Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Ideen zu einer Kriminalpsychologie. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

öfters Spuren des Bösen gewahr werden lässt,
entdeckt auch in dem, was durchaus böse
erscheint, durch subtilere Auflösung Merk-
mahle des Guten, wenigstens in der Urquelle,
woraus es anfänglich entspringt. Wir finden
allenthalben -- den Menschen -- öfters nur
einen Schritt abgewichen von der Bahn, die
seine Natur ihm vorzeichnete; menschliche
Triebe, zuweilen nur in kleinem Missver-
hältniss zu ihren Genossen; edle Zwecke, nur
mit etwas unächtem Zusatze vermischt, oder
auf irrig gewählten Wegen verfolgt; herrliche
Kräfte, nur nicht ganz eigentlich in der
Sphäre, worin sie wirken könnten und soll-
ten. Die menschliche Natur behält auch bey
ihren grössten Verunstaltungen in der Person
des Bösewichtes Spuren ihrer eigenthümlichen
Erhabenheit, Würde und Schönheit, die nur
dem strengen Beobachter nicht unentdeckt
bleiben, die sein Gefühl der Achtung und

Lie-

öfters Spuren des Böſen gewahr werden läſst,
entdeckt auch in dem, was durchaus böſe
erſcheint, durch ſubtilere Auflöſung Merk-
mahle des Guten, wenigſtens in der Urquelle,
woraus es anfänglich entſpringt. Wir finden
allenthalben — den Menſchen — öfters nur
einen Schritt abgewichen von der Bahn, die
ſeine Natur ihm vorzeichnete; menſchliche
Triebe, zuweilen nur in kleinem Miſsver-
hältniſs zu ihren Genoſſen; edle Zwecke, nur
mit etwas unächtem Zuſatze vermiſcht, oder
auf irrig gewählten Wegen verfolgt; herrliche
Kräfte, nur nicht ganz eigentlich in der
Sphäre, worin ſie wirken könnten und ſoll-
ten. Die menſchliche Natur behält auch bey
ihren gröſsten Verunſtaltungen in der Perſon
des Böſewichtes Spuren ihrer eigenthümlichen
Erhabenheit, Würde und Schönheit, die nur
dem ſtrengen Beobachter nicht unentdeckt
bleiben, die ſein Gefühl der Achtung und

Lie-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0036" n="34"/>
öfters Spuren des Bö&#x017F;en gewahr werden lä&#x017F;st,<lb/>
entdeckt auch in dem, was durchaus bö&#x017F;e<lb/>
er&#x017F;cheint, durch &#x017F;ubtilere Auflö&#x017F;ung Merk-<lb/>
mahle des Guten, wenig&#x017F;tens in der Urquelle,<lb/>
woraus es anfänglich ent&#x017F;pringt. Wir finden<lb/>
allenthalben &#x2014; den Men&#x017F;chen &#x2014; öfters nur<lb/>
einen Schritt abgewichen von der Bahn, die<lb/>
&#x017F;eine Natur ihm vorzeichnete; men&#x017F;chliche<lb/>
Triebe, zuweilen nur in kleinem Mi&#x017F;sver-<lb/>
hältni&#x017F;s zu ihren Geno&#x017F;&#x017F;en; edle Zwecke, nur<lb/>
mit etwas unächtem Zu&#x017F;atze vermi&#x017F;cht, oder<lb/>
auf irrig gewählten Wegen verfolgt; herrliche<lb/>
Kräfte, nur nicht ganz eigentlich in der<lb/>
Sphäre, worin &#x017F;ie wirken könnten und &#x017F;oll-<lb/>
ten. Die men&#x017F;chliche Natur behält auch bey<lb/>
ihren grö&#x017F;sten Verun&#x017F;taltungen in der Per&#x017F;on<lb/>
des Bö&#x017F;ewichtes Spuren ihrer eigenthümlichen<lb/>
Erhabenheit, Würde und Schönheit, die nur<lb/>
dem &#x017F;trengen Beobachter nicht unentdeckt<lb/>
bleiben, die &#x017F;ein Gefühl der Achtung und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Lie-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0036] öfters Spuren des Böſen gewahr werden läſst, entdeckt auch in dem, was durchaus böſe erſcheint, durch ſubtilere Auflöſung Merk- mahle des Guten, wenigſtens in der Urquelle, woraus es anfänglich entſpringt. Wir finden allenthalben — den Menſchen — öfters nur einen Schritt abgewichen von der Bahn, die ſeine Natur ihm vorzeichnete; menſchliche Triebe, zuweilen nur in kleinem Miſsver- hältniſs zu ihren Genoſſen; edle Zwecke, nur mit etwas unächtem Zuſatze vermiſcht, oder auf irrig gewählten Wegen verfolgt; herrliche Kräfte, nur nicht ganz eigentlich in der Sphäre, worin ſie wirken könnten und ſoll- ten. Die menſchliche Natur behält auch bey ihren gröſsten Verunſtaltungen in der Perſon des Böſewichtes Spuren ihrer eigenthümlichen Erhabenheit, Würde und Schönheit, die nur dem ſtrengen Beobachter nicht unentdeckt bleiben, die ſein Gefühl der Achtung und Lie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_crimipsyche_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_crimipsyche_1792/36
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Ideen zu einer Kriminalpsychologie. Halle, 1792, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_crimipsyche_1792/36>, abgerufen am 24.11.2024.