Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Es stöhnte wieder; und er brach ab.

Der König aber ergriff den Gedanken und befahl ihn auszuführen. Steffen Hopfenstein aber freute sich innerlich, daß der Reichsrath den Torbern auf diese Anklage freisprechen werde und müsse.

Die Freude der beiden rechtschaffenen Männer war edel und wurde nicht zu Wasser oder -- Blut, sondern ging wohl aus, wie ein Kindertraum; denn die Reichsräthe sprachen Torbern von dem angeschuldeten Verbrechen frei -- weil es keines wäre, heirathen wollen; und da die Königin des Königs Ehefrau sei, könne und dürfe er keine zweite gehabt haben.

Darauf aber war ein wunderlicher Aufzug zu sehen: zwölf Bauern kamen in zwölf königlichen Staatswagen aus zwölf Dörfern um zwölf in die Stadt und auf das Schloß gefahren, wohin sie der König hatte als Richter pressen lassen, um Torbern zu richten, der ihm tödtlich verhaßt war. Seinen Feinden und Verleumdern war durch den Haß des Königs -- die Zunge gelös't worden; Frau Sigbritte war nur besorgt, sich selbst zu erhalten; denn ihrer Tochter konnte Torbern nichts mehr nützen, ihr selbst aber nur schaden, wenn er verriethe, daß sie ihm Düvecke wirklich habe zum Weibe geben wollen. Sie war auch überzeugt, daß nur seine Verwandte deßhalb ihr die Tochter aus den Händen in die Hand des Todes gespielt -- und sie durfte dem Könige nur klagen, daß ihre arme Düvecke so nicht geachtet, so ungerächt dahingegangen; selber nur leise

Es stöhnte wieder; und er brach ab.

Der König aber ergriff den Gedanken und befahl ihn auszuführen. Steffen Hopfenstein aber freute sich innerlich, daß der Reichsrath den Torbern auf diese Anklage freisprechen werde und müsse.

Die Freude der beiden rechtschaffenen Männer war edel und wurde nicht zu Wasser oder — Blut, sondern ging wohl aus, wie ein Kindertraum; denn die Reichsräthe sprachen Torbern von dem angeschuldeten Verbrechen frei — weil es keines wäre, heirathen wollen; und da die Königin des Königs Ehefrau sei, könne und dürfe er keine zweite gehabt haben.

Darauf aber war ein wunderlicher Aufzug zu sehen: zwölf Bauern kamen in zwölf königlichen Staatswagen aus zwölf Dörfern um zwölf in die Stadt und auf das Schloß gefahren, wohin sie der König hatte als Richter pressen lassen, um Torbern zu richten, der ihm tödtlich verhaßt war. Seinen Feinden und Verleumdern war durch den Haß des Königs — die Zunge gelös't worden; Frau Sigbritte war nur besorgt, sich selbst zu erhalten; denn ihrer Tochter konnte Torbern nichts mehr nützen, ihr selbst aber nur schaden, wenn er verriethe, daß sie ihm Düvecke wirklich habe zum Weibe geben wollen. Sie war auch überzeugt, daß nur seine Verwandte deßhalb ihr die Tochter aus den Händen in die Hand des Todes gespielt — und sie durfte dem Könige nur klagen, daß ihre arme Düvecke so nicht geachtet, so ungerächt dahingegangen; selber nur leise

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="8">
        <pb facs="#f0110"/>
        <p>Es stöhnte wieder; und er brach ab.</p><lb/>
        <p>Der König aber ergriff den Gedanken und befahl ihn auszuführen. Steffen Hopfenstein                aber freute sich innerlich, daß der Reichsrath den Torbern auf diese Anklage                freisprechen werde und müsse.</p><lb/>
        <p>Die Freude der beiden rechtschaffenen Männer war edel und wurde nicht zu Wasser oder                &#x2014; Blut, sondern ging wohl aus, wie ein Kindertraum; denn die Reichsräthe sprachen                Torbern von dem angeschuldeten Verbrechen frei &#x2014; weil es keines wäre, heirathen                wollen; und da die Königin des Königs Ehefrau sei, könne und dürfe er keine zweite                gehabt haben.</p><lb/>
        <p>Darauf aber war ein wunderlicher Aufzug zu sehen: zwölf Bauern kamen in zwölf                königlichen Staatswagen aus zwölf Dörfern um zwölf in die Stadt und auf das Schloß                gefahren, wohin sie der König hatte als Richter pressen lassen, um Torbern zu                richten, der ihm tödtlich verhaßt war. Seinen Feinden und Verleumdern war durch den                Haß des Königs &#x2014; die Zunge gelös't worden; Frau Sigbritte war nur besorgt, sich                selbst zu erhalten; denn ihrer Tochter konnte Torbern nichts mehr nützen, ihr selbst                aber nur schaden, wenn er verriethe, daß sie ihm Düvecke wirklich habe zum Weibe                geben wollen. Sie war auch überzeugt, daß nur seine Verwandte deßhalb ihr die Tochter                aus den Händen in die Hand des Todes gespielt &#x2014; und sie durfte dem Könige nur klagen,                daß ihre arme Düvecke so nicht geachtet, so ungerächt dahingegangen; selber nur leise<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0110] Es stöhnte wieder; und er brach ab. Der König aber ergriff den Gedanken und befahl ihn auszuführen. Steffen Hopfenstein aber freute sich innerlich, daß der Reichsrath den Torbern auf diese Anklage freisprechen werde und müsse. Die Freude der beiden rechtschaffenen Männer war edel und wurde nicht zu Wasser oder — Blut, sondern ging wohl aus, wie ein Kindertraum; denn die Reichsräthe sprachen Torbern von dem angeschuldeten Verbrechen frei — weil es keines wäre, heirathen wollen; und da die Königin des Königs Ehefrau sei, könne und dürfe er keine zweite gehabt haben. Darauf aber war ein wunderlicher Aufzug zu sehen: zwölf Bauern kamen in zwölf königlichen Staatswagen aus zwölf Dörfern um zwölf in die Stadt und auf das Schloß gefahren, wohin sie der König hatte als Richter pressen lassen, um Torbern zu richten, der ihm tödtlich verhaßt war. Seinen Feinden und Verleumdern war durch den Haß des Königs — die Zunge gelös't worden; Frau Sigbritte war nur besorgt, sich selbst zu erhalten; denn ihrer Tochter konnte Torbern nichts mehr nützen, ihr selbst aber nur schaden, wenn er verriethe, daß sie ihm Düvecke wirklich habe zum Weibe geben wollen. Sie war auch überzeugt, daß nur seine Verwandte deßhalb ihr die Tochter aus den Händen in die Hand des Todes gespielt — und sie durfte dem Könige nur klagen, daß ihre arme Düvecke so nicht geachtet, so ungerächt dahingegangen; selber nur leise

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:50:59Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:50:59Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/110
Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/110>, abgerufen am 25.11.2024.