Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

loren, so fühlt er sich elend, und geräth in Ver-
zweiflung, wenn er ihn durch seine Schuld verlor.

Als der edle Kassio, welcher durch die Ränke
des hinterlistigen Jago betrogen, vom Weine
berauscht wurde, und sich in der Hitze des Zorns
gegen den, der seine Ehre angriff, übereilte, von
seinem Feldherrn Othello seiner Stelle entsetzt
worden war, ruft er aus:

"Guter Name! guter Name! guter Name!
-- Oh! ich habe meinen guten Namen verloren!
Jch habe den unsterblichen Theil meiner selbst ver-
loren, was mir noch bleibt, ist blos thierisch!
Mein guter Name!"
*)

Der gute Name, läßt Shakespear in dem-
selben Trauerspiele den Jago, der sich als einen
Mann von wahrer Ehrliebe verstellt, sagen, der
gute Name ist bey Mann und Weib das schätz-
barste Kleinod ihrer Seele. Wer mir mein Geld
stiehlt, stiehlt einen Bettel, es ist Etwas -- es
ist Nichts. Es war mein; es ist sein; und ist
schon ein Sclave von tausend Andern gewesen.
Aber wer mich um meinen guten Namen bringt,
der raubt mir etwas, das ihn nicht bereichert,
aber mich wahrhaftig arm macht.**).

Der
*) Shakespears Othello, 2ter Aufzug, 3ter Auftr.
**) Daselbst. 3ter Aufz. 3ter Auftr.
Folgende Stelle aus dem Orlando Inamora-
to führt H. H. Eschenburg in einer Note zu dieser
Stelle
Bb 2

loren, ſo fuͤhlt er ſich elend, und geraͤth in Ver-
zweiflung, wenn er ihn durch ſeine Schuld verlor.

Als der edle Kaſſio, welcher durch die Raͤnke
des hinterliſtigen Jago betrogen, vom Weine
berauſcht wurde, und ſich in der Hitze des Zorns
gegen den, der ſeine Ehre angriff, uͤbereilte, von
ſeinem Feldherrn Othello ſeiner Stelle entſetzt
worden war, ruft er aus:

„Guter Name! guter Name! guter Name!
— Oh! ich habe meinen guten Namen verloren!
Jch habe den unſterblichen Theil meiner ſelbſt ver-
loren, was mir noch bleibt, iſt blos thieriſch!
Mein guter Name!„
*)

Der gute Name, laͤßt Shakeſpear in dem-
ſelben Trauerſpiele den Jago, der ſich als einen
Mann von wahrer Ehrliebe verſtellt, ſagen, der
gute Name iſt bey Mann und Weib das ſchaͤtz-
barſte Kleinod ihrer Seele. Wer mir mein Geld
ſtiehlt, ſtiehlt einen Bettel, es iſt Etwas — es
iſt Nichts. Es war mein; es iſt ſein; und iſt
ſchon ein Sclave von tauſend Andern geweſen.
Aber wer mich um meinen guten Namen bringt,
der raubt mir etwas, das ihn nicht bereichert,
aber mich wahrhaftig arm macht.**).

Der
*) Shakeſpears Othello, 2ter Aufzug, 3ter Auftr.
**) Daſelbſt. 3ter Aufz. 3ter Auftr.
Folgende Stelle aus dem Orlando Inamora-
to fuͤhrt H. H. Eſchenburg in einer Note zu dieſer
Stelle
Bb 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0103" n="387"/>
loren, &#x017F;o fu&#x0364;hlt er &#x017F;ich elend, und gera&#x0364;th in Ver-<lb/>
zweiflung, wenn er ihn durch &#x017F;eine Schuld verlor.</p><lb/>
        <p>Als der edle <hi rendition="#b">Ka&#x017F;&#x017F;io</hi>, welcher durch die Ra&#x0364;nke<lb/>
des hinterli&#x017F;tigen <hi rendition="#b">Jago</hi> betrogen, vom Weine<lb/>
berau&#x017F;cht wurde, und &#x017F;ich in der Hitze des Zorns<lb/>
gegen den, der &#x017F;eine Ehre angriff, u&#x0364;bereilte, von<lb/>
&#x017F;einem Feldherrn <hi rendition="#b">Othello</hi> &#x017F;einer Stelle ent&#x017F;etzt<lb/>
worden war, ruft er aus:</p><lb/>
        <cit>
          <quote>&#x201E;Guter Name! guter Name! guter Name!<lb/>
&#x2014; Oh! ich habe meinen guten Namen verloren!<lb/>
Jch habe den un&#x017F;terblichen Theil meiner &#x017F;elb&#x017F;t ver-<lb/>
loren, was mir noch bleibt, i&#x017F;t blos thieri&#x017F;ch!<lb/>
Mein guter Name!&#x201E;</quote>
        </cit>
        <note place="foot" n="*)">Shake&#x017F;pears Othello, 2ter Aufzug, 3ter Auftr.</note><lb/>
        <p>Der gute Name, la&#x0364;ßt <hi rendition="#b">Shake&#x017F;pear</hi> in dem-<lb/>
&#x017F;elben Trauer&#x017F;piele den <hi rendition="#b">Jago</hi>, der &#x017F;ich als einen<lb/>
Mann von wahrer Ehrliebe ver&#x017F;tellt, &#x017F;agen, der<lb/>
gute Name i&#x017F;t bey Mann und Weib das &#x017F;cha&#x0364;tz-<lb/>
bar&#x017F;te Kleinod ihrer Seele. Wer mir mein Geld<lb/>
&#x017F;tiehlt, &#x017F;tiehlt einen Bettel, es i&#x017F;t Etwas &#x2014; es<lb/>
i&#x017F;t Nichts. Es war mein; es i&#x017F;t &#x017F;ein; und i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;chon ein Sclave von tau&#x017F;end Andern gewe&#x017F;en.<lb/>
Aber wer mich um meinen guten Namen bringt,<lb/>
der raubt mir etwas, das ihn nicht bereichert,<lb/>
aber mich wahrhaftig arm macht.<note xml:id="seg2pn_8_1" next="#seg2pn_8_2" place="foot" n="**)">Da&#x017F;elb&#x017F;t. 3ter Aufz. 3ter Auftr.<lb/><hi rendition="#et">Folgende Stelle aus dem <hi rendition="#aq">Orlando Inamora-</hi></hi><lb/><hi rendition="#aq">to</hi> fu&#x0364;hrt H. H. <hi rendition="#fr">E&#x017F;chenburg</hi> in einer Note zu die&#x017F;er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Stelle</fw></note>.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">Bb 2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[387/0103] loren, ſo fuͤhlt er ſich elend, und geraͤth in Ver- zweiflung, wenn er ihn durch ſeine Schuld verlor. Als der edle Kaſſio, welcher durch die Raͤnke des hinterliſtigen Jago betrogen, vom Weine berauſcht wurde, und ſich in der Hitze des Zorns gegen den, der ſeine Ehre angriff, uͤbereilte, von ſeinem Feldherrn Othello ſeiner Stelle entſetzt worden war, ruft er aus: „Guter Name! guter Name! guter Name! — Oh! ich habe meinen guten Namen verloren! Jch habe den unſterblichen Theil meiner ſelbſt ver- loren, was mir noch bleibt, iſt blos thieriſch! Mein guter Name!„ *) Der gute Name, laͤßt Shakeſpear in dem- ſelben Trauerſpiele den Jago, der ſich als einen Mann von wahrer Ehrliebe verſtellt, ſagen, der gute Name iſt bey Mann und Weib das ſchaͤtz- barſte Kleinod ihrer Seele. Wer mir mein Geld ſtiehlt, ſtiehlt einen Bettel, es iſt Etwas — es iſt Nichts. Es war mein; es iſt ſein; und iſt ſchon ein Sclave von tauſend Andern geweſen. Aber wer mich um meinen guten Namen bringt, der raubt mir etwas, das ihn nicht bereichert, aber mich wahrhaftig arm macht. **). Der *) Shakeſpears Othello, 2ter Aufzug, 3ter Auftr. **) Daſelbſt. 3ter Aufz. 3ter Auftr. Folgende Stelle aus dem Orlando Inamora- to fuͤhrt H. H. Eſchenburg in einer Note zu dieſer Stelle Bb 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/103
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/103>, abgerufen am 23.11.2024.