Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

warf sich dazwischen, sein breites Schlachtschwert erreichte nur des
Hunnen Roß, da beugte er sein Haupt vor und fing den Schlag,
der dem Gebieter galt; in Hals getroffen ging der treue Schildknappe
in Tod.

In klirrendem Fall rasselte Ellak's Pferd zu Boden, doch eh' der
Schall verhallt war, stund der Hunne wieder aufrecht, der unbekannte
Kämpe schwang den Streitkolben, ihn zu zerschmettern, Ellak, den
linken Fuß auf den erschlagenen Renner gestemmt, preßte ihm mit
nerviger Faust den Arm zurück und strebte ihn vom Gaul zu reißen:
Mann an Mann hub sich ein Ringen der beiden Gewaltigen, daß die
Kämpfer ringsum die Schlachtarbeit einstellend hinüberschauten.

Jetzt hatte Ellak in listiger Wendung das kurze Halbschwert gegriffen,
das ihm nach hunnischem Brauch zur Rechten hing, aber wie er zu
neuem Stoß ausholte, senkte sich schwer und langsam seines Gegners
Streitkolben auf sein Haupt -- noch führte die Faust des Getroffe-
nen den Stoß, dann fuhr sie zur Stirn, Blut überströmte sie, auf
sein Streitroß taumelte der Hunnenführer nieder und verhauchte un-
willig sein Leben.

Hie Schwert des Herrn und Sanct Michael! scholl's brausend
itzt von Mönch und Heerbannleuten, zu letztem verzweifeltem Angriff
drangen sie vor, noch war der Goldgerüstete der vorderste im Treffen.
Des Anführers Fall schuf den Hunnen panischen Schreck, rückwärts
wandten sie sich, rückwärts in toller Flucht.

Schon hatte die Waldfrau des Feldstreits Ausgang erspäht, die
Rosse standen geschirrt, sie warf einen zornmüthigen Blick auf die an-
rückenden Mönche und ihren heimathlichen Fels, und scharfen Trabes
fuhr sie dem Rheine zu, der Troß ihr nach -- zum Rhein! war die
Losung der fliehenden Reiter; zuletzt und ungern kehrte Hornebog mit
den Seinen der Schlacht und dem hohen Twiel den Rücken. Auf
Wiedersehen über's Jahr! rief er höhnend zu den reichenauer Männern.

Der Sieg war errungen. Doch der, den sie als Erzengel wähn-
ten vom Himmel niedergestiegen auf's hegauische Blachfeld, neigte sein
schweres Haupt auf des Streitrosses Rücken, Zügel und Kolben ent-
sanken den Händen, war's des Hunnen letzter Stoß, war's Erstickung
in Hitze des Kampfes -- sie huben ihn als einen Todten vom Roß.
Sein Visir war gelüftet, ein freudig Lächeln schwebte um das runzel-

D. B. VII. Scheffel, Ekkehard. 13

warf ſich dazwiſchen, ſein breites Schlachtſchwert erreichte nur des
Hunnen Roß, da beugte er ſein Haupt vor und fing den Schlag,
der dem Gebieter galt; in Hals getroffen ging der treue Schildknappe
in Tod.

In klirrendem Fall raſſelte Ellak's Pferd zu Boden, doch eh' der
Schall verhallt war, ſtund der Hunne wieder aufrecht, der unbekannte
Kämpe ſchwang den Streitkolben, ihn zu zerſchmettern, Ellak, den
linken Fuß auf den erſchlagenen Renner geſtemmt, preßte ihm mit
nerviger Fauſt den Arm zurück und ſtrebte ihn vom Gaul zu reißen:
Mann an Mann hub ſich ein Ringen der beiden Gewaltigen, daß die
Kämpfer ringsum die Schlachtarbeit einſtellend hinüberſchauten.

Jetzt hatte Ellak in liſtiger Wendung das kurze Halbſchwert gegriffen,
das ihm nach hunniſchem Brauch zur Rechten hing, aber wie er zu
neuem Stoß ausholte, ſenkte ſich ſchwer und langſam ſeines Gegners
Streitkolben auf ſein Haupt — noch führte die Fauſt des Getroffe-
nen den Stoß, dann fuhr ſie zur Stirn, Blut überſtrömte ſie, auf
ſein Streitroß taumelte der Hunnenführer nieder und verhauchte un-
willig ſein Leben.

Hie Schwert des Herrn und Sanct Michael! ſcholl's brauſend
itzt von Mönch und Heerbannleuten, zu letztem verzweifeltem Angriff
drangen ſie vor, noch war der Goldgerüſtete der vorderſte im Treffen.
Des Anführers Fall ſchuf den Hunnen paniſchen Schreck, rückwärts
wandten ſie ſich, rückwärts in toller Flucht.

Schon hatte die Waldfrau des Feldſtreits Ausgang erſpäht, die
Roſſe ſtanden geſchirrt, ſie warf einen zornmüthigen Blick auf die an-
rückenden Mönche und ihren heimathlichen Fels, und ſcharfen Trabes
fuhr ſie dem Rheine zu, der Troß ihr nach — zum Rhein! war die
Loſung der fliehenden Reiter; zuletzt und ungern kehrte Hornebog mit
den Seinen der Schlacht und dem hohen Twiel den Rücken. Auf
Wiederſehen über's Jahr! rief er höhnend zu den reichenauer Männern.

Der Sieg war errungen. Doch der, den ſie als Erzengel wähn-
ten vom Himmel niedergeſtiegen auf's hegauiſche Blachfeld, neigte ſein
ſchweres Haupt auf des Streitroſſes Rücken, Zügel und Kolben ent-
ſanken den Händen, war's des Hunnen letzter Stoß, war's Erſtickung
in Hitze des Kampfes — ſie huben ihn als einen Todten vom Roß.
Sein Viſir war gelüftet, ein freudig Lächeln ſchwebte um das runzel-

D. B. VII. Scheffel, Ekkehard. 13
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0215" n="193"/>
warf &#x017F;ich dazwi&#x017F;chen, &#x017F;ein breites Schlacht&#x017F;chwert erreichte nur des<lb/>
Hunnen Roß, da beugte er &#x017F;ein Haupt vor und fing den Schlag,<lb/>
der dem Gebieter galt; in Hals getroffen ging der treue Schildknappe<lb/>
in Tod.</p><lb/>
        <p>In klirrendem Fall ra&#x017F;&#x017F;elte Ellak's Pferd zu Boden, doch eh' der<lb/>
Schall verhallt war, &#x017F;tund der Hunne wieder aufrecht, der unbekannte<lb/>
Kämpe &#x017F;chwang den Streitkolben, ihn zu zer&#x017F;chmettern, Ellak, den<lb/>
linken Fuß auf den er&#x017F;chlagenen Renner ge&#x017F;temmt, preßte ihm mit<lb/>
nerviger Fau&#x017F;t den Arm zurück und &#x017F;trebte ihn vom Gaul zu reißen:<lb/>
Mann an Mann hub &#x017F;ich ein Ringen der beiden Gewaltigen, daß die<lb/>
Kämpfer ringsum die Schlachtarbeit ein&#x017F;tellend hinüber&#x017F;chauten.</p><lb/>
        <p>Jetzt hatte Ellak in li&#x017F;tiger Wendung das kurze Halb&#x017F;chwert gegriffen,<lb/>
das ihm nach hunni&#x017F;chem Brauch zur Rechten hing, aber wie er zu<lb/>
neuem Stoß ausholte, &#x017F;enkte &#x017F;ich &#x017F;chwer und lang&#x017F;am &#x017F;eines Gegners<lb/>
Streitkolben auf &#x017F;ein Haupt &#x2014; noch führte die Fau&#x017F;t des Getroffe-<lb/>
nen den Stoß, dann fuhr &#x017F;ie zur Stirn, Blut über&#x017F;trömte &#x017F;ie, auf<lb/>
&#x017F;ein Streitroß taumelte der Hunnenführer nieder und verhauchte un-<lb/>
willig &#x017F;ein Leben.</p><lb/>
        <p>Hie Schwert des Herrn und Sanct Michael! &#x017F;choll's brau&#x017F;end<lb/>
itzt von Mönch und Heerbannleuten, zu letztem verzweifeltem Angriff<lb/>
drangen &#x017F;ie vor, noch war der Goldgerü&#x017F;tete der vorder&#x017F;te im Treffen.<lb/>
Des Anführers Fall &#x017F;chuf den Hunnen pani&#x017F;chen Schreck, rückwärts<lb/>
wandten &#x017F;ie &#x017F;ich, rückwärts in toller Flucht.</p><lb/>
        <p>Schon hatte die Waldfrau des Feld&#x017F;treits Ausgang er&#x017F;päht, die<lb/>
Ro&#x017F;&#x017F;e &#x017F;tanden ge&#x017F;chirrt, &#x017F;ie warf einen zornmüthigen Blick auf die an-<lb/>
rückenden Mönche und ihren heimathlichen Fels, und &#x017F;charfen Trabes<lb/>
fuhr &#x017F;ie dem Rheine zu, der Troß ihr nach &#x2014; zum Rhein! war die<lb/>
Lo&#x017F;ung der fliehenden Reiter; zuletzt und ungern kehrte Hornebog mit<lb/>
den Seinen der Schlacht und dem hohen Twiel den Rücken. Auf<lb/>
Wieder&#x017F;ehen über's Jahr! rief er höhnend zu den reichenauer Männern.</p><lb/>
        <p>Der Sieg war errungen. Doch der, den &#x017F;ie als Erzengel wähn-<lb/>
ten vom Himmel niederge&#x017F;tiegen auf's hegaui&#x017F;che Blachfeld, neigte &#x017F;ein<lb/>
&#x017F;chweres Haupt auf des Streitro&#x017F;&#x017F;es Rücken, Zügel und Kolben ent-<lb/>
&#x017F;anken den Händen, war's des Hunnen letzter Stoß, war's Er&#x017F;tickung<lb/>
in Hitze des Kampfes &#x2014; &#x017F;ie huben ihn als einen Todten vom Roß.<lb/>
Sein Vi&#x017F;ir war gelüftet, ein freudig Lächeln &#x017F;chwebte um das runzel-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D. B. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">VII.</hi></hi> Scheffel, Ekkehard. 13</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0215] warf ſich dazwiſchen, ſein breites Schlachtſchwert erreichte nur des Hunnen Roß, da beugte er ſein Haupt vor und fing den Schlag, der dem Gebieter galt; in Hals getroffen ging der treue Schildknappe in Tod. In klirrendem Fall raſſelte Ellak's Pferd zu Boden, doch eh' der Schall verhallt war, ſtund der Hunne wieder aufrecht, der unbekannte Kämpe ſchwang den Streitkolben, ihn zu zerſchmettern, Ellak, den linken Fuß auf den erſchlagenen Renner geſtemmt, preßte ihm mit nerviger Fauſt den Arm zurück und ſtrebte ihn vom Gaul zu reißen: Mann an Mann hub ſich ein Ringen der beiden Gewaltigen, daß die Kämpfer ringsum die Schlachtarbeit einſtellend hinüberſchauten. Jetzt hatte Ellak in liſtiger Wendung das kurze Halbſchwert gegriffen, das ihm nach hunniſchem Brauch zur Rechten hing, aber wie er zu neuem Stoß ausholte, ſenkte ſich ſchwer und langſam ſeines Gegners Streitkolben auf ſein Haupt — noch führte die Fauſt des Getroffe- nen den Stoß, dann fuhr ſie zur Stirn, Blut überſtrömte ſie, auf ſein Streitroß taumelte der Hunnenführer nieder und verhauchte un- willig ſein Leben. Hie Schwert des Herrn und Sanct Michael! ſcholl's brauſend itzt von Mönch und Heerbannleuten, zu letztem verzweifeltem Angriff drangen ſie vor, noch war der Goldgerüſtete der vorderſte im Treffen. Des Anführers Fall ſchuf den Hunnen paniſchen Schreck, rückwärts wandten ſie ſich, rückwärts in toller Flucht. Schon hatte die Waldfrau des Feldſtreits Ausgang erſpäht, die Roſſe ſtanden geſchirrt, ſie warf einen zornmüthigen Blick auf die an- rückenden Mönche und ihren heimathlichen Fels, und ſcharfen Trabes fuhr ſie dem Rheine zu, der Troß ihr nach — zum Rhein! war die Loſung der fliehenden Reiter; zuletzt und ungern kehrte Hornebog mit den Seinen der Schlacht und dem hohen Twiel den Rücken. Auf Wiederſehen über's Jahr! rief er höhnend zu den reichenauer Männern. Der Sieg war errungen. Doch der, den ſie als Erzengel wähn- ten vom Himmel niedergeſtiegen auf's hegauiſche Blachfeld, neigte ſein ſchweres Haupt auf des Streitroſſes Rücken, Zügel und Kolben ent- ſanken den Händen, war's des Hunnen letzter Stoß, war's Erſtickung in Hitze des Kampfes — ſie huben ihn als einen Todten vom Roß. Sein Viſir war gelüftet, ein freudig Lächeln ſchwebte um das runzel- D. B. VII. Scheffel, Ekkehard. 13

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/215
Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/215>, abgerufen am 05.12.2024.