Amerikanern starben vor Verdruß, weil sie von den Spaniern wie Sclaven behandelt wurden; viele nahmen sich selber das Leben. Gegen nichts, was einer Erhebung über sie, einer Einschränkung ihres Willens ähnlich sieht, sind sie gleichgültig. Regarder un Sauvage de travers, sagt man in den französisch westindischen Jnseln, c'est le bat- tre; le battre, c'est le tuer. Selbst dies na- türlichste und stärkste Gefühl des menschlichen Herzens, die kindliche Liebe, ist diesem Triebe untergeordnet: denn kein Sohn läßt sich bey diesen Völkern von seinen Eltern Befehle geben; sondern begegnet ihnen vielmehr oft auf eine empörende Weise.
Aber nicht immer zielt dieser Trieb nach Frey- heit mit seinen Bestrebungen auf äußere Frey- heit: er verlangt nur Freyheit und Uneingeschränkt- heit seines Willens; und nur in dem, was die- sem als wünschenswerth vorkömmt, will er nicht gestört und gefesselt seyn. -- Selbst Sclaverey ist sein Himmelreich, wenn sie sein Wille war. -- Man übergebe einen Menschen den Befehlen eines Andern, und er wird gegen die Befehle zum wenigsten murren, auch wenn sie sich auf etwas beziehen, welches ihm wünschenswerth ist: man lasse ihn dagegen sich selbst unterwerfen, und er wird willig gehorchen, auch in dem, was ihm sonst sehr zuwider ist, weil er doch denkt,
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Amerikanern ſtarben vor Verdruß, weil ſie von den Spaniern wie Sclaven behandelt wurden; viele nahmen ſich ſelber das Leben. Gegen nichts, was einer Erhebung uͤber ſie, einer Einſchraͤnkung ihres Willens aͤhnlich ſieht, ſind ſie gleichguͤltig. Regarder un Sauvage de travers, ſagt man in den franzoͤſiſch weſtindiſchen Jnſeln, c'eſt le bat- tre; le battre, c'eſt le tuer. Selbſt dies na- tuͤrlichſte und ſtaͤrkſte Gefuͤhl des menſchlichen Herzens, die kindliche Liebe, iſt dieſem Triebe untergeordnet: denn kein Sohn laͤßt ſich bey dieſen Voͤlkern von ſeinen Eltern Befehle geben; ſondern begegnet ihnen vielmehr oft auf eine empoͤrende Weiſe.
Aber nicht immer zielt dieſer Trieb nach Frey- heit mit ſeinen Beſtrebungen auf aͤußere Frey- heit: er verlangt nur Freyheit und Uneingeſchraͤnkt- heit ſeines Willens; und nur in dem, was die- ſem als wuͤnſchenswerth vorkoͤmmt, will er nicht geſtoͤrt und gefeſſelt ſeyn. — Selbſt Sclaverey iſt ſein Himmelreich, wenn ſie ſein Wille war. — Man uͤbergebe einen Menſchen den Befehlen eines Andern, und er wird gegen die Befehle zum wenigſten murren, auch wenn ſie ſich auf etwas beziehen, welches ihm wuͤnſchenswerth iſt: man laſſe ihn dagegen ſich ſelbſt unterwerfen, und er wird willig gehorchen, auch in dem, was ihm ſonſt ſehr zuwider iſt, weil er doch denkt,
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[375/0091]
Amerikanern ſtarben vor Verdruß, weil ſie von
den Spaniern wie Sclaven behandelt wurden;
viele nahmen ſich ſelber das Leben. Gegen nichts,
was einer Erhebung uͤber ſie, einer Einſchraͤnkung
ihres Willens aͤhnlich ſieht, ſind ſie gleichguͤltig.
Regarder un Sauvage de travers, ſagt man in
den franzoͤſiſch weſtindiſchen Jnſeln, c'eſt le bat-
tre; le battre, c'eſt le tuer. Selbſt dies na-
tuͤrlichſte und ſtaͤrkſte Gefuͤhl des menſchlichen
Herzens, die kindliche Liebe, iſt dieſem Triebe
untergeordnet: denn kein Sohn laͤßt ſich bey dieſen
Voͤlkern von ſeinen Eltern Befehle geben; ſondern
begegnet ihnen vielmehr oft auf eine empoͤrende
Weiſe.
Aber nicht immer zielt dieſer Trieb nach Frey-
heit mit ſeinen Beſtrebungen auf aͤußere Frey-
heit: er verlangt nur Freyheit und Uneingeſchraͤnkt-
heit ſeines Willens; und nur in dem, was die-
ſem als wuͤnſchenswerth vorkoͤmmt, will er nicht
geſtoͤrt und gefeſſelt ſeyn. — Selbſt Sclaverey
iſt ſein Himmelreich, wenn ſie ſein Wille war.
— Man uͤbergebe einen Menſchen den Befehlen
eines Andern, und er wird gegen die Befehle zum
wenigſten murren, auch wenn ſie ſich auf etwas
beziehen, welches ihm wuͤnſchenswerth iſt: man
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/91>, abgerufen am 22.11.2024.
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