unglücklichen Weibes Wahrheit, was Einbildung sey: denn so würde man im Stande seyn, die Ursachen ihres Wahnsinns und der besondern Aeußerungen desselben bestimmter anzugeben.
Offenbar ist der Einfluß ihrer frühen Lectüre in der Sprache und den Träumereyen ihrer Ver- rücktheit. Die körperlichen Vorstellungen von der Seele, die gefärbten Zettelchen, der Kampf mit dem Teufel u. s. w. sind Beweise desselben. Die nächste Ursache des Wahnsinns scheint mir indeß Eifersucht gegen ihren Mann gewesen zu seyn, weil sie so viel von seinem Umgange mit ei- ner andern spricht, ihn mit den gehässigsten Far- ben mahlt, und bey dem Gedanken an ihn in große Wuth geräth. Der Schmerz über die Trennung von ihren Kindern, der dadurch den bittersten Stachel erhielt, daß sie dieselben in den Händen ihres Mannes wußte, vollendete die Wirkung der Eifersucht. Was nun aber der Sektengeist mit dazu beygetragen habe, kann nicht bestimmt werden, da nicht angegeben ist, ob ihre Aussage von der Secte, zu welcher ihr Mann gehören sollte, gegründet ist; man findet wenigstens darin einen neuen Beweis des Einflusses ihrer verstimm- ten religiösen Denkungsart in ihre Verrücktheit.
Zwölfte
N
ungluͤcklichen Weibes Wahrheit, was Einbildung ſey: denn ſo wuͤrde man im Stande ſeyn, die Urſachen ihres Wahnſinns und der beſondern Aeußerungen deſſelben beſtimmter anzugeben.
Offenbar iſt der Einfluß ihrer fruͤhen Lectuͤre in der Sprache und den Traͤumereyen ihrer Ver- ruͤcktheit. Die koͤrperlichen Vorſtellungen von der Seele, die gefaͤrbten Zettelchen, der Kampf mit dem Teufel u. ſ. w. ſind Beweiſe deſſelben. Die naͤchſte Urſache des Wahnſinns ſcheint mir indeß Eiferſucht gegen ihren Mann geweſen zu ſeyn, weil ſie ſo viel von ſeinem Umgange mit ei- ner andern ſpricht, ihn mit den gehaͤſſigſten Far- ben mahlt, und bey dem Gedanken an ihn in große Wuth geraͤth. Der Schmerz uͤber die Trennung von ihren Kindern, der dadurch den bitterſten Stachel erhielt, daß ſie dieſelben in den Haͤnden ihres Mannes wußte, vollendete die Wirkung der Eiferſucht. Was nun aber der Sektengeiſt mit dazu beygetragen habe, kann nicht beſtimmt werden, da nicht angegeben iſt, ob ihre Auſſage von der Secte, zu welcher ihr Mann gehoͤren ſollte, gegruͤndet iſt; man findet wenigſtens darin einen neuen Beweis des Einfluſſes ihrer verſtimm- ten religioͤſen Denkungsart in ihre Verruͤcktheit.
Zwoͤlfte
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ungluͤcklichen Weibes Wahrheit, was Einbildung
ſey: denn ſo wuͤrde man im Stande ſeyn, die
Urſachen ihres Wahnſinns und der beſondern
Aeußerungen deſſelben beſtimmter anzugeben.
Offenbar iſt der Einfluß ihrer fruͤhen Lectuͤre
in der Sprache und den Traͤumereyen ihrer Ver-
ruͤcktheit. Die koͤrperlichen Vorſtellungen von
der Seele, die gefaͤrbten Zettelchen, der Kampf
mit dem Teufel u. ſ. w. ſind Beweiſe deſſelben.
Die naͤchſte Urſache des Wahnſinns ſcheint mir
indeß Eiferſucht gegen ihren Mann geweſen zu
ſeyn, weil ſie ſo viel von ſeinem Umgange mit ei-
ner andern ſpricht, ihn mit den gehaͤſſigſten Far-
ben mahlt, und bey dem Gedanken an ihn in große
Wuth geraͤth. Der Schmerz uͤber die Trennung
von ihren Kindern, der dadurch den bitterſten
Stachel erhielt, daß ſie dieſelben in den Haͤnden
ihres Mannes wußte, vollendete die Wirkung
der Eiferſucht. Was nun aber der Sektengeiſt
mit dazu beygetragen habe, kann nicht beſtimmt
werden, da nicht angegeben iſt, ob ihre Auſſage
von der Secte, zu welcher ihr Mann gehoͤren
ſollte, gegruͤndet iſt; man findet wenigſtens darin
einen neuen Beweis des Einfluſſes ihrer verſtimm-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/217>, abgerufen am 26.11.2024.
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