Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

reitend dargestellt. - Auf dem Schnellerts in Hessendarmstadt kräht ein geisterhafter Hahn.1) Wenn am Morgen der Hahn kräht, verschwinden die Spukgeister und Hexen,2) endet die Gewalt der bösen Finsterniss und es herrscht wieder das siegreiche Licht. Zu Frankfurt a. M. auf der Sachsenhauser Brücke steht ein goldener Hahn zum Wahrzeichen, dass der Baumeister der Brücke den Teufel, welcher für ihn in der Nacht hatte die Brücke vollenden müssen, und sich dafür das erste darüber gehende lebende Wesen zum Lohne ausbedungen hatte, durch einen vor sich hergetriebenen Hahn überlistete.3) Eine ähnliche Sage wird von der Erbauung der Reusbrücke erzählt, nur wird hier der Teufel durch eine Gemse betrogen.4) Diese Teufelssagen erinnern an die isländische Sage bei Maurer, isländische Volkssagen, S. 117, von dem Zauberer Thorleifr, welcher sich dem Teufel unter der Bedingung ergeben hatte, dass er ihm zuvor noch drei Wünsche währe; durch diese bannte er den Teufel in einen Sack und prügelte ihn durch, bis er davon fuhr. - In Böhmen hatte der als Jüngling dargestellte St. Veit in der Regel einen Hahn neben sich und das böhmische Landvolk brachte bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts dem Heiligen an seinem Gedächtnisstage (15. Juni) in dem Dome zu Prag einen Hahn dar. Auch dem böhmischen Swantewit (nach Stöber, Sagen des Elsasses, St. Gallen 1858, S. 245 vergl. mit S. 259, das heilige Licht) soll der Hahn heilig gewesen sein. Der heilende St. Veit könnte eine Umgestaltung des Heilgottes Asklepios sein und der Hahn, welcher sich zugleich mit dem eröffnenden Schlüssel berührt, der Heilschlange gleichstehen. Im untern Elsass zu Hürtigheim werden dem h. Veit noch jetzt schwarze Hennen geopfert, damit die Kinder von den Gichtern befreiet werden.5) Im Dunzenbruch, d. h. auf den diesen Waldhügel bedeckenden Wurzelstöcken alter

1) Wolf, hessische Sagen, Nr. 9.
2) Wolf, Zeitschrift für deutsche Mythol., I. S. 22 und 300.
3) Grimm, deutsche Sagen, I. Nr. 185.
4) Grimm, I. Nr. 336.
5) Wolf, Zeitschrift, I. S. 407.

reitend dargestellt. – Auf dem Schnellerts in Hessendarmstadt kräht ein geisterhafter Hahn.1) Wenn am Morgen der Hahn kräht, verschwinden die Spukgeister und Hexen,2) endet die Gewalt der bösen Finsterniss und es herrscht wieder das siegreiche Licht. Zu Frankfurt a. M. auf der Sachsenhauser Brücke steht ein goldener Hahn zum Wahrzeichen, dass der Baumeister der Brücke den Teufel, welcher für ihn in der Nacht hatte die Brücke vollenden müssen, und sich dafür das erste darüber gehende lebende Wesen zum Lohne ausbedungen hatte, durch einen vor sich hergetriebenen Hahn überlistete.3) Eine ähnliche Sage wird von der Erbauung der Reusbrücke erzählt, nur wird hier der Teufel durch eine Gemse betrogen.4) Diese Teufelssagen erinnern an die isländische Sage bei Maurer, isländische Volkssagen, S. 117, von dem Zauberer Thorleifr, welcher sich dem Teufel unter der Bedingung ergeben hatte, dass er ihm zuvor noch drei Wünsche währe; durch diese bannte er den Teufel in einen Sack und prügelte ihn durch, bis er davon fuhr. – In Böhmen hatte der als Jüngling dargestellte St. Veit in der Regel einen Hahn neben sich und das böhmische Landvolk brachte bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts dem Heiligen an seinem Gedächtnisstage (15. Juni) in dem Dome zu Prag einen Hahn dar. Auch dem böhmischen Swantewit (nach Stöber, Sagen des Elsasses, St. Gallen 1858, S. 245 vergl. mit S. 259, das heilige Licht) soll der Hahn heilig gewesen sein. Der heilende St. Veit könnte eine Umgestaltung des Heilgottes Asklepios sein und der Hahn, welcher sich zugleich mit dem eröffnenden Schlüssel berührt, der Heilschlange gleichstehen. Im untern Elsass zu Hürtigheim werden dem h. Veit noch jetzt schwarze Hennen geopfert, damit die Kinder von den Gichtern befreiet werden.5) Im Dunzenbruch, d. h. auf den diesen Waldhügel bedeckenden Wurzelstöcken alter

1) Wolf, hessische Sagen, Nr. 9.
2) Wolf, Zeitschrift für deutsche Mythol., I. S. 22 und 300.
3) Grimm, deutsche Sagen, I. Nr. 185.
4) Grimm, I. Nr. 336.
5) Wolf, Zeitschrift, I. S. 407.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0079" n="59"/>
reitend dargestellt. &#x2013; Auf dem Schnellerts in Hessendarmstadt kräht ein geisterhafter Hahn.<note place="foot" n="1)">Wolf, hessische Sagen, Nr. 9.<lb/></note> Wenn am Morgen der Hahn kräht, verschwinden die Spukgeister und Hexen,<note place="foot" n="2)">Wolf, Zeitschrift für deutsche Mythol., I. S. 22 und 300.<lb/></note> endet die Gewalt der bösen Finsterniss und es herrscht wieder das siegreiche Licht. Zu Frankfurt a. M. auf der Sachsenhauser Brücke steht ein goldener Hahn zum Wahrzeichen, dass der Baumeister der Brücke den Teufel, welcher für ihn in der Nacht hatte die Brücke vollenden müssen, und sich dafür das erste darüber gehende lebende Wesen zum Lohne ausbedungen hatte, durch einen vor sich hergetriebenen Hahn überlistete.<note place="foot" n="3)">Grimm, deutsche Sagen, I. Nr. 185.<lb/></note> Eine ähnliche Sage wird von der Erbauung der Reusbrücke erzählt, nur wird hier der Teufel durch eine Gemse betrogen.<note place="foot" n="4)">Grimm, I. Nr. 336.<lb/></note> Diese Teufelssagen erinnern an die isländische Sage bei Maurer, isländische Volkssagen, S. 117, von dem Zauberer Thorleifr, welcher sich dem Teufel unter der Bedingung ergeben hatte, dass er ihm zuvor noch drei Wünsche währe; durch diese bannte er den Teufel in einen Sack und prügelte ihn durch, bis er davon fuhr.  &#x2013; In Böhmen hatte der als Jüngling dargestellte St. Veit in der Regel einen Hahn neben sich und das böhmische Landvolk brachte bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts dem Heiligen an seinem Gedächtnisstage (15. Juni) in dem Dome zu Prag einen Hahn dar. Auch dem böhmischen Swantewit (nach Stöber, Sagen des Elsasses, St. Gallen 1858, S. 245 vergl. mit S. 259, das heilige Licht) soll der Hahn heilig gewesen sein. Der heilende St. Veit könnte eine Umgestaltung des Heilgottes Asklepios sein und der Hahn, welcher sich zugleich mit dem eröffnenden Schlüssel berührt, der Heilschlange gleichstehen. Im untern Elsass zu Hürtigheim werden dem h. Veit noch jetzt schwarze Hennen geopfert, damit die Kinder von den Gichtern befreiet werden.<note place="foot" n="5)">Wolf, Zeitschrift, I. S. 407.</note> Im Dunzenbruch, d. h. auf den diesen Waldhügel bedeckenden Wurzelstöcken alter
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0079] reitend dargestellt. – Auf dem Schnellerts in Hessendarmstadt kräht ein geisterhafter Hahn. 1) Wenn am Morgen der Hahn kräht, verschwinden die Spukgeister und Hexen, 2) endet die Gewalt der bösen Finsterniss und es herrscht wieder das siegreiche Licht. Zu Frankfurt a. M. auf der Sachsenhauser Brücke steht ein goldener Hahn zum Wahrzeichen, dass der Baumeister der Brücke den Teufel, welcher für ihn in der Nacht hatte die Brücke vollenden müssen, und sich dafür das erste darüber gehende lebende Wesen zum Lohne ausbedungen hatte, durch einen vor sich hergetriebenen Hahn überlistete. 3) Eine ähnliche Sage wird von der Erbauung der Reusbrücke erzählt, nur wird hier der Teufel durch eine Gemse betrogen. 4) Diese Teufelssagen erinnern an die isländische Sage bei Maurer, isländische Volkssagen, S. 117, von dem Zauberer Thorleifr, welcher sich dem Teufel unter der Bedingung ergeben hatte, dass er ihm zuvor noch drei Wünsche währe; durch diese bannte er den Teufel in einen Sack und prügelte ihn durch, bis er davon fuhr. – In Böhmen hatte der als Jüngling dargestellte St. Veit in der Regel einen Hahn neben sich und das böhmische Landvolk brachte bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts dem Heiligen an seinem Gedächtnisstage (15. Juni) in dem Dome zu Prag einen Hahn dar. Auch dem böhmischen Swantewit (nach Stöber, Sagen des Elsasses, St. Gallen 1858, S. 245 vergl. mit S. 259, das heilige Licht) soll der Hahn heilig gewesen sein. Der heilende St. Veit könnte eine Umgestaltung des Heilgottes Asklepios sein und der Hahn, welcher sich zugleich mit dem eröffnenden Schlüssel berührt, der Heilschlange gleichstehen. Im untern Elsass zu Hürtigheim werden dem h. Veit noch jetzt schwarze Hennen geopfert, damit die Kinder von den Gichtern befreiet werden. 5) Im Dunzenbruch, d. h. auf den diesen Waldhügel bedeckenden Wurzelstöcken alter 1) Wolf, hessische Sagen, Nr. 9. 2) Wolf, Zeitschrift für deutsche Mythol., I. S. 22 und 300. 3) Grimm, deutsche Sagen, I. Nr. 185. 4) Grimm, I. Nr. 336. 5) Wolf, Zeitschrift, I. S. 407.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/79
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/79>, abgerufen am 25.11.2024.