übermächtig. Durch Tribut und Goldzins Friede kaufen, und sie auf der Nachbarn Grenzen hetzen? Andere haben's gethan; wir haben von Ehr' und Unehr' andere Meinung.
Uns auf dem Twiel verschanzen und das Land preisgeben? Es sind unsere Unterthanen, denen wir herzoglichen Schutz gelobt. Rathet!
Mein Wissen ist auf solchen Fall nicht gerüstet, sprach Ekkehard betrübt.
Die Herzogin war aufgeregt. O Schulmeister, rief sie vorwurfs- voll, warum hat Euch der Himmel nicht zum Kriegsmann werden lassen? es wäre Vieles besser!
Da wollte Ekkehard verletzt von dannen gehen. Das Wort war ihm in's Herz gefahren, wie ein Pfeil, und setzte sich tief darin fest. Es lag ein Stück Wahrheit in dem Vorwurf, darum schmerzte er.
Ekkehard! rief ihm Frau Hadwig nach, Ihr sollt nicht gehen. Ihr sollt mit Eurem Wissen der Heimath dienen; und was Ihr noch nicht wißt, sollt Ihr lernen. Ich will Euch zu Einem schicken, der weiß Bescheid in solchen Dingen, wenn er noch lebt. Wollt Ihr meinen Auftrag bestellen?
Ekkehard hatte sich umgewandt. Ich war noch nie säumig, meiner Herrin zu dienen, sprach er.
Ihr dürft aber nicht erschrecken, wenn er Euch spröd' und rauh anläßt, er hat viel Unbill erfahren von früheren Geschlechtern, die heutigen kennen ihn nicht mehr. Dürft auch nicht erschrecken, wenn er Euch gar alt und fett erscheint.
Er hatte aufmerksam zugehört: Ich verstehe Euch nicht ganz ...
Thut nichts, sprach die Herzogin. Ihr sollt morgen nach dem Sipplinger Hof hinüber, drüben am Ueberlinger See, wo die Fels- wand sich steil in die Fluth herabsenkt, ist aus alten Zeiten allerhand Gelaß zu menschlicher Wohnung in den Stein gehauen. Wenn Ihr den Rauch eines Heerdfeuers aus dem Berg aufsteigen sehet, so geht hinauf. Dort findet Ihr, den ich meine, redet mit ihm von wegen der Hunnen ...
Zu wem sendet mich meine Herrin? fragte Ekkehard gespannt.
Zum Alten in der Heidenhöhle, sagte Frau Hadwig. Man weiß hierlands keinen andern Namen von ihm. Aber halt! fuhr sie fort,
übermächtig. Durch Tribut und Goldzins Friede kaufen, und ſie auf der Nachbarn Grenzen hetzen? Andere haben's gethan; wir haben von Ehr' und Unehr' andere Meinung.
Uns auf dem Twiel verſchanzen und das Land preisgeben? Es ſind unſere Unterthanen, denen wir herzoglichen Schutz gelobt. Rathet!
Mein Wiſſen iſt auf ſolchen Fall nicht gerüſtet, ſprach Ekkehard betrübt.
Die Herzogin war aufgeregt. O Schulmeiſter, rief ſie vorwurfs- voll, warum hat Euch der Himmel nicht zum Kriegsmann werden laſſen? es wäre Vieles beſſer!
Da wollte Ekkehard verletzt von dannen gehen. Das Wort war ihm in's Herz gefahren, wie ein Pfeil, und ſetzte ſich tief darin feſt. Es lag ein Stück Wahrheit in dem Vorwurf, darum ſchmerzte er.
Ekkehard! rief ihm Frau Hadwig nach, Ihr ſollt nicht gehen. Ihr ſollt mit Eurem Wiſſen der Heimath dienen; und was Ihr noch nicht wißt, ſollt Ihr lernen. Ich will Euch zu Einem ſchicken, der weiß Beſcheid in ſolchen Dingen, wenn er noch lebt. Wollt Ihr meinen Auftrag beſtellen?
Ekkehard hatte ſich umgewandt. Ich war noch nie ſäumig, meiner Herrin zu dienen, ſprach er.
Ihr dürft aber nicht erſchrecken, wenn er Euch ſpröd' und rauh anläßt, er hat viel Unbill erfahren von früheren Geſchlechtern, die heutigen kennen ihn nicht mehr. Dürft auch nicht erſchrecken, wenn er Euch gar alt und fett erſcheint.
Er hatte aufmerkſam zugehört: Ich verſtehe Euch nicht ganz ...
Thut nichts, ſprach die Herzogin. Ihr ſollt morgen nach dem Sipplinger Hof hinüber, drüben am Ueberlinger See, wo die Fels- wand ſich ſteil in die Fluth herabſenkt, iſt aus alten Zeiten allerhand Gelaß zu menſchlicher Wohnung in den Stein gehauen. Wenn Ihr den Rauch eines Heerdfeuers aus dem Berg aufſteigen ſehet, ſo geht hinauf. Dort findet Ihr, den ich meine, redet mit ihm von wegen der Hunnen ...
Zu wem ſendet mich meine Herrin? fragte Ekkehard geſpannt.
Zum Alten in der Heidenhöhle, ſagte Frau Hadwig. Man weiß hierlands keinen andern Namen von ihm. Aber halt! fuhr ſie fort,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0156"n="134"/>
übermächtig. Durch Tribut und Goldzins Friede kaufen, und ſie auf<lb/>
der Nachbarn Grenzen hetzen? Andere haben's gethan; wir haben<lb/>
von Ehr' und Unehr' andere Meinung.</p><lb/><p>Uns auf dem Twiel verſchanzen und das Land preisgeben? Es<lb/>ſind unſere Unterthanen, denen wir herzoglichen Schutz gelobt. Rathet!</p><lb/><p>Mein Wiſſen iſt auf ſolchen Fall nicht gerüſtet, ſprach Ekkehard<lb/>
betrübt.</p><lb/><p>Die Herzogin war aufgeregt. O Schulmeiſter, rief ſie vorwurfs-<lb/>
voll, warum hat Euch der Himmel nicht zum Kriegsmann werden<lb/>
laſſen? es wäre Vieles beſſer!</p><lb/><p>Da wollte Ekkehard verletzt von dannen gehen. Das Wort war<lb/>
ihm in's Herz gefahren, wie ein Pfeil, und ſetzte ſich tief darin feſt.<lb/>
Es lag ein Stück Wahrheit in dem Vorwurf, darum ſchmerzte er.</p><lb/><p>Ekkehard! rief ihm Frau Hadwig nach, Ihr ſollt nicht gehen. Ihr<lb/>ſollt mit Eurem Wiſſen der Heimath dienen; und was Ihr noch nicht<lb/>
wißt, ſollt Ihr lernen. Ich will Euch zu Einem ſchicken, der weiß<lb/>
Beſcheid in ſolchen Dingen, wenn er noch lebt. Wollt Ihr meinen<lb/>
Auftrag beſtellen?</p><lb/><p>Ekkehard hatte ſich umgewandt. Ich war noch nie ſäumig, meiner<lb/>
Herrin zu dienen, ſprach er.</p><lb/><p>Ihr dürft aber nicht erſchrecken, wenn er Euch ſpröd' und rauh<lb/>
anläßt, er hat viel Unbill erfahren von früheren Geſchlechtern, die<lb/>
heutigen kennen ihn nicht mehr. Dürft auch nicht erſchrecken, wenn<lb/>
er Euch gar alt und fett erſcheint.</p><lb/><p>Er hatte aufmerkſam zugehört: Ich verſtehe Euch nicht ganz ...</p><lb/><p>Thut nichts, ſprach die Herzogin. Ihr ſollt morgen nach dem<lb/>
Sipplinger Hof hinüber, drüben am Ueberlinger See, wo die Fels-<lb/>
wand ſich ſteil in die Fluth herabſenkt, iſt aus alten Zeiten allerhand<lb/>
Gelaß zu menſchlicher Wohnung in den Stein gehauen. Wenn Ihr<lb/>
den Rauch eines Heerdfeuers aus dem Berg aufſteigen ſehet, ſo geht<lb/>
hinauf. Dort findet Ihr, den ich meine, redet mit ihm von wegen<lb/>
der Hunnen ...</p><lb/><p>Zu wem ſendet mich meine Herrin? fragte Ekkehard geſpannt.</p><lb/><p>Zum Alten in der Heidenhöhle, ſagte Frau Hadwig. Man weiß<lb/>
hierlands keinen andern Namen von ihm. Aber halt! fuhr ſie fort,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[134/0156]
übermächtig. Durch Tribut und Goldzins Friede kaufen, und ſie auf
der Nachbarn Grenzen hetzen? Andere haben's gethan; wir haben
von Ehr' und Unehr' andere Meinung.
Uns auf dem Twiel verſchanzen und das Land preisgeben? Es
ſind unſere Unterthanen, denen wir herzoglichen Schutz gelobt. Rathet!
Mein Wiſſen iſt auf ſolchen Fall nicht gerüſtet, ſprach Ekkehard
betrübt.
Die Herzogin war aufgeregt. O Schulmeiſter, rief ſie vorwurfs-
voll, warum hat Euch der Himmel nicht zum Kriegsmann werden
laſſen? es wäre Vieles beſſer!
Da wollte Ekkehard verletzt von dannen gehen. Das Wort war
ihm in's Herz gefahren, wie ein Pfeil, und ſetzte ſich tief darin feſt.
Es lag ein Stück Wahrheit in dem Vorwurf, darum ſchmerzte er.
Ekkehard! rief ihm Frau Hadwig nach, Ihr ſollt nicht gehen. Ihr
ſollt mit Eurem Wiſſen der Heimath dienen; und was Ihr noch nicht
wißt, ſollt Ihr lernen. Ich will Euch zu Einem ſchicken, der weiß
Beſcheid in ſolchen Dingen, wenn er noch lebt. Wollt Ihr meinen
Auftrag beſtellen?
Ekkehard hatte ſich umgewandt. Ich war noch nie ſäumig, meiner
Herrin zu dienen, ſprach er.
Ihr dürft aber nicht erſchrecken, wenn er Euch ſpröd' und rauh
anläßt, er hat viel Unbill erfahren von früheren Geſchlechtern, die
heutigen kennen ihn nicht mehr. Dürft auch nicht erſchrecken, wenn
er Euch gar alt und fett erſcheint.
Er hatte aufmerkſam zugehört: Ich verſtehe Euch nicht ganz ...
Thut nichts, ſprach die Herzogin. Ihr ſollt morgen nach dem
Sipplinger Hof hinüber, drüben am Ueberlinger See, wo die Fels-
wand ſich ſteil in die Fluth herabſenkt, iſt aus alten Zeiten allerhand
Gelaß zu menſchlicher Wohnung in den Stein gehauen. Wenn Ihr
den Rauch eines Heerdfeuers aus dem Berg aufſteigen ſehet, ſo geht
hinauf. Dort findet Ihr, den ich meine, redet mit ihm von wegen
der Hunnen ...
Zu wem ſendet mich meine Herrin? fragte Ekkehard geſpannt.
Zum Alten in der Heidenhöhle, ſagte Frau Hadwig. Man weiß
hierlands keinen andern Namen von ihm. Aber halt! fuhr ſie fort,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/156>, abgerufen am 24.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.