von Pirminius Kloster ritt mit, er hielt sich schweigsam und lauernd, seine Rechnung mit Ekkehard war noch nicht abgemacht.
Der stoffler Berg ragt stolz und lustig mit seinen drei Basalt- kuppen, von dunkelm Tannwald umsäumt, in's Land hinaus. Die Burgen, deren Trümmer itzt sein Rücken trägt, waren noch nicht ge- baut, nur auf dem höchsten stand ein verlassener Thurm. Auf dem zweiten Bergvorsprung aber war ein bescheiden Häuslein im Wald- versteck -- des neuen Ehpaars Sitz. Als Zins und Zeichen, daß der Einziehende der Herzogin Mann, war ihm gesetzt, alljährlich fünf- zig Maulwurfsfelle einzuliefern und auf Sanct Gallus Festtag einen lebenden Zaunkönig.
Auf grüner Waldwiese hatte die Hochzeitsippe ihr Lager aufge- schlagen; in großen Kesseln ward gesotten und gebraten, wem keine Platte oder Teller zu Theil ward, der schmauste von tannenem Brett, wo die Gabel fehlte, ward zweizinkige Haselstaude zu deren Rang erhoben.
Cappan war mühsam zu Tisch gesessen und hielt sich aufrecht an seiner Ehfrau Seite; aber in des Gemüthes Tiefe bewegte er den Gedanken, ob er nicht nach etlichen Tagen die Gewohnheit des Liegens zur Mahlzeit wieder zum alten Recht erheben wolle.
In den langen Zwischenräumen von einem Gericht zum andern -- der Schmaus begann mit der Mittagstunde und sollte zum Sonnen- untergang noch nicht beendet sein -- schuf der Hunne seinen vom Sitzen gequälten Gliedmaßen durch Tanzen Luft.
Von bäuerlicher Musica empfangen kam die Herzogin angeritten. Sie schaute vom Roß herab auf die Fröhlichen, da zeigte ihr der neue Paulus seine wilde Kunst. Die Musica genügte ihm nicht, er pfiff und jauchzte sich selber den Tact; sein langes Ehgemahl drehte er in labyrinthischer Verschlingung, ein wandelnder Thurm und eine Katze des Waldes, so tanzte die Langsame mit dem Behenden, bald beisammen, bald fliehend, bald Brust gegen Brust, bald Rücken gegen Rücken -- dann stieß er seine Tänzerin von sich, die Holzschuhe im Schweben zusammenklirrend, that er sieben wirbelnde Luftsprünge, einen höher als den andern, zum Beschluß ließ er sich vor Frau Hadwig in's Knie fallen und beugte sein Haupt zur Erde als wollt' er den Staub küssen, den ihres Rosses Huf berührt. Es sollte sein Dank sein.
von Pirminius Kloſter ritt mit, er hielt ſich ſchweigſam und lauernd, ſeine Rechnung mit Ekkehard war noch nicht abgemacht.
Der ſtoffler Berg ragt ſtolz und luſtig mit ſeinen drei Baſalt- kuppen, von dunkelm Tannwald umſäumt, in's Land hinaus. Die Burgen, deren Trümmer itzt ſein Rücken trägt, waren noch nicht ge- baut, nur auf dem höchſten ſtand ein verlaſſener Thurm. Auf dem zweiten Bergvorſprung aber war ein beſcheiden Häuslein im Wald- verſteck — des neuen Ehpaars Sitz. Als Zins und Zeichen, daß der Einziehende der Herzogin Mann, war ihm geſetzt, alljährlich fünf- zig Maulwurfsfelle einzuliefern und auf Sanct Gallus Feſttag einen lebenden Zaunkönig.
Auf grüner Waldwieſe hatte die Hochzeitſippe ihr Lager aufge- ſchlagen; in großen Keſſeln ward geſotten und gebraten, wem keine Platte oder Teller zu Theil ward, der ſchmauste von tannenem Brett, wo die Gabel fehlte, ward zweizinkige Haſelſtaude zu deren Rang erhoben.
Cappan war mühſam zu Tiſch geſeſſen und hielt ſich aufrecht an ſeiner Ehfrau Seite; aber in des Gemüthes Tiefe bewegte er den Gedanken, ob er nicht nach etlichen Tagen die Gewohnheit des Liegens zur Mahlzeit wieder zum alten Recht erheben wolle.
In den langen Zwiſchenräumen von einem Gericht zum andern — der Schmaus begann mit der Mittagſtunde und ſollte zum Sonnen- untergang noch nicht beendet ſein — ſchuf der Hunne ſeinen vom Sitzen gequälten Gliedmaßen durch Tanzen Luft.
Von bäuerlicher Muſica empfangen kam die Herzogin angeritten. Sie ſchaute vom Roß herab auf die Fröhlichen, da zeigte ihr der neue Paulus ſeine wilde Kunſt. Die Muſica genügte ihm nicht, er pfiff und jauchzte ſich ſelber den Tact; ſein langes Ehgemahl drehte er in labyrinthiſcher Verſchlingung, ein wandelnder Thurm und eine Katze des Waldes, ſo tanzte die Langſame mit dem Behenden, bald beiſammen, bald fliehend, bald Bruſt gegen Bruſt, bald Rücken gegen Rücken — dann ſtieß er ſeine Tänzerin von ſich, die Holzſchuhe im Schweben zuſammenklirrend, that er ſieben wirbelnde Luftſprünge, einen höher als den andern, zum Beſchluß ließ er ſich vor Frau Hadwig in's Knie fallen und beugte ſein Haupt zur Erde als wollt' er den Staub küſſen, den ihres Roſſes Huf berührt. Es ſollte ſein Dank ſein.
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von Pirminius Kloſter ritt mit, er hielt ſich ſchweigſam und lauernd,
ſeine Rechnung mit Ekkehard war noch nicht abgemacht.
Der ſtoffler Berg ragt ſtolz und luſtig mit ſeinen drei Baſalt-
kuppen, von dunkelm Tannwald umſäumt, in's Land hinaus. Die
Burgen, deren Trümmer itzt ſein Rücken trägt, waren noch nicht ge-
baut, nur auf dem höchſten ſtand ein verlaſſener Thurm. Auf dem
zweiten Bergvorſprung aber war ein beſcheiden Häuslein im Wald-
verſteck — des neuen Ehpaars Sitz. Als Zins und Zeichen, daß
der Einziehende der Herzogin Mann, war ihm geſetzt, alljährlich fünf-
zig Maulwurfsfelle einzuliefern und auf Sanct Gallus Feſttag einen
lebenden Zaunkönig.
Auf grüner Waldwieſe hatte die Hochzeitſippe ihr Lager aufge-
ſchlagen; in großen Keſſeln ward geſotten und gebraten, wem keine
Platte oder Teller zu Theil ward, der ſchmauste von tannenem Brett,
wo die Gabel fehlte, ward zweizinkige Haſelſtaude zu deren Rang erhoben.
Cappan war mühſam zu Tiſch geſeſſen und hielt ſich aufrecht an
ſeiner Ehfrau Seite; aber in des Gemüthes Tiefe bewegte er den
Gedanken, ob er nicht nach etlichen Tagen die Gewohnheit des Liegens
zur Mahlzeit wieder zum alten Recht erheben wolle.
In den langen Zwiſchenräumen von einem Gericht zum andern —
der Schmaus begann mit der Mittagſtunde und ſollte zum Sonnen-
untergang noch nicht beendet ſein — ſchuf der Hunne ſeinen vom
Sitzen gequälten Gliedmaßen durch Tanzen Luft.
Von bäuerlicher Muſica empfangen kam die Herzogin angeritten.
Sie ſchaute vom Roß herab auf die Fröhlichen, da zeigte ihr der
neue Paulus ſeine wilde Kunſt. Die Muſica genügte ihm nicht, er
pfiff und jauchzte ſich ſelber den Tact; ſein langes Ehgemahl drehte
er in labyrinthiſcher Verſchlingung, ein wandelnder Thurm und eine
Katze des Waldes, ſo tanzte die Langſame mit dem Behenden, bald
beiſammen, bald fliehend, bald Bruſt gegen Bruſt, bald Rücken gegen
Rücken — dann ſtieß er ſeine Tänzerin von ſich, die Holzſchuhe im
Schweben zuſammenklirrend, that er ſieben wirbelnde Luftſprünge,
einen höher als den andern, zum Beſchluß ließ er ſich vor Frau
Hadwig in's Knie fallen und beugte ſein Haupt zur Erde als wollt'
er den Staub küſſen, den ihres Roſſes Huf berührt. Es ſollte ſein
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/246>, abgerufen am 05.12.2024.
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