Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Verschweigungen kennt, die erhellen will und kann, weil sie herzlich Hülfe von ihm begehrt. So, wie aus einem Geheimniß sprechend, oder von einem Schatze, den sie bewahrte, und wozu sie ihm die Schlüssel anvertraut, traf er oft mit einem Wort das Rechte -- ihr Herz; eilig vorschreitend sprach er nicht vom kurz vorhergegangenen Zustande, noch erörterte er den, der sich eben gelös't, sondern er stellte durch ausgesprochene Gedanken dasjenige Bild klar und klärer in ihrer Seele -- wie in seinem Tempel -- auf, welches, wie er zu wissen schien, nun in dem bunten Bildersaal der Liebe an der Reihe war, betrachtet, empfunden und auch wieder zurückgeschoben zu werden -- zu den schon beschauten, gelebten, belächelten oder beweinten. Ein stilles Handreichen, wenn vor den Liebenden ein festlicher Brautzug vorüber zur Trauung zieht -- ein Lächeln der Geliebten, wenn kleine holde Kinder vor ihr in Blumen spielen -- das sind Bilder, ja Thaten, welche sie in vielen Nächten nicht verwindet, sondern welchen sie, wie ein mit dem dreizackigen Eisen verwundeter Aal, zwar entschlüpft und sich ihm entwindet, aber mit der Wunde in den Grund des Lebensstromes hinuntersteigt, und wo ihr die Sonne darüber Alles wunderlich groß und zauberhaft schön das süße Geheimniß erleuchtet. Also solche kleine Hülfen und Liebesrechtsmittel und -Wohlthaten wandte Faaburg redlich an; vor allen aber das größte, die Vorspiegelung der Ehe; die größte Schandthat und Sünde für den Unrechtschaffenen, und Verschweigungen kennt, die erhellen will und kann, weil sie herzlich Hülfe von ihm begehrt. So, wie aus einem Geheimniß sprechend, oder von einem Schatze, den sie bewahrte, und wozu sie ihm die Schlüssel anvertraut, traf er oft mit einem Wort das Rechte — ihr Herz; eilig vorschreitend sprach er nicht vom kurz vorhergegangenen Zustande, noch erörterte er den, der sich eben gelös't, sondern er stellte durch ausgesprochene Gedanken dasjenige Bild klar und klärer in ihrer Seele — wie in seinem Tempel — auf, welches, wie er zu wissen schien, nun in dem bunten Bildersaal der Liebe an der Reihe war, betrachtet, empfunden und auch wieder zurückgeschoben zu werden — zu den schon beschauten, gelebten, belächelten oder beweinten. Ein stilles Handreichen, wenn vor den Liebenden ein festlicher Brautzug vorüber zur Trauung zieht — ein Lächeln der Geliebten, wenn kleine holde Kinder vor ihr in Blumen spielen — das sind Bilder, ja Thaten, welche sie in vielen Nächten nicht verwindet, sondern welchen sie, wie ein mit dem dreizackigen Eisen verwundeter Aal, zwar entschlüpft und sich ihm entwindet, aber mit der Wunde in den Grund des Lebensstromes hinuntersteigt, und wo ihr die Sonne darüber Alles wunderlich groß und zauberhaft schön das süße Geheimniß erleuchtet. Also solche kleine Hülfen und Liebesrechtsmittel und -Wohlthaten wandte Faaburg redlich an; vor allen aber das größte, die Vorspiegelung der Ehe; die größte Schandthat und Sünde für den Unrechtschaffenen, und <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0029"/> Verschweigungen kennt, die erhellen will und kann, weil sie herzlich Hülfe von ihm begehrt. So, wie aus einem Geheimniß sprechend, oder von einem Schatze, den sie bewahrte, und wozu sie ihm die Schlüssel anvertraut, traf er oft mit einem Wort das Rechte — ihr Herz; eilig vorschreitend sprach er nicht vom kurz vorhergegangenen Zustande, noch erörterte er den, der sich eben gelös't, sondern er stellte durch ausgesprochene Gedanken dasjenige Bild klar und klärer in ihrer Seele — wie in seinem Tempel — auf, welches, wie er zu wissen schien, nun in dem bunten Bildersaal der Liebe an der Reihe war, betrachtet, empfunden und auch wieder zurückgeschoben zu werden — zu den schon beschauten, gelebten, belächelten oder beweinten. Ein stilles Handreichen, wenn vor den Liebenden ein festlicher Brautzug vorüber zur Trauung zieht — ein Lächeln der Geliebten, wenn kleine holde Kinder vor ihr in Blumen spielen — das sind Bilder, ja Thaten, welche sie in vielen Nächten nicht verwindet, sondern welchen sie, wie ein mit dem dreizackigen Eisen verwundeter Aal, zwar entschlüpft und sich ihm entwindet, aber mit der Wunde in den Grund des Lebensstromes hinuntersteigt, und wo ihr die Sonne darüber Alles wunderlich groß und zauberhaft schön das süße Geheimniß erleuchtet.</p><lb/> <p>Also solche kleine Hülfen und Liebesrechtsmittel und -Wohlthaten wandte Faaburg redlich an; vor allen aber das größte, die Vorspiegelung der Ehe; die größte Schandthat und Sünde für den Unrechtschaffenen, und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
Verschweigungen kennt, die erhellen will und kann, weil sie herzlich Hülfe von ihm begehrt. So, wie aus einem Geheimniß sprechend, oder von einem Schatze, den sie bewahrte, und wozu sie ihm die Schlüssel anvertraut, traf er oft mit einem Wort das Rechte — ihr Herz; eilig vorschreitend sprach er nicht vom kurz vorhergegangenen Zustande, noch erörterte er den, der sich eben gelös't, sondern er stellte durch ausgesprochene Gedanken dasjenige Bild klar und klärer in ihrer Seele — wie in seinem Tempel — auf, welches, wie er zu wissen schien, nun in dem bunten Bildersaal der Liebe an der Reihe war, betrachtet, empfunden und auch wieder zurückgeschoben zu werden — zu den schon beschauten, gelebten, belächelten oder beweinten. Ein stilles Handreichen, wenn vor den Liebenden ein festlicher Brautzug vorüber zur Trauung zieht — ein Lächeln der Geliebten, wenn kleine holde Kinder vor ihr in Blumen spielen — das sind Bilder, ja Thaten, welche sie in vielen Nächten nicht verwindet, sondern welchen sie, wie ein mit dem dreizackigen Eisen verwundeter Aal, zwar entschlüpft und sich ihm entwindet, aber mit der Wunde in den Grund des Lebensstromes hinuntersteigt, und wo ihr die Sonne darüber Alles wunderlich groß und zauberhaft schön das süße Geheimniß erleuchtet.
Also solche kleine Hülfen und Liebesrechtsmittel und -Wohlthaten wandte Faaburg redlich an; vor allen aber das größte, die Vorspiegelung der Ehe; die größte Schandthat und Sünde für den Unrechtschaffenen, und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T10:50:59Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T10:50:59Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |