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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

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Bestimmung bewußt ist, und das große Gebiet er-
blickt hat, in welchem sie wirken und Nahrung für
sich sammlen kann.

Es giebt einen unglücklichen Veränderungs-
trieb, welcher eine gewöhnliche Folge der sogenann-
ten Hypochondrie zu seyn scheint. Kaum hat
man irgend ein Geschäft angefangen, so ist man
desselben müde; kaum hat man dies oder jenes sich
zu vergnügen unternommen, so ist man desselben
überdrüßig. Jch erkläre mir diese große Verän-
derlichkeit aus der von der äußerst peinigenden
Krankheit bewirkten Schwäche und Stumpfheit
des Geistes; welcher nicht so viel Kraft hat, sich
in der Mitte und im Gleichgewicht zu erhalten,
sondern wenn er einmal aufgeweckt wird, alle sei-
ne Kräfte mit übergroßer Heftigkeit anstrengt,
aber dann wieder ganz schlaff und unthätig da liegt.
Man fängt eine Arbeit an, aber bald wird man
gewahr, daß es an Kraft zu derselben fehle; die

Angst
kleinen Zahl von Vorstellungen noch immer genug
finden, was sie noch vielmal interessant genug un-
terhält, weil ihr Verstand nicht so scharf sieht, daß
er mit einem Blick den ganzen Jnhalt der Vorstel-
lung auffaßte. Man gebe nur Acht, mit welchem
Jnteresse der gemeine Mann auch das funfzigste Mal
noch von derselben Sache spricht, und man wird sich
leicht überzeugen, daß er sowohl in den Bedürfnissen
seines Geistes, als seines Körpers sehr genügsam ist.
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Beſtimmung bewußt iſt, und das große Gebiet er-
blickt hat, in welchem ſie wirken und Nahrung fuͤr
ſich ſammlen kann.

Es giebt einen ungluͤcklichen Veraͤnderungs-
trieb, welcher eine gewoͤhnliche Folge der ſogenann-
ten Hypochondrie zu ſeyn ſcheint. Kaum hat
man irgend ein Geſchaͤft angefangen, ſo iſt man
deſſelben muͤde; kaum hat man dies oder jenes ſich
zu vergnuͤgen unternommen, ſo iſt man deſſelben
uͤberdruͤßig. Jch erklaͤre mir dieſe große Veraͤn-
derlichkeit aus der von der aͤußerſt peinigenden
Krankheit bewirkten Schwaͤche und Stumpfheit
des Geiſtes; welcher nicht ſo viel Kraft hat, ſich
in der Mitte und im Gleichgewicht zu erhalten,
ſondern wenn er einmal aufgeweckt wird, alle ſei-
ne Kraͤfte mit uͤbergroßer Heftigkeit anſtrengt,
aber dann wieder ganz ſchlaff und unthaͤtig da liegt.
Man faͤngt eine Arbeit an, aber bald wird man
gewahr, daß es an Kraft zu derſelben fehle; die

Angſt
kleinen Zahl von Vorſtellungen noch immer genug
finden, was ſie noch vielmal intereſſant genug un-
terhaͤlt, weil ihr Verſtand nicht ſo ſcharf ſieht, daß
er mit einem Blick den ganzen Jnhalt der Vorſtel-
lung auffaßte. Man gebe nur Acht, mit welchem
Jntereſſe der gemeine Mann auch das funfzigſte Mal
noch von derſelben Sache ſpricht, und man wird ſich
leicht uͤberzeugen, daß er ſowohl in den Beduͤrfniſſen
ſeines Geiſtes, als ſeines Koͤrpers ſehr genuͤgſam iſt.
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[341/0057] Beſtimmung bewußt iſt, und das große Gebiet er- blickt hat, in welchem ſie wirken und Nahrung fuͤr ſich ſammlen kann. Es giebt einen ungluͤcklichen Veraͤnderungs- trieb, welcher eine gewoͤhnliche Folge der ſogenann- ten Hypochondrie zu ſeyn ſcheint. Kaum hat man irgend ein Geſchaͤft angefangen, ſo iſt man deſſelben muͤde; kaum hat man dies oder jenes ſich zu vergnuͤgen unternommen, ſo iſt man deſſelben uͤberdruͤßig. Jch erklaͤre mir dieſe große Veraͤn- derlichkeit aus der von der aͤußerſt peinigenden Krankheit bewirkten Schwaͤche und Stumpfheit des Geiſtes; welcher nicht ſo viel Kraft hat, ſich in der Mitte und im Gleichgewicht zu erhalten, ſondern wenn er einmal aufgeweckt wird, alle ſei- ne Kraͤfte mit uͤbergroßer Heftigkeit anſtrengt, aber dann wieder ganz ſchlaff und unthaͤtig da liegt. Man faͤngt eine Arbeit an, aber bald wird man gewahr, daß es an Kraft zu derſelben fehle; die Angſt *) *) kleinen Zahl von Vorſtellungen noch immer genug finden, was ſie noch vielmal intereſſant genug un- terhaͤlt, weil ihr Verſtand nicht ſo ſcharf ſieht, daß er mit einem Blick den ganzen Jnhalt der Vorſtel- lung auffaßte. Man gebe nur Acht, mit welchem Jntereſſe der gemeine Mann auch das funfzigſte Mal noch von derſelben Sache ſpricht, und man wird ſich leicht uͤberzeugen, daß er ſowohl in den Beduͤrfniſſen ſeines Geiſtes, als ſeines Koͤrpers ſehr genuͤgſam iſt. Y 3

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/57>, abgerufen am 25.11.2024.