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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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Was befiehlt der Herr Ziegenhirt? fragte Praxedis.

Audifax sprang hinaus, dann kam er wieder und hielt einen
dunkelbraunen Balg siegesfroh in die Höhe, das kurze glatte Haar
glänzte daran, dicht und weich war's anzufühlen.

Woher das Rauchwerk? fragte Praxedis.

Selbst gefangen, sprach Audifax und sah wohlgefällig auf seine
Beute. Ihr sollt eine Pelzhaube für die Hadumoth daraus machen.

Die Griechin war ihm wohlgesinnt und versprach Erfüllung
der Bitte.

Der Weihnachtsbaum war gefällt; sie schmückten ihn mit Aepfeln
und Lichtlein, die Herzogin richtete Alles im großen Saal. Ein
Mann von Stein am Rhein kam herüber, und brachte einen Korb,
der mit Leinwand zugenäht war. Es sei von Sanct Gallen, sprach
er, für Herrn Ekkehard. Frau Hadwig ließ den Korb ungeöffnet zu
den andern Gaben stellen.

Der heilige Abend war gekommen. Die gesammten Insassen der Burg
versammelten sich in festlichem Gewand, zwischen Herrschaft und Gesind
sollte heut keine Trennung sein. Ekkehard las ihnen das Evangelium von
des Heilands Geburt, dann gingen sie paarweise in den großen Saal
hinüber, da flammte heller Lichtglanz und festlich leuchtete der dunkle
Tannenbaum -- als die letzten traten Audifax und Hadumoth ein,
ein Blättlein Goldschaum vom Vergolden der Nüsse lag an der
Schwelle, Audifax bückte sich darnach, es zerging ihm unter den Fingern.
Das ist dem Christkind von den Flügeln abgefallen, sprach Hadumoth
leise zu ihm.

Auf großen Tischen lagen die Geschenke für die dienenden Leute,
ein Stück Leinwand oder gewoben Tuch und einiges Gebäck; sie freuten
sich des nicht allzeit so milden Sinnes der Gebieterin. Bei Hadumoth's
Antheil lag richtig die Pelzhaube. Sie weinte, als Praxedis ihr
freundlich den Geber verrieth. Ich hab' Nichts für dich, sagte sie zu
Audifax. Es ist statt der Goldkrone, sprach der. Knechte und Mägde
dankten der Herzogin und gingen in die Gesindestube hinunter.

Frau Hadwig nahm Ekkehard bei der Hand und führte ihn an ein
Tischlein. Das ist für Euch, sprach sie. Beim mandelgespickten Leb-
kuchenherz und dem Korb lag ein schmuckes priesterliches Sammtbarett
und eine prächtige Stola, Grund und Fransen waren von Goldfaden,

Was befiehlt der Herr Ziegenhirt? fragte Praxedis.

Audifax ſprang hinaus, dann kam er wieder und hielt einen
dunkelbraunen Balg ſiegesfroh in die Höhe, das kurze glatte Haar
glänzte daran, dicht und weich war's anzufühlen.

Woher das Rauchwerk? fragte Praxedis.

Selbſt gefangen, ſprach Audifax und ſah wohlgefällig auf ſeine
Beute. Ihr ſollt eine Pelzhaube für die Hadumoth daraus machen.

Die Griechin war ihm wohlgeſinnt und verſprach Erfüllung
der Bitte.

Der Weihnachtsbaum war gefällt; ſie ſchmückten ihn mit Aepfeln
und Lichtlein, die Herzogin richtete Alles im großen Saal. Ein
Mann von Stein am Rhein kam herüber, und brachte einen Korb,
der mit Leinwand zugenäht war. Es ſei von Sanct Gallen, ſprach
er, für Herrn Ekkehard. Frau Hadwig ließ den Korb ungeöffnet zu
den andern Gaben ſtellen.

Der heilige Abend war gekommen. Die geſammten Inſaſſen der Burg
verſammelten ſich in feſtlichem Gewand, zwiſchen Herrſchaft und Geſind
ſollte heut keine Trennung ſein. Ekkehard las ihnen das Evangelium von
des Heilands Geburt, dann gingen ſie paarweiſe in den großen Saal
hinüber, da flammte heller Lichtglanz und feſtlich leuchtete der dunkle
Tannenbaum — als die letzten traten Audifax und Hadumoth ein,
ein Blättlein Goldſchaum vom Vergolden der Nüſſe lag an der
Schwelle, Audifax bückte ſich darnach, es zerging ihm unter den Fingern.
Das iſt dem Chriſtkind von den Flügeln abgefallen, ſprach Hadumoth
leiſe zu ihm.

Auf großen Tiſchen lagen die Geſchenke für die dienenden Leute,
ein Stück Leinwand oder gewoben Tuch und einiges Gebäck; ſie freuten
ſich des nicht allzeit ſo milden Sinnes der Gebieterin. Bei Hadumoth's
Antheil lag richtig die Pelzhaube. Sie weinte, als Praxedis ihr
freundlich den Geber verrieth. Ich hab' Nichts für dich, ſagte ſie zu
Audifax. Es iſt ſtatt der Goldkrone, ſprach der. Knechte und Mägde
dankten der Herzogin und gingen in die Geſindeſtube hinunter.

Frau Hadwig nahm Ekkehard bei der Hand und führte ihn an ein
Tiſchlein. Das iſt für Euch, ſprach ſie. Beim mandelgeſpickten Leb-
kuchenherz und dem Korb lag ein ſchmuckes prieſterliches Sammtbarett
und eine prächtige Stola, Grund und Franſen waren von Goldfaden,

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[124/0146] Was befiehlt der Herr Ziegenhirt? fragte Praxedis. Audifax ſprang hinaus, dann kam er wieder und hielt einen dunkelbraunen Balg ſiegesfroh in die Höhe, das kurze glatte Haar glänzte daran, dicht und weich war's anzufühlen. Woher das Rauchwerk? fragte Praxedis. Selbſt gefangen, ſprach Audifax und ſah wohlgefällig auf ſeine Beute. Ihr ſollt eine Pelzhaube für die Hadumoth daraus machen. Die Griechin war ihm wohlgeſinnt und verſprach Erfüllung der Bitte. Der Weihnachtsbaum war gefällt; ſie ſchmückten ihn mit Aepfeln und Lichtlein, die Herzogin richtete Alles im großen Saal. Ein Mann von Stein am Rhein kam herüber, und brachte einen Korb, der mit Leinwand zugenäht war. Es ſei von Sanct Gallen, ſprach er, für Herrn Ekkehard. Frau Hadwig ließ den Korb ungeöffnet zu den andern Gaben ſtellen. Der heilige Abend war gekommen. Die geſammten Inſaſſen der Burg verſammelten ſich in feſtlichem Gewand, zwiſchen Herrſchaft und Geſind ſollte heut keine Trennung ſein. Ekkehard las ihnen das Evangelium von des Heilands Geburt, dann gingen ſie paarweiſe in den großen Saal hinüber, da flammte heller Lichtglanz und feſtlich leuchtete der dunkle Tannenbaum — als die letzten traten Audifax und Hadumoth ein, ein Blättlein Goldſchaum vom Vergolden der Nüſſe lag an der Schwelle, Audifax bückte ſich darnach, es zerging ihm unter den Fingern. Das iſt dem Chriſtkind von den Flügeln abgefallen, ſprach Hadumoth leiſe zu ihm. Auf großen Tiſchen lagen die Geſchenke für die dienenden Leute, ein Stück Leinwand oder gewoben Tuch und einiges Gebäck; ſie freuten ſich des nicht allzeit ſo milden Sinnes der Gebieterin. Bei Hadumoth's Antheil lag richtig die Pelzhaube. Sie weinte, als Praxedis ihr freundlich den Geber verrieth. Ich hab' Nichts für dich, ſagte ſie zu Audifax. Es iſt ſtatt der Goldkrone, ſprach der. Knechte und Mägde dankten der Herzogin und gingen in die Geſindeſtube hinunter. Frau Hadwig nahm Ekkehard bei der Hand und führte ihn an ein Tiſchlein. Das iſt für Euch, ſprach ſie. Beim mandelgeſpickten Leb- kuchenherz und dem Korb lag ein ſchmuckes prieſterliches Sammtbarett und eine prächtige Stola, Grund und Franſen waren von Goldfaden,

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/146>, abgerufen am 24.11.2024.