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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.

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selben las ich: Jch muß mit dem Teufel käm-
pfen: das Lämmlein ist für mich geschlachtet.
Jch bin in sein Blut getunkt. Jch habe
den Satan überwunden. Meinen Kindern
hat er ins Herz gestochen
u. s. w.

Beym nächsten Besuche erzählte die Person,
daß sie von Jugend auf viel gelesen und gebetet
habe; fast niemals aus dem Hause gekommen sey,
und schon als Kind manchmal nicht habe schlafen
können, wenn sie in den scharfen Büchern (so
nannte sie die mystischen Religionsschriften) gele-
sen habe. Auf die Frage, warum sie von Hau-
se gelaufen sey, antwortete sie also:

Vor einigen Jahren entstand bey uns eine
Secte. Auch Geistliche sind ihr zugethan.
Abends laufen sie in die Häuser zusammen. Auch
in unser Haus kamen sie. Dieses wollte ich nicht
dulden. Jch sagte dem Mörder (so nannte sie
ihren Mann) das heiße den Glauben verleugnen;
er müsse meine und meine armen Kinder nicht in
die Hölle stürzen. Er schlug mich, nahm ein
andres Weib ins Haus, und lebte mit ihr. Jch
wollte in Zürich klagen; aber die Wache ließ mich
nicht durch die Stadtthore. Jch ward aufgefan-
gen und heimgeführt. Die Obrigkeit wollte die
Secte auch nicht dulden. Da trieben sie die
Sache nur geheimer. Wenn sie denn in unser
Haus kamen, so fürchteten sie, ich möchte sie

ver-

ſelben las ich: Jch muß mit dem Teufel kaͤm-
pfen: das Laͤmmlein iſt fuͤr mich geſchlachtet.
Jch bin in ſein Blut getunkt. Jch habe
den Satan uͤberwunden. Meinen Kindern
hat er ins Herz geſtochen
u. ſ. w.

Beym naͤchſten Beſuche erzaͤhlte die Perſon,
daß ſie von Jugend auf viel geleſen und gebetet
habe; faſt niemals aus dem Hauſe gekommen ſey,
und ſchon als Kind manchmal nicht habe ſchlafen
koͤnnen, wenn ſie in den ſcharfen Buͤchern (ſo
nannte ſie die myſtiſchen Religionsſchriften) gele-
ſen habe. Auf die Frage, warum ſie von Hau-
ſe gelaufen ſey, antwortete ſie alſo:

Vor einigen Jahren entſtand bey uns eine
Secte. Auch Geiſtliche ſind ihr zugethan.
Abends laufen ſie in die Haͤuſer zuſammen. Auch
in unſer Haus kamen ſie. Dieſes wollte ich nicht
dulden. Jch ſagte dem Moͤrder (ſo nannte ſie
ihren Mann) das heiße den Glauben verleugnen;
er muͤſſe meine und meine armen Kinder nicht in
die Hoͤlle ſtuͤrzen. Er ſchlug mich, nahm ein
andres Weib ins Haus, und lebte mit ihr. Jch
wollte in Zuͤrich klagen; aber die Wache ließ mich
nicht durch die Stadtthore. Jch ward aufgefan-
gen und heimgefuͤhrt. Die Obrigkeit wollte die
Secte auch nicht dulden. Da trieben ſie die
Sache nur geheimer. Wenn ſie denn in unſer
Haus kamen, ſo fuͤrchteten ſie, ich moͤchte ſie

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[191/0215] ſelben las ich: Jch muß mit dem Teufel kaͤm- pfen: das Laͤmmlein iſt fuͤr mich geſchlachtet. Jch bin in ſein Blut getunkt. Jch habe den Satan uͤberwunden. Meinen Kindern hat er ins Herz geſtochen u. ſ. w. Beym naͤchſten Beſuche erzaͤhlte die Perſon, daß ſie von Jugend auf viel geleſen und gebetet habe; faſt niemals aus dem Hauſe gekommen ſey, und ſchon als Kind manchmal nicht habe ſchlafen koͤnnen, wenn ſie in den ſcharfen Buͤchern (ſo nannte ſie die myſtiſchen Religionsſchriften) gele- ſen habe. Auf die Frage, warum ſie von Hau- ſe gelaufen ſey, antwortete ſie alſo: Vor einigen Jahren entſtand bey uns eine Secte. Auch Geiſtliche ſind ihr zugethan. Abends laufen ſie in die Haͤuſer zuſammen. Auch in unſer Haus kamen ſie. Dieſes wollte ich nicht dulden. Jch ſagte dem Moͤrder (ſo nannte ſie ihren Mann) das heiße den Glauben verleugnen; er muͤſſe meine und meine armen Kinder nicht in die Hoͤlle ſtuͤrzen. Er ſchlug mich, nahm ein andres Weib ins Haus, und lebte mit ihr. Jch wollte in Zuͤrich klagen; aber die Wache ließ mich nicht durch die Stadtthore. Jch ward aufgefan- gen und heimgefuͤhrt. Die Obrigkeit wollte die Secte auch nicht dulden. Da trieben ſie die Sache nur geheimer. Wenn ſie denn in unſer Haus kamen, ſo fuͤrchteten ſie, ich moͤchte ſie ver-

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/215>, abgerufen am 26.11.2024.