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Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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wie er die Todte immer wieder aufriß und an seine Brust preßte -- ja sie sah ihn weinen und mußte endlich das Wort von ihm hören: Das hast du gethan! ihr gethan -- und mir gethan -- und . . . . wisse es, dir gethan . . . durch deinen Besuch. -- Jetzt geh!

Dann blieb er bei seiner Düvecke, besorgte Alles selbst, was zu dem prachtvollen Begräbniß gehörte, in welches sehr Viele ihren Schmerz und ihr Unrecht an den Lebenden verstecken und verbauen, und verließ die holde Gestalt nicht eher, bis ihr schönes Gesicht in die Erde gesenkt war. Wenn aber bei den meisten Todten endlich der heitere Kern ihrer Seele nach den überstandenen Schmerzen des wirren Lebens wieder als Heiterkeit und als seliges Lächeln auf ihrem Antlitz und um ihre Lippen auftaucht, zur schönsten Beruhigung, so war hingegen auf der jungen, schönen, blassen Düvecke zwar nun ruhevollem Antlitz, das bei ihrem Leben immer mild und geduldig gelächelt hatte, nun ein Schmerz und eine Bitterkeit, gleichsam aus dem tiefsten, verborgensten und verhüllten Herzen aufgeschlagen, die den Beschauenden je länger je mehr bestürzten und ihrem Schicksal die heißesten Thränen erregten.

VIII. Der König soll Burgemeister werden.

In der Mitternacht nach ihrer Bestattung ließ der König den Schloßhauptmann Torbern Ore im Bett

wie er die Todte immer wieder aufriß und an seine Brust preßte — ja sie sah ihn weinen und mußte endlich das Wort von ihm hören: Das hast du gethan! ihr gethan — und mir gethan — und . . . . wisse es, dir gethan . . . durch deinen Besuch. — Jetzt geh!

Dann blieb er bei seiner Düvecke, besorgte Alles selbst, was zu dem prachtvollen Begräbniß gehörte, in welches sehr Viele ihren Schmerz und ihr Unrecht an den Lebenden verstecken und verbauen, und verließ die holde Gestalt nicht eher, bis ihr schönes Gesicht in die Erde gesenkt war. Wenn aber bei den meisten Todten endlich der heitere Kern ihrer Seele nach den überstandenen Schmerzen des wirren Lebens wieder als Heiterkeit und als seliges Lächeln auf ihrem Antlitz und um ihre Lippen auftaucht, zur schönsten Beruhigung, so war hingegen auf der jungen, schönen, blassen Düvecke zwar nun ruhevollem Antlitz, das bei ihrem Leben immer mild und geduldig gelächelt hatte, nun ein Schmerz und eine Bitterkeit, gleichsam aus dem tiefsten, verborgensten und verhüllten Herzen aufgeschlagen, die den Beschauenden je länger je mehr bestürzten und ihrem Schicksal die heißesten Thränen erregten.

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In der Mitternacht nach ihrer Bestattung ließ der König den Schloßhauptmann Torbern Ore im Bett

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[0105] wie er die Todte immer wieder aufriß und an seine Brust preßte — ja sie sah ihn weinen und mußte endlich das Wort von ihm hören: Das hast du gethan! ihr gethan — und mir gethan — und . . . . wisse es, dir gethan . . . durch deinen Besuch. — Jetzt geh! Dann blieb er bei seiner Düvecke, besorgte Alles selbst, was zu dem prachtvollen Begräbniß gehörte, in welches sehr Viele ihren Schmerz und ihr Unrecht an den Lebenden verstecken und verbauen, und verließ die holde Gestalt nicht eher, bis ihr schönes Gesicht in die Erde gesenkt war. Wenn aber bei den meisten Todten endlich der heitere Kern ihrer Seele nach den überstandenen Schmerzen des wirren Lebens wieder als Heiterkeit und als seliges Lächeln auf ihrem Antlitz und um ihre Lippen auftaucht, zur schönsten Beruhigung, so war hingegen auf der jungen, schönen, blassen Düvecke zwar nun ruhevollem Antlitz, das bei ihrem Leben immer mild und geduldig gelächelt hatte, nun ein Schmerz und eine Bitterkeit, gleichsam aus dem tiefsten, verborgensten und verhüllten Herzen aufgeschlagen, die den Beschauenden je länger je mehr bestürzten und ihrem Schicksal die heißesten Thränen erregten. VIII. Der König soll Burgemeister werden. In der Mitternacht nach ihrer Bestattung ließ der König den Schloßhauptmann Torbern Ore im Bett

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:50:59Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:50:59Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/105>, abgerufen am 10.05.2024.