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Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Torbern kam nun seines Herrn wegen oft in Düvecke's Haus. Er sah sie betrübt; und der gute Mann suchte ihr doch einige Zufriedenheit mehr mit ihrer Lage dadurch zu verschaffen, daß sie als Gegenstück zu ihrem falschen Faaburg den wahren Faaburg sähe, und sich denken könne, wie noch elender sie mit diesem geworden wäre! Daher führte er eines Tages den Geheimschreiber Hans Faaburg mit zu ihr, einen lächerlich großen Mann, geizig und falsch, niedriger Herkunft und schlechter Denkungsart, dabei eitel und äußerst verliebt. Als er die schöne Düvecke mit unterdrücktem Seufzen anschmachtete, -- lachte sie seit langer Zeit zum ersten Mal. Dieser wahre Hans Faaburg lächelte nur; aber er war nun ihr Feind auf ewig.

Keine Erfahrung ist, bis auf die wenigen Ausnahmen, sicherer, als daß die nächsten Diener, oft selber die Günstlinge der Großen, heimlich die größten Feinde und Verächter derselben sind. Denn nur um ihren Leidenschaften zu dienen, dienen sie und halten Jahre lang aus auf solchen lästigen Stellen. So brachte denn der wahre Hans Faaburg, auch ein Günstling, der seinen Herrn kannte, bei einigen unzufriedenen Ständen, die Frau Sigbritte nicht höher befördert, nicht angestellt, nicht einmal vorgeschlagen oder empfohlen, vielleicht sogar in der Kälte stundenlang hatte warten lassen -- eine gefährliche Zeit, die des Wartens, worin mancher Groll und manches Böse im Gemüth auftaucht, mancher Racheplan gesponnen wird -- bei diesen brachte er die Hei-

Torbern kam nun seines Herrn wegen oft in Düvecke's Haus. Er sah sie betrübt; und der gute Mann suchte ihr doch einige Zufriedenheit mehr mit ihrer Lage dadurch zu verschaffen, daß sie als Gegenstück zu ihrem falschen Faaburg den wahren Faaburg sähe, und sich denken könne, wie noch elender sie mit diesem geworden wäre! Daher führte er eines Tages den Geheimschreiber Hans Faaburg mit zu ihr, einen lächerlich großen Mann, geizig und falsch, niedriger Herkunft und schlechter Denkungsart, dabei eitel und äußerst verliebt. Als er die schöne Düvecke mit unterdrücktem Seufzen anschmachtete, — lachte sie seit langer Zeit zum ersten Mal. Dieser wahre Hans Faaburg lächelte nur; aber er war nun ihr Feind auf ewig.

Keine Erfahrung ist, bis auf die wenigen Ausnahmen, sicherer, als daß die nächsten Diener, oft selber die Günstlinge der Großen, heimlich die größten Feinde und Verächter derselben sind. Denn nur um ihren Leidenschaften zu dienen, dienen sie und halten Jahre lang aus auf solchen lästigen Stellen. So brachte denn der wahre Hans Faaburg, auch ein Günstling, der seinen Herrn kannte, bei einigen unzufriedenen Ständen, die Frau Sigbritte nicht höher befördert, nicht angestellt, nicht einmal vorgeschlagen oder empfohlen, vielleicht sogar in der Kälte stundenlang hatte warten lassen — eine gefährliche Zeit, die des Wartens, worin mancher Groll und manches Böse im Gemüth auftaucht, mancher Racheplan gesponnen wird — bei diesen brachte er die Hei-

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Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/60>, abgerufen am 25.11.2024.