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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Ideen zu einer Kriminalpsychologie. Halle, 1792.

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denn das Gelingen nicht unmöglich ist, so
fängt der weise Untersucher mit dem Bemü-
hen um das Vertrauen des Inquisiten sein sau-
res Geschäfft an.

Damit ihm aber sein Bemühen gelinge,
versucht er es

2) die dem Inquisiten so nahe liegende Vor-
stellung, dass der Inquisitor sein Gegner, sein
Feind sey, wegzuräumen.
So lange noch in
der Seele der Gedanke ist: "diese Person ar-
beitet deinen herzlichsten Wünschen entge-
gen, und ihr Interesse ist im graden Wider-
streit mit dem deinen," so lange ist Mistrauen
und Furcht in dem Herzen, und jeder Blick
und jedes Wort wird ängstlich gehütet,
damit sie uns nicht an den Gefürchteten
verrathen.

Um nun diese vor dem Herzen des Ange-
schuldigten sich lagernde Vorstellung, dass
der Richter sein Feind sey, zu vertreiben, be-
müht sich dieser

3) zu
B 5

denn das Gelingen nicht unmöglich iſt, ſo
fängt der weiſe Unterſucher mit dem Bemü-
hen um das Vertrauen des Inquiſiten ſein ſau-
res Geſchäfft an.

Damit ihm aber ſein Bemühen gelinge,
verſucht er es

2) die dem Inquiſiten ſo nahe liegende Vor-
ſtellung, daſs der Inquiſitor ſein Gegner, ſein
Feind ſey, wegzuräumen.
So lange noch in
der Seele der Gedanke iſt: „dieſe Perſon ar-
beitet deinen herzlichſten Wünſchen entge-
gen, und ihr Intereſſe iſt im graden Wider-
ſtreit mit dem deinen,“ ſo lange iſt Mistrauen
und Furcht in dem Herzen, und jeder Blick
und jedes Wort wird ängſtlich gehütet,
damit ſie uns nicht an den Gefürchteten
verrathen.

Um nun dieſe vor dem Herzen des Ange-
ſchuldigten ſich lagernde Vorſtellung, daſs
der Richter ſein Feind ſey, zu vertreiben, be-
müht ſich dieſer

3) zu
B 5
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[25/0027] denn das Gelingen nicht unmöglich iſt, ſo fängt der weiſe Unterſucher mit dem Bemü- hen um das Vertrauen des Inquiſiten ſein ſau- res Geſchäfft an. Damit ihm aber ſein Bemühen gelinge, verſucht er es 2) die dem Inquiſiten ſo nahe liegende Vor- ſtellung, daſs der Inquiſitor ſein Gegner, ſein Feind ſey, wegzuräumen. So lange noch in der Seele der Gedanke iſt: „dieſe Perſon ar- beitet deinen herzlichſten Wünſchen entge- gen, und ihr Intereſſe iſt im graden Wider- ſtreit mit dem deinen,“ ſo lange iſt Mistrauen und Furcht in dem Herzen, und jeder Blick und jedes Wort wird ängſtlich gehütet, damit ſie uns nicht an den Gefürchteten verrathen. Um nun dieſe vor dem Herzen des Ange- ſchuldigten ſich lagernde Vorſtellung, daſs der Richter ſein Feind ſey, zu vertreiben, be- müht ſich dieſer 3) zu B 5

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Ideen zu einer Kriminalpsychologie. Halle, 1792, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_crimipsyche_1792/27>, abgerufen am 21.11.2024.