Wir sind wohl zufrieden, sprach die Herzogin, und ob der Schmied Weland den Preis davon tragen wird, scheint uns nach König Ro- ther's Geschichte ein weniges zweifelhaft.
Herr Spazzo ward drob nicht böse. Die Kammerfrauen in Con- stantinopel scheinen die Feinheit mit Löffeln gegessen zu haben, sprach er. Aber sollt' ich auch besiegt sein, der Letzte hat noch nicht gesungen.
Er sah auf Ekkehard hinüber. Aber der saß wie ein Traumbild in sich versunken. Er hatte vom König Rother wenig vernommen, der Herzogin Stirnband mit der Rose war das Ziel seiner Augen gewesen, dieweil Praxedis erzählte.
.. Uebrigens glaub ich die Geschichte kaum, fuhr Herr Spazzo fort. Vor Jahren bin ich im Bischofshof zu Constanz drüben beim Wein gesessen, da kam ein griechischer Reliquienverkäufer, der hieß Daniel und hatte viel heilige Leiber und Kirchenschmuck und künstlich Geräthe bei sich. Dabei war auch ein alterthümlich Schwert mit edelsteinbesetzter Scheide, das wollt' er mir aufschwatzen und sprach, es sei das Schwert des König Rother, und wären die güldenen Thaler bei mir nicht ebenso dünn gesäet gewesen, wie die Haare auf des Griechen Scheitel, ich hätt' es gekauft. Der Mann erzählte, mit dem Schwert hab' Herr Rother mit dem König Ymelot von Babylon ge- stritten um des Kaisers Tochter, aber von goldenen Schuhen und Kammerfrauen und Harfenspiel hat er nichts gewußt.
Es wird noch Vieles auf der Welt wahr sein, ohne daß Ihr Kenntniß davon habt, sprach Praxedis leicht.
Der Abend dunkelte. Mit gelbem Schein war der Mond aufge- stiegen, würziger Duft durchströmte die Lüfte, im Gebüsch und am Felshang flimmerte es von Leuchtkäfern, die sich anschickten auszu- fliegen. Ein Diener kam herab und brachte Windlichter; von ölge- tränktem Linnen wie von einer Laterne umfangen brannten die Kerzen. Es war lind und lieblich im Garten.
Der Klosterschüler saß vergnügt auf seinem Schemel und hielt die Hände gefaltet wie in Andacht.
Was meint unser junger Gast? fragte die Herzogin.
Ich wollte mein schönstes lateinisches Buch geben, sprach er, wenn ich es hätte mit ansehen können, wie der Riese Asprian den Löwen an die Wand warf.
Wir ſind wohl zufrieden, ſprach die Herzogin, und ob der Schmied Weland den Preis davon tragen wird, ſcheint uns nach König Ro- ther's Geſchichte ein weniges zweifelhaft.
Herr Spazzo ward drob nicht böſe. Die Kammerfrauen in Con- ſtantinopel ſcheinen die Feinheit mit Löffeln gegeſſen zu haben, ſprach er. Aber ſollt' ich auch beſiegt ſein, der Letzte hat noch nicht geſungen.
Er ſah auf Ekkehard hinüber. Aber der ſaß wie ein Traumbild in ſich verſunken. Er hatte vom König Rother wenig vernommen, der Herzogin Stirnband mit der Roſe war das Ziel ſeiner Augen geweſen, dieweil Praxedis erzählte.
.. Uebrigens glaub ich die Geſchichte kaum, fuhr Herr Spazzo fort. Vor Jahren bin ich im Biſchofshof zu Conſtanz drüben beim Wein geſeſſen, da kam ein griechiſcher Reliquienverkäufer, der hieß Daniel und hatte viel heilige Leiber und Kirchenſchmuck und künſtlich Geräthe bei ſich. Dabei war auch ein alterthümlich Schwert mit edelſteinbeſetzter Scheide, das wollt' er mir aufſchwatzen und ſprach, es ſei das Schwert des König Rother, und wären die güldenen Thaler bei mir nicht ebenſo dünn geſäet geweſen, wie die Haare auf des Griechen Scheitel, ich hätt' es gekauft. Der Mann erzählte, mit dem Schwert hab' Herr Rother mit dem König Ymelot von Babylon ge- ſtritten um des Kaiſers Tochter, aber von goldenen Schuhen und Kammerfrauen und Harfenſpiel hat er nichts gewußt.
Es wird noch Vieles auf der Welt wahr ſein, ohne daß Ihr Kenntniß davon habt, ſprach Praxedis leicht.
Der Abend dunkelte. Mit gelbem Schein war der Mond aufge- ſtiegen, würziger Duft durchſtrömte die Lüfte, im Gebüſch und am Felshang flimmerte es von Leuchtkäfern, die ſich anſchickten auszu- fliegen. Ein Diener kam herab und brachte Windlichter; von ölge- tränktem Linnen wie von einer Laterne umfangen brannten die Kerzen. Es war lind und lieblich im Garten.
Der Kloſterſchüler ſaß vergnügt auf ſeinem Schemel und hielt die Hände gefaltet wie in Andacht.
Was meint unſer junger Gaſt? fragte die Herzogin.
Ich wollte mein ſchönſtes lateiniſches Buch geben, ſprach er, wenn ich es hätte mit anſehen können, wie der Rieſe Asprian den Löwen an die Wand warf.
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Weland den Preis davon tragen wird, ſcheint uns nach König Ro-
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Herr Spazzo ward drob nicht böſe. Die Kammerfrauen in Con-
ſtantinopel ſcheinen die Feinheit mit Löffeln gegeſſen zu haben, ſprach
er. Aber ſollt' ich auch beſiegt ſein, der Letzte hat noch nicht geſungen.
Er ſah auf Ekkehard hinüber. Aber der ſaß wie ein Traumbild
in ſich verſunken. Er hatte vom König Rother wenig vernommen,
der Herzogin Stirnband mit der Roſe war das Ziel ſeiner Augen
geweſen, dieweil Praxedis erzählte.
.. Uebrigens glaub ich die Geſchichte kaum, fuhr Herr Spazzo
fort. Vor Jahren bin ich im Biſchofshof zu Conſtanz drüben beim
Wein geſeſſen, da kam ein griechiſcher Reliquienverkäufer, der hieß
Daniel und hatte viel heilige Leiber und Kirchenſchmuck und künſtlich
Geräthe bei ſich. Dabei war auch ein alterthümlich Schwert mit
edelſteinbeſetzter Scheide, das wollt' er mir aufſchwatzen und ſprach,
es ſei das Schwert des König Rother, und wären die güldenen Thaler
bei mir nicht ebenſo dünn geſäet geweſen, wie die Haare auf des
Griechen Scheitel, ich hätt' es gekauft. Der Mann erzählte, mit dem
Schwert hab' Herr Rother mit dem König Ymelot von Babylon ge-
ſtritten um des Kaiſers Tochter, aber von goldenen Schuhen und
Kammerfrauen und Harfenſpiel hat er nichts gewußt.
Es wird noch Vieles auf der Welt wahr ſein, ohne daß Ihr
Kenntniß davon habt, ſprach Praxedis leicht.
Der Abend dunkelte. Mit gelbem Schein war der Mond aufge-
ſtiegen, würziger Duft durchſtrömte die Lüfte, im Gebüſch und am
Felshang flimmerte es von Leuchtkäfern, die ſich anſchickten auszu-
fliegen. Ein Diener kam herab und brachte Windlichter; von ölge-
tränktem Linnen wie von einer Laterne umfangen brannten die Kerzen.
Es war lind und lieblich im Garten.
Der Kloſterſchüler ſaß vergnügt auf ſeinem Schemel und hielt die
Hände gefaltet wie in Andacht.
Was meint unſer junger Gaſt? fragte die Herzogin.
Ich wollte mein ſchönſtes lateiniſches Buch geben, ſprach er, wenn
ich es hätte mit anſehen können, wie der Rieſe Asprian den Löwen
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/322>, abgerufen am 22.11.2024.
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