der Russen. Ein dänischer Buchhalter machte, wie man erzählt, einmal einem Negernkönige seine Aufwartung, und bückte sich nach europäischer Sitte mit entblöstem Haupt zur Erde nieder. Der König glaubt in ihm einen wilden Affen zu ent- decken, der auf ihn zuspringen will, erhebt ein großes Geschrey, springt von seinem Sitze herun- ter, und stellt, um sicher zu seyn, seine Weiber zwischen sich und den Dänen, dessen Kleidung dem Auge des Königs Theile des Körpers sind. Nach langem Zureden von Seiten derer, welchen der Däne als ein Mensch bekannt war, läßt er sich endlich bewegen, von seiner Furcht abzuste- hen. Um ihn aber zu überzeugen, daß dieses Wunderthier wirklich ein Mensch sey, waren keine Vorstellungen hinlänglich: er muß sich da- von erst durch eigne Versuche überführen. Er befiehlt daher Speise und Trank herbeyzuschaffen, um zu sehen, ob das Wunderthier esse und trin- ke, und nachdem er dies gesehen hat, wagt er es endlich ihn der Probe des Betastens zu unterwer- fen, und ihn für einen wirklichen Menschen zu halten; aber, ruft er aus, er ist so weiß, wie der Teufel. --
So äußert sich der rohe Verstand. -- Wohl denen, die unter einem gebildeten Volke geboren, über diese Aeußerungen raisonniren können. -- Aber nicht das Geborenseyn in einem kultivirten
Lande
der Ruſſen. Ein daͤniſcher Buchhalter machte, wie man erzaͤhlt, einmal einem Negernkoͤnige ſeine Aufwartung, und buͤckte ſich nach europaͤiſcher Sitte mit entbloͤſtem Haupt zur Erde nieder. Der Koͤnig glaubt in ihm einen wilden Affen zu ent- decken, der auf ihn zuſpringen will, erhebt ein großes Geſchrey, ſpringt von ſeinem Sitze herun- ter, und ſtellt, um ſicher zu ſeyn, ſeine Weiber zwiſchen ſich und den Daͤnen, deſſen Kleidung dem Auge des Koͤnigs Theile des Koͤrpers ſind. Nach langem Zureden von Seiten derer, welchen der Daͤne als ein Menſch bekannt war, laͤßt er ſich endlich bewegen, von ſeiner Furcht abzuſte- hen. Um ihn aber zu uͤberzeugen, daß dieſes Wunderthier wirklich ein Menſch ſey, waren keine Vorſtellungen hinlaͤnglich: er muß ſich da- von erſt durch eigne Verſuche uͤberfuͤhren. Er befiehlt daher Speiſe und Trank herbeyzuſchaffen, um zu ſehen, ob das Wunderthier eſſe und trin- ke, und nachdem er dies geſehen hat, wagt er es endlich ihn der Probe des Betaſtens zu unterwer- fen, und ihn fuͤr einen wirklichen Menſchen zu halten; aber, ruft er aus, er iſt ſo weiß, wie der Teufel. —
So aͤußert ſich der rohe Verſtand. — Wohl denen, die unter einem gebildeten Volke geboren, uͤber dieſe Aeußerungen raiſonniren koͤnnen. — Aber nicht das Geborenſeyn in einem kultivirten
Lande
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der Ruſſen. Ein daͤniſcher Buchhalter machte,
wie man erzaͤhlt, einmal einem Negernkoͤnige ſeine
Aufwartung, und buͤckte ſich nach europaͤiſcher
Sitte mit entbloͤſtem Haupt zur Erde nieder. Der
Koͤnig glaubt in ihm einen wilden Affen zu ent-
decken, der auf ihn zuſpringen will, erhebt ein
großes Geſchrey, ſpringt von ſeinem Sitze herun-
ter, und ſtellt, um ſicher zu ſeyn, ſeine Weiber
zwiſchen ſich und den Daͤnen, deſſen Kleidung
dem Auge des Koͤnigs Theile des Koͤrpers ſind.
Nach langem Zureden von Seiten derer, welchen
der Daͤne als ein Menſch bekannt war, laͤßt er
ſich endlich bewegen, von ſeiner Furcht abzuſte-
hen. Um ihn aber zu uͤberzeugen, daß dieſes
Wunderthier wirklich ein Menſch ſey, waren
keine Vorſtellungen hinlaͤnglich: er muß ſich da-
von erſt durch eigne Verſuche uͤberfuͤhren. Er
befiehlt daher Speiſe und Trank herbeyzuſchaffen,
um zu ſehen, ob das Wunderthier eſſe und trin-
ke, und nachdem er dies geſehen hat, wagt er es
endlich ihn der Probe des Betaſtens zu unterwer-
fen, und ihn fuͤr einen wirklichen Menſchen zu
halten; aber, ruft er aus, er iſt ſo weiß, wie
der Teufel. —
So aͤußert ſich der rohe Verſtand. — Wohl
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uͤber dieſe Aeußerungen raiſonniren koͤnnen. —
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/182>, abgerufen am 25.11.2024.
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