Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

möge und bleiben wird, da sie der katholische Bischof Erik Walkendorp umgarnt und verführt hat, der, da er selbst umsonst nach mir lechzte, nun einen Gewaltigen herführt, der mich bändigen soll!

Bist du rasend! schrie die Mutter darein, daß er die Worte nicht verstehen sollte. Doch sie riegelte die Thür auf und hieß den Schloßhauptmann Torbern hereintreten, einen gediegenen, schönen, jungen Mann, jetzt vor Adel der Seele noch einmal so schön, aber vor Glut und Wuth, die er nicht äußern durfte, bald blaß und bald roth. Doch er reichte seiner armen Düvecke die Hand von der Seite, lehnte sich mit dem Arm an die Pforte der Thür, sein Gesicht auf den Arm, und man sah es nicht, aber man hörte es -- er weinte. Dann faßte er sich, stampfte mit dem Fuß auf die Erde, wollte die Mutter Sigbritte an der Kehle fassen; aber er streckte die Hand aus und griff in die offene See hinaus, als wollte er das klein erscheinende Schiff da draußen wie eine Meerspinne fassen und ohne die Gefahr zu scheuen wie einen Skorpion zerquetschen.

Frau Sigbritte sah das und verstand es wohl, doch sie drohte ihm nur mit dem Finger. Ich habe nichts gesehen! sprach sie zu ihm. Aber ich will schweigen, weil es mir und meiner Tochter einmal zum Uebel werden könnte, daß ein gewisser Jemand erführe: Ihr habt sie geliebt. Denn Euch brächte es sichern Untergang! Darum Freundschaft in Feindschaft, Zorn in Güte, Liebe in Haß zwischen uns, armer Torbern!

möge und bleiben wird, da sie der katholische Bischof Erik Walkendorp umgarnt und verführt hat, der, da er selbst umsonst nach mir lechzte, nun einen Gewaltigen herführt, der mich bändigen soll!

Bist du rasend! schrie die Mutter darein, daß er die Worte nicht verstehen sollte. Doch sie riegelte die Thür auf und hieß den Schloßhauptmann Torbern hereintreten, einen gediegenen, schönen, jungen Mann, jetzt vor Adel der Seele noch einmal so schön, aber vor Glut und Wuth, die er nicht äußern durfte, bald blaß und bald roth. Doch er reichte seiner armen Düvecke die Hand von der Seite, lehnte sich mit dem Arm an die Pforte der Thür, sein Gesicht auf den Arm, und man sah es nicht, aber man hörte es — er weinte. Dann faßte er sich, stampfte mit dem Fuß auf die Erde, wollte die Mutter Sigbritte an der Kehle fassen; aber er streckte die Hand aus und griff in die offene See hinaus, als wollte er das klein erscheinende Schiff da draußen wie eine Meerspinne fassen und ohne die Gefahr zu scheuen wie einen Skorpion zerquetschen.

Frau Sigbritte sah das und verstand es wohl, doch sie drohte ihm nur mit dem Finger. Ich habe nichts gesehen! sprach sie zu ihm. Aber ich will schweigen, weil es mir und meiner Tochter einmal zum Uebel werden könnte, daß ein gewisser Jemand erführe: Ihr habt sie geliebt. Denn Euch brächte es sichern Untergang! Darum Freundschaft in Feindschaft, Zorn in Güte, Liebe in Haß zwischen uns, armer Torbern!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="1">
        <p><pb facs="#f0017"/>
möge                und bleiben wird, da sie der katholische Bischof Erik Walkendorp umgarnt und verführt                hat, der, da er selbst umsonst nach mir lechzte, nun einen Gewaltigen herführt, der                mich bändigen soll!</p><lb/>
        <p>Bist du rasend! schrie die Mutter darein, daß er die Worte nicht verstehen sollte.                Doch sie riegelte die Thür auf und hieß den Schloßhauptmann Torbern hereintreten,                einen gediegenen, schönen, jungen Mann, jetzt vor Adel der Seele noch einmal so                schön, aber vor Glut und Wuth, die er nicht äußern durfte, bald blaß und bald roth.                Doch er reichte seiner armen Düvecke die Hand von der Seite, lehnte sich mit dem Arm                an die Pforte der Thür, sein Gesicht auf den Arm, und man sah es nicht, aber man                hörte es &#x2014; er weinte. Dann faßte er sich, stampfte mit dem Fuß auf die Erde, wollte                die Mutter Sigbritte an der Kehle fassen; aber er streckte die Hand aus und griff in                die offene See hinaus, als wollte er das klein erscheinende Schiff da draußen wie                eine Meerspinne fassen und ohne die Gefahr zu scheuen wie einen Skorpion                zerquetschen.</p><lb/>
        <p>Frau Sigbritte sah das und verstand es wohl, doch sie drohte ihm nur mit dem Finger.                Ich habe nichts gesehen! sprach sie zu ihm. Aber ich will schweigen, weil es mir und                meiner Tochter einmal zum Uebel werden könnte, daß ein gewisser Jemand erführe: Ihr                habt sie geliebt. Denn Euch brächte es sichern Untergang! Darum Freundschaft in                Feindschaft, Zorn in Güte, Liebe in Haß zwischen uns, armer Torbern!<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0017] möge und bleiben wird, da sie der katholische Bischof Erik Walkendorp umgarnt und verführt hat, der, da er selbst umsonst nach mir lechzte, nun einen Gewaltigen herführt, der mich bändigen soll! Bist du rasend! schrie die Mutter darein, daß er die Worte nicht verstehen sollte. Doch sie riegelte die Thür auf und hieß den Schloßhauptmann Torbern hereintreten, einen gediegenen, schönen, jungen Mann, jetzt vor Adel der Seele noch einmal so schön, aber vor Glut und Wuth, die er nicht äußern durfte, bald blaß und bald roth. Doch er reichte seiner armen Düvecke die Hand von der Seite, lehnte sich mit dem Arm an die Pforte der Thür, sein Gesicht auf den Arm, und man sah es nicht, aber man hörte es — er weinte. Dann faßte er sich, stampfte mit dem Fuß auf die Erde, wollte die Mutter Sigbritte an der Kehle fassen; aber er streckte die Hand aus und griff in die offene See hinaus, als wollte er das klein erscheinende Schiff da draußen wie eine Meerspinne fassen und ohne die Gefahr zu scheuen wie einen Skorpion zerquetschen. Frau Sigbritte sah das und verstand es wohl, doch sie drohte ihm nur mit dem Finger. Ich habe nichts gesehen! sprach sie zu ihm. Aber ich will schweigen, weil es mir und meiner Tochter einmal zum Uebel werden könnte, daß ein gewisser Jemand erführe: Ihr habt sie geliebt. Denn Euch brächte es sichern Untergang! Darum Freundschaft in Feindschaft, Zorn in Güte, Liebe in Haß zwischen uns, armer Torbern!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:50:59Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:50:59Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/17
Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/17>, abgerufen am 28.04.2024.