Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.seine Lanze draußen abzustellen. Mit Wohlgefallen sah Frau Hadwig Frau Hadwig lachte. Laßt eine Tonne kühlen Bieres im Hof Sie deutete auf das stürmische Treiben im Burghof: Das Leben bringt doch mannigfachere Bilder als alle Poeten, Aber Ekkehard ließ seinem theuern Virgilius nicht zu nahe treten. Erlaubet, sprach er auf seinen Speer gelehnt, es steht Alles wort- "Dort wird gehöhlt dem Haupte der Schirm -- dort flechten sie wölbend Weidener Schilde Verband -- dort ziehn sie den ehernen Harnisch, Dort hellblinkende Schienen aus zähem Silber gehämmert. Sichel und Schaar wird jetzo entehrt, und die Liebe des Pfluges Weicht -- um schmiedet die Esse verrostete Klingen der Väter. Hornruf schmettert durchs Land und es geht die kriegrische Losung."164) Das paßt freilich gut, sprach Frau Hadwig. Könnt Ihr auch den Nach wenig Tagen war Simon Bardo's Mannschaft so geschult, ſeine Lanze draußen abzuſtellen. Mit Wohlgefallen ſah Frau Hadwig Frau Hadwig lachte. Laßt eine Tonne kühlen Bieres im Hof Sie deutete auf das ſtürmiſche Treiben im Burghof: Das Leben bringt doch mannigfachere Bilder als alle Poeten, Aber Ekkehard ließ ſeinem theuern Virgilius nicht zu nahe treten. Erlaubet, ſprach er auf ſeinen Speer gelehnt, es ſteht Alles wort- „Dort wird gehöhlt dem Haupte der Schirm — dort flechten ſie wölbend Weidener Schilde Verband — dort ziehn ſie den ehernen Harniſch, Dort hellblinkende Schienen aus zähem Silber gehämmert. Sichel und Schaar wird jetzo entehrt, und die Liebe des Pfluges Weicht — um ſchmiedet die Eſſe verroſtete Klingen der Väter. Hornruf ſchmettert durchs Land und es geht die kriegriſche Loſung.“164) Das paßt freilich gut, ſprach Frau Hadwig. Könnt Ihr auch den Nach wenig Tagen war Simon Bardo's Mannſchaft ſo geſchult, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0176" n="154"/> ſeine Lanze draußen abzuſtellen. Mit Wohlgefallen ſah Frau Hadwig<lb/> auf ihn; es war nicht mehr der zage Lehrer der Grammatik .. Er<lb/> neigte ſich vor ſeiner Gebieterin: die Reichenauer Mitbrüder im Herrn,<lb/> ſprach er, laſſen melden, daß ſich Durſt in ihren Reihen eingeſtellt.</p><lb/> <p>Frau Hadwig lachte. Laßt eine Tonne kühlen Bieres im Hof<lb/> aufſtellen; bis die Hunnen wieder heimgejagt ſind, ſoll unſer Keller-<lb/> meiſter keine Klage über Verſchwinden ſeiner Fäſſer führen.</p><lb/> <p>Sie deutete auf das ſtürmiſche Treiben im Burghof:</p><lb/> <p>Das Leben bringt doch mannigfachere Bilder als alle Poeten,<lb/> ſprach ſie zu Ekkehard; — auf ſolchen Wandel der Dinge wart Ihr<lb/> nicht vorbereitet?</p><lb/> <p>Aber Ekkehard ließ ſeinem theuern Virgilius nicht zu nahe treten.</p><lb/> <p>Erlaubet, ſprach er auf ſeinen Speer gelehnt, es ſteht Alles wort-<lb/> getreu in der Aeneis vorgezeichnet, als wenn es nichts Neues unter<lb/> der Sonne geben ſollt! Würdet Ihr nicht glauben, Virgilius ſei hier<lb/> auf dem Söller geſtanden und habe hinabgeſchaut in's Getümmel,<lb/> wie er vom Beginn des Krieges in Latium ſang:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Dort wird gehöhlt dem Haupte der Schirm — dort flechten ſie wölbend</l><lb/> <l>Weidener Schilde Verband — dort ziehn ſie den ehernen Harniſch,</l><lb/> <l>Dort hellblinkende Schienen aus zähem Silber gehämmert.</l><lb/> <l>Sichel und Schaar wird jetzo entehrt, und die Liebe des Pfluges</l><lb/> <l>Weicht — um ſchmiedet die Eſſe verroſtete Klingen der Väter.</l><lb/> <l>Hornruf ſchmettert durchs Land und es geht die kriegriſche Loſung.“<note xml:id="ed164" next="#edt164" place="end" n="164)"/></l> </lg><lb/> <p>Das paßt freilich gut, ſprach Frau Hadwig. Könnt Ihr auch den<lb/> Gang des Streites aus Eurem Heldenbuche vorherſagen? wollte ſie<lb/> noch fragen, aber in Zeiten des Durcheinander iſt nicht gut über<lb/> Dichtungen ſprechen. Der Schaffner war eingetreten: Das Fleiſch ſei<lb/> aufgezehrt bis auf den letzten Biſſen, lautete ſein Bericht, ob er zwei<lb/> Ochſen ſchlachten dürfe ...</p><lb/> <p>Nach wenig Tagen war Simon Bardo's Mannſchaft ſo geſchult,<lb/> daß er ſie der Herzogin zur Muſterung vorführen konnte. Es war<lb/> auch Zeit, daß ſie ihre Zeit nutzten; ſchon waren ſie die verfloſſene<lb/> Nacht aufgeſtört worden, eine helle Röthe ſtand am Himmel fern<lb/> über'm See, wie eine feurige Wolke hielt ſich das Brandzeichen etliche<lb/> Stunden lang, es mochte weit in Helvetien drüben ſein. Die Mönche<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [154/0176]
ſeine Lanze draußen abzuſtellen. Mit Wohlgefallen ſah Frau Hadwig
auf ihn; es war nicht mehr der zage Lehrer der Grammatik .. Er
neigte ſich vor ſeiner Gebieterin: die Reichenauer Mitbrüder im Herrn,
ſprach er, laſſen melden, daß ſich Durſt in ihren Reihen eingeſtellt.
Frau Hadwig lachte. Laßt eine Tonne kühlen Bieres im Hof
aufſtellen; bis die Hunnen wieder heimgejagt ſind, ſoll unſer Keller-
meiſter keine Klage über Verſchwinden ſeiner Fäſſer führen.
Sie deutete auf das ſtürmiſche Treiben im Burghof:
Das Leben bringt doch mannigfachere Bilder als alle Poeten,
ſprach ſie zu Ekkehard; — auf ſolchen Wandel der Dinge wart Ihr
nicht vorbereitet?
Aber Ekkehard ließ ſeinem theuern Virgilius nicht zu nahe treten.
Erlaubet, ſprach er auf ſeinen Speer gelehnt, es ſteht Alles wort-
getreu in der Aeneis vorgezeichnet, als wenn es nichts Neues unter
der Sonne geben ſollt! Würdet Ihr nicht glauben, Virgilius ſei hier
auf dem Söller geſtanden und habe hinabgeſchaut in's Getümmel,
wie er vom Beginn des Krieges in Latium ſang:
„Dort wird gehöhlt dem Haupte der Schirm — dort flechten ſie wölbend
Weidener Schilde Verband — dort ziehn ſie den ehernen Harniſch,
Dort hellblinkende Schienen aus zähem Silber gehämmert.
Sichel und Schaar wird jetzo entehrt, und die Liebe des Pfluges
Weicht — um ſchmiedet die Eſſe verroſtete Klingen der Väter.
Hornruf ſchmettert durchs Land und es geht die kriegriſche Loſung.“
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Das paßt freilich gut, ſprach Frau Hadwig. Könnt Ihr auch den
Gang des Streites aus Eurem Heldenbuche vorherſagen? wollte ſie
noch fragen, aber in Zeiten des Durcheinander iſt nicht gut über
Dichtungen ſprechen. Der Schaffner war eingetreten: Das Fleiſch ſei
aufgezehrt bis auf den letzten Biſſen, lautete ſein Bericht, ob er zwei
Ochſen ſchlachten dürfe ...
Nach wenig Tagen war Simon Bardo's Mannſchaft ſo geſchult,
daß er ſie der Herzogin zur Muſterung vorführen konnte. Es war
auch Zeit, daß ſie ihre Zeit nutzten; ſchon waren ſie die verfloſſene
Nacht aufgeſtört worden, eine helle Röthe ſtand am Himmel fern
über'm See, wie eine feurige Wolke hielt ſich das Brandzeichen etliche
Stunden lang, es mochte weit in Helvetien drüben ſein. Die Mönche
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