Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.dunklen und künstlich erleuchteten Orten möchte man kaum anders als für den Ueberrest, für die griechische Gestaltung des geheimen ägyptischen Priesterdienstes ansehen können. Nach ägyptischem (wie nach indischem) Begriffe ist Gott der Verborgene (Amun), der Unsichtbare, der Unerforschliche und Unnahbare,1) und um dieses symbolisch anzudeuten, werden die Götterbilder, die göttlichen Symbole an dem verborgensten und dunkelsten Orte des Tempels aufgestellt, ohne dass das Allerheiligste von der Masse der Gläubigen betreten werden durfte, und selbst den Priestern oft nur zu bestimmten Zeiten zugänglich. Das Allerheiligste ist das (mit Ketten) verschlossene Allerdunkelste, wie dieses an dem in dieser Rücksicht ganz ägyptisch eingerichteten Allerheiligsten des salomonischen Tempels zu erkennen ist.2) An die goldenen Ketten, welche an dem Allerheiligsten des salomonischen Tempels herabhingen, erinnern auch die goldene Kette, welche von dem schimmernden Dache des ältesten Tempels zu Upsala herabhing und den ganzen Bau umgab, wie überhaupt der Tempel zu Upsala gleich dem salomonischen von Gold erglänzt haben soll. Upsala heisst buchstäblich die Stadt des Tempels.3) Nach Mannhardt, germanische Mythen, S. 675, soll die goldene Kette am Tempel zu Upsala ein Symbol des Nornenseiles gewesen sein, wie sich bei demselben auch ein immergrüner Baum und ein Brunnen befunden habe als Symbol der Esche Yggdrasil und des Urdarbrunnens. Schnaase behauptet dagegen (IV. 2, S. 435), es sei jetzt allgemein anerkannt, dass der sogenannte Odinstempel bei Upsala, ein von grossen rohen Steinen aufgeführtes schlichtes Gebäude, nicht aus heidnischer Zeit stamme. - Der Grundgedanke des ägyptischen Tempels, womit in jener höchst auffallenden und merkwürdigen Weise die unter allen Umständen der Zeit nach jüngern indischen Tempel oder Pagoden übereinstimmen, ist der, 1) Vergl. Knötel, Cheops der Pyramidenerbauer, Leipzig 1861, S. 116. 2) Symbolik, II. S, 141 ff. 3) Leinburg, Hausschatz der schwedischen Poesie, III.(Leipzig 1860), S. 324.
dunklen und künstlich erleuchteten Orten möchte man kaum anders als für den Ueberrest, für die griechische Gestaltung des geheimen ägyptischen Priesterdienstes ansehen können. Nach ägyptischem (wie nach indischem) Begriffe ist Gott der Verborgene (Amun), der Unsichtbare, der Unerforschliche und Unnahbare,1) und um dieses symbolisch anzudeuten, werden die Götterbilder, die göttlichen Symbole an dem verborgensten und dunkelsten Orte des Tempels aufgestellt, ohne dass das Allerheiligste von der Masse der Gläubigen betreten werden durfte, und selbst den Priestern oft nur zu bestimmten Zeiten zugänglich. Das Allerheiligste ist das (mit Ketten) verschlossene Allerdunkelste, wie dieses an dem in dieser Rücksicht ganz ägyptisch eingerichteten Allerheiligsten des salomonischen Tempels zu erkennen ist.2) An die goldenen Ketten, welche an dem Allerheiligsten des salomonischen Tempels herabhingen, erinnern auch die goldene Kette, welche von dem schimmernden Dache des ältesten Tempels zu Upsala herabhing und den ganzen Bau umgab, wie überhaupt der Tempel zu Upsala gleich dem salomonischen von Gold erglänzt haben soll. Upsala heisst buchstäblich die Stadt des Tempels.3) Nach Mannhardt, germanische Mythen, S. 675, soll die goldene Kette am Tempel zu Upsala ein Symbol des Nornenseiles gewesen sein, wie sich bei demselben auch ein immergrüner Baum und ein Brunnen befunden habe als Symbol der Esche Yggdrasil und des Urdarbrunnens. Schnaase behauptet dagegen (IV. 2, S. 435), es sei jetzt allgemein anerkannt, dass der sogenannte Odinstempel bei Upsala, ein von grossen rohen Steinen aufgeführtes schlichtes Gebäude, nicht aus heidnischer Zeit stamme. – Der Grundgedanke des ägyptischen Tempels, womit in jener höchst auffallenden und merkwürdigen Weise die unter allen Umständen der Zeit nach jüngern indischen Tempel oder Pagoden übereinstimmen, ist der, 1) Vergl. Knötel, Cheops der Pyramidenerbauer, Leipzig 1861, S. 116. 2) Symbolik, II. S, 141 ff. 3) Leinburg, Hausschatz der schwedischen Poesie, III.(Leipzig 1860), S. 324.
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dunklen und künstlich erleuchteten Orten möchte man kaum anders als für den Ueberrest, für die griechische Gestaltung des geheimen ägyptischen Priesterdienstes ansehen können. Nach ägyptischem (wie nach indischem) Begriffe ist Gott der Verborgene (Amun), der Unsichtbare, der Unerforschliche und Unnahbare, 1) und um dieses symbolisch anzudeuten, werden die Götterbilder, die göttlichen Symbole an dem verborgensten und dunkelsten Orte des Tempels aufgestellt, ohne dass das Allerheiligste von der Masse der Gläubigen betreten werden durfte, und selbst den Priestern oft nur zu bestimmten Zeiten zugänglich. Das Allerheiligste ist das (mit Ketten) verschlossene Allerdunkelste, wie dieses an dem in dieser Rücksicht ganz ägyptisch eingerichteten Allerheiligsten des salomonischen Tempels zu erkennen ist. 2) An die goldenen Ketten, welche an dem Allerheiligsten des salomonischen Tempels herabhingen, erinnern auch die goldene Kette, welche von dem schimmernden Dache des ältesten Tempels zu Upsala herabhing und den ganzen Bau umgab, wie überhaupt der Tempel zu Upsala gleich dem salomonischen von Gold erglänzt haben soll. Upsala heisst buchstäblich die Stadt des Tempels. 3) Nach Mannhardt, germanische Mythen, S. 675, soll die goldene Kette am Tempel zu Upsala ein Symbol des Nornenseiles gewesen sein, wie sich bei demselben auch ein immergrüner Baum und ein Brunnen befunden habe als Symbol der Esche Yggdrasil und des Urdarbrunnens. Schnaase behauptet dagegen (IV. 2, S. 435), es sei jetzt allgemein anerkannt, dass der sogenannte Odinstempel bei Upsala, ein von grossen rohen Steinen aufgeführtes schlichtes Gebäude, nicht aus heidnischer Zeit stamme. – Der Grundgedanke des ägyptischen Tempels, womit in jener höchst auffallenden und merkwürdigen Weise die unter allen Umständen der Zeit nach jüngern indischen Tempel oder Pagoden übereinstimmen, ist der,
1) Vergl. Knötel, Cheops der Pyramidenerbauer, Leipzig 1861, S. 116.
2) Symbolik, II. S, 141 ff.
3) Leinburg, Hausschatz der schwedischen Poesie, III.(Leipzig 1860), S. 324.
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/65>, abgerufen am 16.02.2025. |