Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Sieht, wie sie schöpferisch, des Lenzes Morgen-
strahlen,
Das Rosenangesicht Aurorens auszumahlen,
Jn Gluth den Pinsel taucht; wie sie zum bunten
Kreis
Der Jris, Edelstein aus Thau zu schmelzen
weiß.
Wie sie den blauen Schley'r, worin der Erdball
schwebet,
Aus Fäden schwarzer Nacht und lichten Aethers
webet:
Steigt, voll von Lehrbegier, bald in der Erden
Herz,
Bald legt er Flügel an und schwingt sich himmel-
wärts.
Geht unerschrocken nach ins Rüsthaus ihrer Waf-
fen,
Und sieht sie Hagel, Schnee, Sturm, Blitz
und Donner schaffen:
Durchschauet dann die Welt, wie alles voll, ge-
drängt,
Geordnet, Glied an Glied, eins an dem andern
hängt.
Sieht, wie im weiten Raum, an unsichtbaren
Seilen,
Jn unverrücktem Schwung die Mond' und Son-
nen eilen.

Folgt

Sieht, wie ſie ſchoͤpferiſch, des Lenzes Morgen-
ſtrahlen,
Das Roſenangeſicht Aurorens auszumahlen,
Jn Gluth den Pinſel taucht; wie ſie zum bunten
Kreis
Der Jris, Edelſtein aus Thau zu ſchmelzen
weiß.
Wie ſie den blauen Schley'r, worin der Erdball
ſchwebet,
Aus Faͤden ſchwarzer Nacht und lichten Aethers
webet:
Steigt, voll von Lehrbegier, bald in der Erden
Herz,
Bald legt er Fluͤgel an und ſchwingt ſich himmel-
waͤrts.
Geht unerſchrocken nach ins Ruͤſthaus ihrer Waf-
fen,
Und ſieht ſie Hagel, Schnee, Sturm, Blitz
und Donner ſchaffen:
Durchſchauet dann die Welt, wie alles voll, ge-
draͤngt,
Geordnet, Glied an Glied, eins an dem andern
haͤngt.
Sieht, wie im weiten Raum, an unſichtbaren
Seilen,
Jn unverruͤcktem Schwung die Mond' und Son-
nen eilen.

Folgt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <cit>
              <quote><pb facs="#f0165" n="141"/>
Sieht, wie &#x017F;ie &#x017F;cho&#x0364;pferi&#x017F;ch, des Lenzes Morgen-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;trahlen,</hi><lb/>
Das Ro&#x017F;enange&#x017F;icht Aurorens auszumahlen,<lb/>
Jn Gluth den Pin&#x017F;el taucht; wie &#x017F;ie zum bunten<lb/><hi rendition="#et">Kreis</hi><lb/>
Der Jris, Edel&#x017F;tein aus Thau zu &#x017F;chmelzen<lb/><hi rendition="#et">weiß.</hi><lb/>
Wie &#x017F;ie den blauen Schley'r, worin der Erdball<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chwebet,</hi><lb/>
Aus Fa&#x0364;den &#x017F;chwarzer Nacht und lichten Aethers<lb/><hi rendition="#et">webet:</hi><lb/>
Steigt, voll von Lehrbegier, bald in der Erden<lb/><hi rendition="#et">Herz,</hi><lb/>
Bald legt er Flu&#x0364;gel an und &#x017F;chwingt &#x017F;ich himmel-<lb/><hi rendition="#et">wa&#x0364;rts.</hi><lb/>
Geht uner&#x017F;chrocken nach ins Ru&#x0364;&#x017F;thaus ihrer Waf-<lb/><hi rendition="#et">fen,</hi><lb/>
Und &#x017F;ieht &#x017F;ie Hagel, Schnee, Sturm, Blitz<lb/><hi rendition="#et">und Donner &#x017F;chaffen:</hi><lb/>
Durch&#x017F;chauet dann die Welt, wie alles voll, ge-<lb/><hi rendition="#et">dra&#x0364;ngt,</hi><lb/>
Geordnet, Glied an Glied, eins an dem andern<lb/><hi rendition="#et">ha&#x0364;ngt.</hi><lb/>
Sieht, wie im weiten Raum, an un&#x017F;ichtbaren<lb/><hi rendition="#et">Seilen,</hi><lb/>
Jn unverru&#x0364;cktem Schwung die Mond' und Son-<lb/><hi rendition="#et">nen eilen.</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Folgt</fw><lb/></quote>
            </cit>
          </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0165] Sieht, wie ſie ſchoͤpferiſch, des Lenzes Morgen- ſtrahlen, Das Roſenangeſicht Aurorens auszumahlen, Jn Gluth den Pinſel taucht; wie ſie zum bunten Kreis Der Jris, Edelſtein aus Thau zu ſchmelzen weiß. Wie ſie den blauen Schley'r, worin der Erdball ſchwebet, Aus Faͤden ſchwarzer Nacht und lichten Aethers webet: Steigt, voll von Lehrbegier, bald in der Erden Herz, Bald legt er Fluͤgel an und ſchwingt ſich himmel- waͤrts. Geht unerſchrocken nach ins Ruͤſthaus ihrer Waf- fen, Und ſieht ſie Hagel, Schnee, Sturm, Blitz und Donner ſchaffen: Durchſchauet dann die Welt, wie alles voll, ge- draͤngt, Geordnet, Glied an Glied, eins an dem andern haͤngt. Sieht, wie im weiten Raum, an unſichtbaren Seilen, Jn unverruͤcktem Schwung die Mond' und Son- nen eilen. Folgt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/165
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/165>, abgerufen am 22.11.2024.