Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

rheinischen Weines von dem am See erproben zu können, außerdem
als geringer Ersatz für tapferes Streiten und die nöthigen Seelen-
messen um die Gebliebenen.

Und wie sich Frau Hadwig eines Tages dem Vorschlag es abzu-
treten, nicht ganz abgeneigt erwiesen, kam schon des andern mit dem
frühsten der Subprior geritten und bracht ein großes Pergament, drauf
stund die ganze Formel der Schenkung und klang recht stattlich, wie
Alles dem heiligen Pirminius solle zugewiesen sein, Haus und Hof
und aller Zubehör, gerodet Land und ungerodet, Wald und Wein-
berg, Weide und Wieswuchs und der Lauf der Gewässer sammt
Mühlenbetrieb und Fischfang, und was von eigenen Leuten männlichen
und weiblichen Geschlechtes auf den Huben seßhaft .. und fehlte auch
die übliche Verwünschung nicht: "So sich Einer vermessen sollt', hieß
es, die Schenkung anzuzweifeln oder gar dem Kloster zu entziehen,
über den sei Anathema Maranatha gesprochen, der Zorn des All-
mächtigen und aller heiligen Engel treffe ihn, mit Aussatz werde er
geschlagen wie Naeman der Syrer, mit Gicht und Tod wie Ananias
und Sapphira, und ein Pfund Goldes zahle er zur Sühne des Fre-
vels dem Fiscus." 196)

Der Herr Abt hat seiner gnädigen Herrin die Mühe sparen wol-
len, den Schenkbrief selbst aufzusetzen, -- sprach der Subprior, es
ist freier Raum gelassen, Namen und Grenzen des Gutes einzutragen,
die Unterschriften der Parteien und Zeugen beizufügen, die Sigille
dranzuhängen.

Wisset Ihr Euch bei allen Geschäften so zu sputen? erwiederte
Frau Hadwig. Ich werd' mir Euer Pergament bei Gelegenheit
ansehen.

Es wäre dem Abte ein liebsam und erwünscht Ding, so ich ihm heute
schon die Schrift von Euch gezeichnet und gesiegelt zurückbringen könnte.
Es ist wegen der Ordnung im Klosterarchiv, hat er gesagt.

Frau Hadwig schaute den Mann von oben herab an. Sagt
Euerm Abt, sprach sie, daß ich eben die Rechnung stellen lasse, um
wie viel der Brüder Einlagerung auf dem hohen Twiel mich an Küche
und Keller geschädigt. Sagt ihm außerdem, daß wir unsere eigenen
Schreibverständigen haben so es uns zu Sinne kommt, Hofgüter am
Rhein zu verschenken, und daß...

rheiniſchen Weines von dem am See erproben zu können, außerdem
als geringer Erſatz für tapferes Streiten und die nöthigen Seelen-
meſſen um die Gebliebenen.

Und wie ſich Frau Hadwig eines Tages dem Vorſchlag es abzu-
treten, nicht ganz abgeneigt erwieſen, kam ſchon des andern mit dem
frühſten der Subprior geritten und bracht ein großes Pergament, drauf
ſtund die ganze Formel der Schenkung und klang recht ſtattlich, wie
Alles dem heiligen Pirminius ſolle zugewieſen ſein, Haus und Hof
und aller Zubehör, gerodet Land und ungerodet, Wald und Wein-
berg, Weide und Wieswuchs und der Lauf der Gewäſſer ſammt
Mühlenbetrieb und Fiſchfang, und was von eigenen Leuten männlichen
und weiblichen Geſchlechtes auf den Huben ſeßhaft .. und fehlte auch
die übliche Verwünſchung nicht: „So ſich Einer vermeſſen ſollt', hieß
es, die Schenkung anzuzweifeln oder gar dem Kloſter zu entziehen,
über den ſei Anathema Maranatha geſprochen, der Zorn des All-
mächtigen und aller heiligen Engel treffe ihn, mit Ausſatz werde er
geſchlagen wie Naëman der Syrer, mit Gicht und Tod wie Ananias
und Sapphira, und ein Pfund Goldes zahle er zur Sühne des Fre-
vels dem Fiscus.“ 196)

Der Herr Abt hat ſeiner gnädigen Herrin die Mühe ſparen wol-
len, den Schenkbrief ſelbſt aufzuſetzen, — ſprach der Subprior, es
iſt freier Raum gelaſſen, Namen und Grenzen des Gutes einzutragen,
die Unterſchriften der Parteien und Zeugen beizufügen, die Sigille
dranzuhängen.

Wiſſet Ihr Euch bei allen Geſchäften ſo zu ſputen? erwiederte
Frau Hadwig. Ich werd' mir Euer Pergament bei Gelegenheit
anſehen.

Es wäre dem Abte ein liebſam und erwünſcht Ding, ſo ich ihm heute
ſchon die Schrift von Euch gezeichnet und geſiegelt zurückbringen könnte.
Es iſt wegen der Ordnung im Kloſterarchiv, hat er geſagt.

Frau Hadwig ſchaute den Mann von oben herab an. Sagt
Euerm Abt, ſprach ſie, daß ich eben die Rechnung ſtellen laſſe, um
wie viel der Brüder Einlagerung auf dem hohen Twiel mich an Küche
und Keller geſchädigt. Sagt ihm außerdem, daß wir unſere eigenen
Schreibverſtändigen haben ſo es uns zu Sinne kommt, Hofgüter am
Rhein zu verſchenken, und daß...

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0236" n="214"/>
rheini&#x017F;chen Weines von dem am See erproben zu können, außerdem<lb/>
als geringer Er&#x017F;atz für tapferes Streiten und die nöthigen Seelen-<lb/>
me&#x017F;&#x017F;en um die Gebliebenen.</p><lb/>
        <p>Und wie &#x017F;ich Frau Hadwig eines Tages dem Vor&#x017F;chlag es abzu-<lb/>
treten, nicht ganz abgeneigt erwie&#x017F;en, kam &#x017F;chon des andern mit dem<lb/>
früh&#x017F;ten der Subprior geritten und bracht ein großes Pergament, drauf<lb/>
&#x017F;tund die ganze Formel der Schenkung und klang recht &#x017F;tattlich, wie<lb/>
Alles dem heiligen Pirminius &#x017F;olle zugewie&#x017F;en &#x017F;ein, Haus und Hof<lb/>
und aller Zubehör, gerodet Land und ungerodet, Wald und Wein-<lb/>
berg, Weide und Wieswuchs und der Lauf der Gewä&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ammt<lb/>
Mühlenbetrieb und Fi&#x017F;chfang, und was von eigenen Leuten männlichen<lb/>
und weiblichen Ge&#x017F;chlechtes auf den Huben &#x017F;eßhaft .. und fehlte auch<lb/>
die übliche Verwün&#x017F;chung nicht: &#x201E;So &#x017F;ich Einer verme&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollt', hieß<lb/>
es, die Schenkung anzuzweifeln oder gar dem Klo&#x017F;ter zu entziehen,<lb/>
über den &#x017F;ei <hi rendition="#aq">Anathema Maranatha</hi> ge&#x017F;prochen, der Zorn des All-<lb/>
mächtigen und aller heiligen Engel treffe ihn, mit Aus&#x017F;atz werde er<lb/>
ge&#x017F;chlagen wie Na<hi rendition="#aq">ë</hi>man der Syrer, mit Gicht und Tod wie Ananias<lb/>
und Sapphira, und ein Pfund Goldes zahle er zur Sühne des Fre-<lb/>
vels dem Fiscus.&#x201C; <note xml:id="ed196" next="#edt196" place="end" n="196)"/></p><lb/>
        <p>Der Herr Abt hat &#x017F;einer gnädigen Herrin die Mühe &#x017F;paren wol-<lb/>
len, den Schenkbrief &#x017F;elb&#x017F;t aufzu&#x017F;etzen, &#x2014; &#x017F;prach der Subprior, es<lb/>
i&#x017F;t freier Raum gela&#x017F;&#x017F;en, Namen und Grenzen des Gutes einzutragen,<lb/>
die Unter&#x017F;chriften der Parteien und Zeugen beizufügen, die Sigille<lb/>
dranzuhängen.</p><lb/>
        <p>Wi&#x017F;&#x017F;et Ihr Euch bei allen Ge&#x017F;chäften &#x017F;o zu &#x017F;puten? erwiederte<lb/>
Frau Hadwig. Ich werd' mir Euer Pergament bei Gelegenheit<lb/>
an&#x017F;ehen.</p><lb/>
        <p>Es wäre dem Abte ein lieb&#x017F;am und erwün&#x017F;cht Ding, &#x017F;o ich ihm heute<lb/>
&#x017F;chon die Schrift von Euch gezeichnet und ge&#x017F;iegelt zurückbringen könnte.<lb/>
Es i&#x017F;t wegen der Ordnung im Klo&#x017F;terarchiv, hat er ge&#x017F;agt.</p><lb/>
        <p>Frau Hadwig &#x017F;chaute den Mann von oben herab an. Sagt<lb/>
Euerm Abt, &#x017F;prach &#x017F;ie, daß ich eben die Rechnung &#x017F;tellen la&#x017F;&#x017F;e, um<lb/>
wie viel der Brüder Einlagerung auf dem hohen Twiel mich an Küche<lb/>
und Keller ge&#x017F;chädigt. Sagt ihm außerdem, daß wir un&#x017F;ere eigenen<lb/>
Schreibver&#x017F;tändigen haben &#x017F;o es uns zu Sinne kommt, Hofgüter am<lb/>
Rhein zu ver&#x017F;chenken, und daß...</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0236] rheiniſchen Weines von dem am See erproben zu können, außerdem als geringer Erſatz für tapferes Streiten und die nöthigen Seelen- meſſen um die Gebliebenen. Und wie ſich Frau Hadwig eines Tages dem Vorſchlag es abzu- treten, nicht ganz abgeneigt erwieſen, kam ſchon des andern mit dem frühſten der Subprior geritten und bracht ein großes Pergament, drauf ſtund die ganze Formel der Schenkung und klang recht ſtattlich, wie Alles dem heiligen Pirminius ſolle zugewieſen ſein, Haus und Hof und aller Zubehör, gerodet Land und ungerodet, Wald und Wein- berg, Weide und Wieswuchs und der Lauf der Gewäſſer ſammt Mühlenbetrieb und Fiſchfang, und was von eigenen Leuten männlichen und weiblichen Geſchlechtes auf den Huben ſeßhaft .. und fehlte auch die übliche Verwünſchung nicht: „So ſich Einer vermeſſen ſollt', hieß es, die Schenkung anzuzweifeln oder gar dem Kloſter zu entziehen, über den ſei Anathema Maranatha geſprochen, der Zorn des All- mächtigen und aller heiligen Engel treffe ihn, mit Ausſatz werde er geſchlagen wie Naëman der Syrer, mit Gicht und Tod wie Ananias und Sapphira, und ein Pfund Goldes zahle er zur Sühne des Fre- vels dem Fiscus.“ ¹⁹⁶⁾ Der Herr Abt hat ſeiner gnädigen Herrin die Mühe ſparen wol- len, den Schenkbrief ſelbſt aufzuſetzen, — ſprach der Subprior, es iſt freier Raum gelaſſen, Namen und Grenzen des Gutes einzutragen, die Unterſchriften der Parteien und Zeugen beizufügen, die Sigille dranzuhängen. Wiſſet Ihr Euch bei allen Geſchäften ſo zu ſputen? erwiederte Frau Hadwig. Ich werd' mir Euer Pergament bei Gelegenheit anſehen. Es wäre dem Abte ein liebſam und erwünſcht Ding, ſo ich ihm heute ſchon die Schrift von Euch gezeichnet und geſiegelt zurückbringen könnte. Es iſt wegen der Ordnung im Kloſterarchiv, hat er geſagt. Frau Hadwig ſchaute den Mann von oben herab an. Sagt Euerm Abt, ſprach ſie, daß ich eben die Rechnung ſtellen laſſe, um wie viel der Brüder Einlagerung auf dem hohen Twiel mich an Küche und Keller geſchädigt. Sagt ihm außerdem, daß wir unſere eigenen Schreibverſtändigen haben ſo es uns zu Sinne kommt, Hofgüter am Rhein zu verſchenken, und daß...

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/236
Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/236>, abgerufen am 05.12.2024.