tasien, stört die Harmonie seines Gefühls, und erinnert es ohne Unterlaß daran, daß ihm etwas fehle, daß seine Wünsche, Neigungen und Lau- nen nicht erfüllt werden können, daß es einge- schränkt, schwach, abhängig sey. Das üble Wetter macht mich ganz traurig, sagt der Schwäch- liche, denn die schwere Luft drückt meinen Körper, beengt meine Brust, hemmt den freyen und ra- schen Umlauf des Bluts. Jch bin traurig, sagt der Hypochondrische, ich weiß zwar selbst nicht die Ursache davon bestimmt anzugeben, indeß ich fühle, daß mir etwas fehlt; was ich auch vor- nehme, immer hindert mich die Mißstimmung meiner Seele an der leichten, glücklichen Aus- führung.
Jedes Uebel also, eingebildet oder wirklich, welches dem Menschen seine Schwäche, seine Un- vollkommenheit, sein Elend vergegenwärtigt oder ihn niederschlägt, bringt den Affekt der Traurig- keit im Gemüthe hervor. Darum stellt sich der Traurige das ihn drückende Uebel so groß vor. Er fühlt seine Niedergeschlagenheit, und aus dieser Wirkung urtheilt er über die Ursache. Unerträg- lich ist es ihm in den ersten Momenten der Trau- rigkeit, wenn man ihn dadurch trösten will, daß man das Uebel verkleinert: denn seine Phantasie, gereizt von seiner Eigenliebe, vermöge welcher er sich nicht gern klein und schwach erscheint, mahlt
es
taſien, ſtoͤrt die Harmonie ſeines Gefuͤhls, und erinnert es ohne Unterlaß daran, daß ihm etwas fehle, daß ſeine Wuͤnſche, Neigungen und Lau- nen nicht erfuͤllt werden koͤnnen, daß es einge- ſchraͤnkt, ſchwach, abhaͤngig ſey. Das uͤble Wetter macht mich ganz traurig, ſagt der Schwaͤch- liche, denn die ſchwere Luft druͤckt meinen Koͤrper, beengt meine Bruſt, hemmt den freyen und ra- ſchen Umlauf des Bluts. Jch bin traurig, ſagt der Hypochondriſche, ich weiß zwar ſelbſt nicht die Urſache davon beſtimmt anzugeben, indeß ich fuͤhle, daß mir etwas fehlt; was ich auch vor- nehme, immer hindert mich die Mißſtimmung meiner Seele an der leichten, gluͤcklichen Aus- fuͤhrung.
Jedes Uebel alſo, eingebildet oder wirklich, welches dem Menſchen ſeine Schwaͤche, ſeine Un- vollkommenheit, ſein Elend vergegenwaͤrtigt oder ihn niederſchlaͤgt, bringt den Affekt der Traurig- keit im Gemuͤthe hervor. Darum ſtellt ſich der Traurige das ihn druͤckende Uebel ſo groß vor. Er fuͤhlt ſeine Niedergeſchlagenheit, und aus dieſer Wirkung urtheilt er uͤber die Urſache. Unertraͤg- lich iſt es ihm in den erſten Momenten der Trau- rigkeit, wenn man ihn dadurch troͤſten will, daß man das Uebel verkleinert: denn ſeine Phantaſie, gereizt von ſeiner Eigenliebe, vermoͤge welcher er ſich nicht gern klein und ſchwach erſcheint, mahlt
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taſien, ſtoͤrt die Harmonie ſeines Gefuͤhls, und
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fehle, daß ſeine Wuͤnſche, Neigungen und Lau-
nen nicht erfuͤllt werden koͤnnen, daß es einge-
ſchraͤnkt, ſchwach, abhaͤngig ſey. Das uͤble
Wetter macht mich ganz traurig, ſagt der Schwaͤch-
liche, denn die ſchwere Luft druͤckt meinen Koͤrper,
beengt meine Bruſt, hemmt den freyen und ra-
ſchen Umlauf des Bluts. Jch bin traurig, ſagt
der Hypochondriſche, ich weiß zwar ſelbſt nicht
die Urſache davon beſtimmt anzugeben, indeß ich
fuͤhle, daß mir etwas fehlt; was ich auch vor-
nehme, immer hindert mich die Mißſtimmung
meiner Seele an der leichten, gluͤcklichen Aus-
fuͤhrung.
Jedes Uebel alſo, eingebildet oder wirklich,
welches dem Menſchen ſeine Schwaͤche, ſeine Un-
vollkommenheit, ſein Elend vergegenwaͤrtigt oder
ihn niederſchlaͤgt, bringt den Affekt der Traurig-
keit im Gemuͤthe hervor. Darum ſtellt ſich der
Traurige das ihn druͤckende Uebel ſo groß vor. Er
fuͤhlt ſeine Niedergeſchlagenheit, und aus dieſer
Wirkung urtheilt er uͤber die Urſache. Unertraͤg-
lich iſt es ihm in den erſten Momenten der Trau-
rigkeit, wenn man ihn dadurch troͤſten will, daß
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/320>, abgerufen am 25.11.2024.
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