Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

Mög's ihm wohl bekommen, sprach Hornebog. Wer den Säbel
in der Faust und das Roß zwischen den Schenkeln hat, weiß auch
warum er auf der Welt ist. Und wenn wir's nicht besser wüßten,
wie diejenigen, die solche Hacken auf Eselshaut klexen, so wären sie
an der Donau uns auf den Fersen und wir tränkten unsere Rosse
nicht aus dem schwäbischen Meer.

Wißt Ihr auch, daß es ein Glück ist, daß solches Zeug angefertigt
wird? fuhr Ellak fort und warf den Boethius auf den Scheiter-
haufen zurück.

Warum? fragte Hornebog.

Weil die Hand, die die Rohrfeder führt, nimmer taugt einen
Schwerthieb zu thun, der in's Fleisch geht, und ist der Unsinn, den der
einzelne Kopf ausheckt, einmal gebucht, so verbrennen sich noch hundert
Andere das Hirn dran. Hundert Strohköpfe mehr, macht hundert
Reiter weniger: das ist dann unser Vortheil, wenn wir über die
Grenze brechen. So lang sie im Abendland Bücher schreiben und
Synoden halten, mögen meine Kinder ruhig ihr Zeltlager vorwärts
rücken! so hat's schon der große Etzel seinen Enkeln hinterlassen.

Gelobt sei der große Etzel! sprach Hornebog ehrerbietig.

Da rief eine Stimme: Lasset die Todten ruhen! Tändelnden
Schrittes kam Erica zu den Beiden. Sie hatte die Klosterbeute ge-
mustert, eine Altardecke aus rothem Seidenzeug fand Gnade vor ih-
ren Augen, sie trug sie wie einen Mantel umgeschlagen, die Enden
leicht über die Schulter geworfen.

Wie gefall' ich euch? sprach sie und wandte ihr Haupt selbst-
gefällig.

Die Heideblume braucht keinen Schmuck schwäbischer Götzendiener, um
zu gefallen, sprach Ellak finster. Da sprang sie an ihm hinauf, streichelte
sein straffes schwarzes Haar und rief: Vorwärts, das Mahl ist gerichtet!

Sie schritten zum Hofe. Den ganzen Heuvorrath des Klosters
hatten die Hunnen umhergestreut und lagerten drauf, des Mahles ge-
wärtig. Mit gekreuzten Armen stand Heribald und schaute zu ihnen
nieder: Die Teufelsbrut kann nicht einmal sitzen, wie's einem Christen-
menschen ziemt, wenn er sein täglich Brod verzehrt, -- so dachte er,
doch sprach er's nicht aus. Erfahrung häufiger Schläge lehrt Schweig-
samkeit.

Mög's ihm wohl bekommen, ſprach Hornebog. Wer den Säbel
in der Fauſt und das Roß zwiſchen den Schenkeln hat, weiß auch
warum er auf der Welt iſt. Und wenn wir's nicht beſſer wüßten,
wie diejenigen, die ſolche Hacken auf Eſelshaut klexen, ſo wären ſie
an der Donau uns auf den Ferſen und wir tränkten unſere Roſſe
nicht aus dem ſchwäbiſchen Meer.

Wißt Ihr auch, daß es ein Glück iſt, daß ſolches Zeug angefertigt
wird? fuhr Ellak fort und warf den Boëthius auf den Scheiter-
haufen zurück.

Warum? fragte Hornebog.

Weil die Hand, die die Rohrfeder führt, nimmer taugt einen
Schwerthieb zu thun, der in's Fleiſch geht, und iſt der Unſinn, den der
einzelne Kopf ausheckt, einmal gebucht, ſo verbrennen ſich noch hundert
Andere das Hirn dran. Hundert Strohköpfe mehr, macht hundert
Reiter weniger: das iſt dann unſer Vortheil, wenn wir über die
Grenze brechen. So lang ſie im Abendland Bücher ſchreiben und
Synoden halten, mögen meine Kinder ruhig ihr Zeltlager vorwärts
rücken! ſo hat's ſchon der große Etzel ſeinen Enkeln hinterlaſſen.

Gelobt ſei der große Etzel! ſprach Hornebog ehrerbietig.

Da rief eine Stimme: Laſſet die Todten ruhen! Tändelnden
Schrittes kam Erica zu den Beiden. Sie hatte die Kloſterbeute ge-
muſtert, eine Altardecke aus rothem Seidenzeug fand Gnade vor ih-
ren Augen, ſie trug ſie wie einen Mantel umgeſchlagen, die Enden
leicht über die Schulter geworfen.

Wie gefall' ich euch? ſprach ſie und wandte ihr Haupt ſelbſt-
gefällig.

Die Heideblume braucht keinen Schmuck ſchwäbiſcher Götzendiener, um
zu gefallen, ſprach Ellak finſter. Da ſprang ſie an ihm hinauf, ſtreichelte
ſein ſtraffes ſchwarzes Haar und rief: Vorwärts, das Mahl iſt gerichtet!

Sie ſchritten zum Hofe. Den ganzen Heuvorrath des Kloſters
hatten die Hunnen umhergeſtreut und lagerten drauf, des Mahles ge-
wärtig. Mit gekreuzten Armen ſtand Heribald und ſchaute zu ihnen
nieder: Die Teufelsbrut kann nicht einmal ſitzen, wie's einem Chriſten-
menſchen ziemt, wenn er ſein täglich Brod verzehrt, — ſo dachte er,
doch ſprach er's nicht aus. Erfahrung häufiger Schläge lehrt Schweig-
ſamkeit.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0197" n="175"/>
        <p>Mög's ihm wohl bekommen, &#x017F;prach Hornebog. Wer den Säbel<lb/>
in der Fau&#x017F;t und das Roß zwi&#x017F;chen den Schenkeln hat, weiß auch<lb/>
warum er auf der Welt i&#x017F;t. Und wenn wir's nicht be&#x017F;&#x017F;er wüßten,<lb/>
wie diejenigen, die &#x017F;olche Hacken auf E&#x017F;elshaut klexen, &#x017F;o wären <hi rendition="#g">&#x017F;ie</hi><lb/>
an der Donau uns auf den Fer&#x017F;en und wir tränkten un&#x017F;ere Ro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
nicht aus dem &#x017F;chwäbi&#x017F;chen Meer.</p><lb/>
        <p>Wißt Ihr auch, daß es ein Glück i&#x017F;t, daß &#x017F;olches Zeug angefertigt<lb/>
wird? fuhr Ellak fort und warf den Bo<hi rendition="#aq">ë</hi>thius auf den Scheiter-<lb/>
haufen zurück.</p><lb/>
        <p>Warum? fragte Hornebog.</p><lb/>
        <p>Weil die Hand, die die Rohrfeder führt, nimmer taugt einen<lb/>
Schwerthieb zu thun, der in's Flei&#x017F;ch geht, und i&#x017F;t der Un&#x017F;inn, den der<lb/>
einzelne Kopf ausheckt, einmal gebucht, &#x017F;o verbrennen &#x017F;ich noch hundert<lb/>
Andere das Hirn dran. Hundert Strohköpfe mehr, macht hundert<lb/>
Reiter weniger: das i&#x017F;t dann un&#x017F;er Vortheil, wenn wir über die<lb/>
Grenze brechen. So lang &#x017F;ie im Abendland Bücher &#x017F;chreiben und<lb/>
Synoden halten, mögen meine Kinder ruhig ihr Zeltlager vorwärts<lb/>
rücken! &#x017F;o hat's &#x017F;chon der große Etzel &#x017F;einen Enkeln hinterla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Gelobt &#x017F;ei der große Etzel! &#x017F;prach Hornebog ehrerbietig.</p><lb/>
        <p>Da rief eine Stimme: La&#x017F;&#x017F;et die Todten ruhen! Tändelnden<lb/>
Schrittes kam Erica zu den Beiden. Sie hatte die Klo&#x017F;terbeute ge-<lb/>
mu&#x017F;tert, eine Altardecke aus rothem Seidenzeug fand Gnade vor ih-<lb/>
ren Augen, &#x017F;ie trug &#x017F;ie wie einen Mantel umge&#x017F;chlagen, die Enden<lb/>
leicht über die Schulter geworfen.</p><lb/>
        <p>Wie gefall' ich euch? &#x017F;prach &#x017F;ie und wandte ihr Haupt &#x017F;elb&#x017F;t-<lb/>
gefällig.</p><lb/>
        <p>Die Heideblume braucht keinen Schmuck &#x017F;chwäbi&#x017F;cher Götzendiener, um<lb/>
zu gefallen, &#x017F;prach Ellak fin&#x017F;ter. Da &#x017F;prang &#x017F;ie an ihm hinauf, &#x017F;treichelte<lb/>
&#x017F;ein &#x017F;traffes &#x017F;chwarzes Haar und rief: Vorwärts, das Mahl i&#x017F;t gerichtet!</p><lb/>
        <p>Sie &#x017F;chritten zum Hofe. Den ganzen Heuvorrath des Klo&#x017F;ters<lb/>
hatten die Hunnen umherge&#x017F;treut und lagerten drauf, des Mahles ge-<lb/>
wärtig. Mit gekreuzten Armen &#x017F;tand Heribald und &#x017F;chaute zu ihnen<lb/>
nieder: Die Teufelsbrut kann nicht einmal &#x017F;itzen, wie's einem Chri&#x017F;ten-<lb/>
men&#x017F;chen ziemt, wenn er &#x017F;ein täglich Brod verzehrt, &#x2014; &#x017F;o dachte er,<lb/>
doch &#x017F;prach er's nicht aus. Erfahrung häufiger Schläge lehrt Schweig-<lb/>
&#x017F;amkeit.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0197] Mög's ihm wohl bekommen, ſprach Hornebog. Wer den Säbel in der Fauſt und das Roß zwiſchen den Schenkeln hat, weiß auch warum er auf der Welt iſt. Und wenn wir's nicht beſſer wüßten, wie diejenigen, die ſolche Hacken auf Eſelshaut klexen, ſo wären ſie an der Donau uns auf den Ferſen und wir tränkten unſere Roſſe nicht aus dem ſchwäbiſchen Meer. Wißt Ihr auch, daß es ein Glück iſt, daß ſolches Zeug angefertigt wird? fuhr Ellak fort und warf den Boëthius auf den Scheiter- haufen zurück. Warum? fragte Hornebog. Weil die Hand, die die Rohrfeder führt, nimmer taugt einen Schwerthieb zu thun, der in's Fleiſch geht, und iſt der Unſinn, den der einzelne Kopf ausheckt, einmal gebucht, ſo verbrennen ſich noch hundert Andere das Hirn dran. Hundert Strohköpfe mehr, macht hundert Reiter weniger: das iſt dann unſer Vortheil, wenn wir über die Grenze brechen. So lang ſie im Abendland Bücher ſchreiben und Synoden halten, mögen meine Kinder ruhig ihr Zeltlager vorwärts rücken! ſo hat's ſchon der große Etzel ſeinen Enkeln hinterlaſſen. Gelobt ſei der große Etzel! ſprach Hornebog ehrerbietig. Da rief eine Stimme: Laſſet die Todten ruhen! Tändelnden Schrittes kam Erica zu den Beiden. Sie hatte die Kloſterbeute ge- muſtert, eine Altardecke aus rothem Seidenzeug fand Gnade vor ih- ren Augen, ſie trug ſie wie einen Mantel umgeſchlagen, die Enden leicht über die Schulter geworfen. Wie gefall' ich euch? ſprach ſie und wandte ihr Haupt ſelbſt- gefällig. Die Heideblume braucht keinen Schmuck ſchwäbiſcher Götzendiener, um zu gefallen, ſprach Ellak finſter. Da ſprang ſie an ihm hinauf, ſtreichelte ſein ſtraffes ſchwarzes Haar und rief: Vorwärts, das Mahl iſt gerichtet! Sie ſchritten zum Hofe. Den ganzen Heuvorrath des Kloſters hatten die Hunnen umhergeſtreut und lagerten drauf, des Mahles ge- wärtig. Mit gekreuzten Armen ſtand Heribald und ſchaute zu ihnen nieder: Die Teufelsbrut kann nicht einmal ſitzen, wie's einem Chriſten- menſchen ziemt, wenn er ſein täglich Brod verzehrt, — ſo dachte er, doch ſprach er's nicht aus. Erfahrung häufiger Schläge lehrt Schweig- ſamkeit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/197
Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/197>, abgerufen am 08.05.2024.