,</l><lb/> <l>Doch mochte Keiner dort dem Hunnen ſtehn zum Streite,</l><lb/> <l>Und wenn die alſo thaten, da werden wir allein</l><lb/> <l>Dem Tode uns zu opfern, auch nicht die Narren ſein.</l><lb/> <l>Ich hab ein einzig Kind nur, doch für das Vaterland</l><lb/> <l>Geb ich es hin, es werde des Friedens Unterpfand.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Da gingen die Geſandten, barhäuptig, ohne Schwert</l><lb/> <l>Den Hunnen zu entbieten, was Herrich ſie gelehrt.</l><lb/> <l>Höflich empfing ſie Etzel, es war das ſo ſein Brauch,</l><lb/> <l>Sprach: Mehr als Krieg taugt Bündniß, das ſag ich ſelber auch,</l><lb/> <l>Auch ich bin Mann des Friedens, nur Wer ſich meiner Macht</l><lb/> <l>Thörigt entgegenſtemmt, dem wird der Garaus gemacht.</l><lb/> <l>Drum eures Königs Bitte gewähret Etzel gern.</l><lb/> <l>Da gingen die Geſandten, es kündend ihrem Herrn.</l><lb/> <l>Dem Thor entſchritt Fürſt Herrich, viel köſtliches Geſtein</l><lb/> <l>Bracht' er den Hunnen dar, dazu die Tochter ſein —</l><lb/> <l>Der Friede ward beſchworen, — fahr wohl, ſchön Hildegund!</l><lb/> <l>So zog in die Verbannung die Perle von Burgund.</l> </lg> </lg><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [350/0372]
Zu Chalons ſaß Fürſt Herrich, da rief der Wächter vom Thurm:
Ich ſeh von Staub eine Wolke, die Wolke kündet Sturm,
Feind iſt ins Land gebrochen, ihr Leute ſeht euch vor,
Und Wem ein Haus zu eigen, der ſchließe Thür und Thor.
Der Franken Unterwerfung, dem Fürſten war ſie kund;
Er rief die Lehenträger und ſprach mit weiſem Mund:
Die Franken, Niemand zweifelt's, ſind tapfre Kriegesleute,
Doch mochte Keiner dort dem Hunnen ſtehn zum Streite,
Und wenn die alſo thaten, da werden wir allein
Dem Tode uns zu opfern, auch nicht die Narren ſein.
Ich hab ein einzig Kind nur, doch für das Vaterland
Geb ich es hin, es werde des Friedens Unterpfand.
Da gingen die Geſandten, barhäuptig, ohne Schwert
Den Hunnen zu entbieten, was Herrich ſie gelehrt.
Höflich empfing ſie Etzel, es war das ſo ſein Brauch,
Sprach: Mehr als Krieg taugt Bündniß, das ſag ich ſelber auch,
Auch ich bin Mann des Friedens, nur Wer ſich meiner Macht
Thörigt entgegenſtemmt, dem wird der Garaus gemacht.
Drum eures Königs Bitte gewähret Etzel gern.
Da gingen die Geſandten, es kündend ihrem Herrn.
Dem Thor entſchritt Fürſt Herrich, viel köſtliches Geſtein
Bracht' er den Hunnen dar, dazu die Tochter ſein —
Der Friede ward beſchworen, — fahr wohl, ſchön Hildegund!
So zog in die Verbannung die Perle von Burgund.
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