Lobeserhebungen: sein Tadel der Mangel dieser Dinge. Er hört gar zu gern die Puppe seiner Eitelkeit rühmen; drum bemüht er sich bey jeder Gelegenheit die Aufmerksamkeit auf dieselbe zu ziehen. Wer ihm einbilden kann, daß er mit ihm in Schätzung der Dinge von gleicher Denkungs- art sey, dem wird er sein ganzes Herz offenbaren, und mit ihm in Gesprächen über seine Herrlichkei- ten schwelgen -- und findet er unter seines Glei- chen niemand, der ihm gleich wäre, so muß sein Diener oder Andre, von denen er keine Vernei- nung erwartet, die Frage "steht dies mir nicht gut? ist dies nicht vorzüglich?" bejahen. Kei- ner ist gefälliger, als er, wenn er nur dadurch in den Stand gesetzt wird, etwas von seiner großen Kleinigkeit zu zeigen. Ehe noch die Frage "wie hoch es an der Zeit sey?" zur Hälfte ausgespro- chen ist, hat er seine Uhr schon antworten lassen; und stellt mit freundlichem Lächeln seinen wohlge- putzten Bedienten hin, Befehle auszurichten, wel- che man gar nicht zu geben gemeynt war. Wür- digt man seine Prächtigkeit, seine Equipage, sein Ameublement der Aufmerksamkeit, so ist er ent- zückt -- und voll freundlicher Dankbarkeit; aber verachtet man etwas daran, oder läßt seine Bli- cke nicht darauf ruhen, so hat man sein Vertrauen und seine Werthschätzung verscherzt. Er ist der bereitwilligste Nachahmer: und der gebundenste
Sclave;
Lobeserhebungen: ſein Tadel der Mangel dieſer Dinge. Er hoͤrt gar zu gern die Puppe ſeiner Eitelkeit ruͤhmen; drum bemuͤht er ſich bey jeder Gelegenheit die Aufmerkſamkeit auf dieſelbe zu ziehen. Wer ihm einbilden kann, daß er mit ihm in Schaͤtzung der Dinge von gleicher Denkungs- art ſey, dem wird er ſein ganzes Herz offenbaren, und mit ihm in Geſpraͤchen uͤber ſeine Herrlichkei- ten ſchwelgen — und findet er unter ſeines Glei- chen niemand, der ihm gleich waͤre, ſo muß ſein Diener oder Andre, von denen er keine Vernei- nung erwartet, die Frage „ſteht dies mir nicht gut? iſt dies nicht vorzuͤglich?„ bejahen. Kei- ner iſt gefaͤlliger, als er, wenn er nur dadurch in den Stand geſetzt wird, etwas von ſeiner großen Kleinigkeit zu zeigen. Ehe noch die Frage „wie hoch es an der Zeit ſey?„ zur Haͤlfte ausgeſpro- chen iſt, hat er ſeine Uhr ſchon antworten laſſen; und ſtellt mit freundlichem Laͤcheln ſeinen wohlge- putzten Bedienten hin, Befehle auszurichten, wel- che man gar nicht zu geben gemeynt war. Wuͤr- digt man ſeine Praͤchtigkeit, ſeine Equipage, ſein Ameublement der Aufmerkſamkeit, ſo iſt er ent- zuͤckt — und voll freundlicher Dankbarkeit; aber verachtet man etwas daran, oder laͤßt ſeine Bli- cke nicht darauf ruhen, ſo hat man ſein Vertrauen und ſeine Werthſchaͤtzung verſcherzt. Er iſt der bereitwilligſte Nachahmer: und der gebundenſte
Sclave;
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Lobeserhebungen: ſein Tadel der Mangel dieſer
Dinge. Er hoͤrt gar zu gern die Puppe ſeiner
Eitelkeit ruͤhmen; drum bemuͤht er ſich bey jeder
Gelegenheit die Aufmerkſamkeit auf dieſelbe zu
ziehen. Wer ihm einbilden kann, daß er mit ihm
in Schaͤtzung der Dinge von gleicher Denkungs-
art ſey, dem wird er ſein ganzes Herz offenbaren,
und mit ihm in Geſpraͤchen uͤber ſeine Herrlichkei-
ten ſchwelgen — und findet er unter ſeines Glei-
chen niemand, der ihm gleich waͤre, ſo muß ſein
Diener oder Andre, von denen er keine Vernei-
nung erwartet, die Frage „ſteht dies mir nicht
gut? iſt dies nicht vorzuͤglich?„ bejahen. Kei-
ner iſt gefaͤlliger, als er, wenn er nur dadurch in
den Stand geſetzt wird, etwas von ſeiner großen
Kleinigkeit zu zeigen. Ehe noch die Frage „wie
hoch es an der Zeit ſey?„ zur Haͤlfte ausgeſpro-
chen iſt, hat er ſeine Uhr ſchon antworten laſſen;
und ſtellt mit freundlichem Laͤcheln ſeinen wohlge-
putzten Bedienten hin, Befehle auszurichten, wel-
che man gar nicht zu geben gemeynt war. Wuͤr-
digt man ſeine Praͤchtigkeit, ſeine Equipage, ſein
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verachtet man etwas daran, oder laͤßt ſeine Bli-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/128>, abgerufen am 22.11.2024.
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