Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.erobernden Schwertes nach dem rechtrheinischen Deutschland Eingang gefunden haben, nämlich durch das linkrheinische, - durch die deutschen Rheinlande. Anscheinend gilt dieses vielleicht als eine höchst unnöthige, weil unbestrittene oder doch kaum zu bestreitende Behauptung: allein was man auf dem Gebiete der Politik und des, Rechtes zugibt, bestreitet man bezüglich der wirklichen und symbolischen Baukunst. Die deutschen Rheinländer sind insofern auch an Geist, Beweglichkeit und Regsamkeit die deutschen Franzosen, als sie zwischen Frankreich und Deutschland in Land und Leuten, in Sprache und Sitten, in Recht und Gesetz das Uebergangs- und Durchgangsland bilden und als Grenzwächter nicht schlafen, sondern wachen und wo es sein kann und darf, auch freundlich mit ihren Grenznachbarn sich unterreden und, mit ihnen verkehren. Nach dem Sturze der napoleonischen Herrschaft verlangten die Rheinlande dennoch mit unerschütterlicher Festigkeit die Beibehaltung der frühern französischen Einrichtungen und Gesetzgebungen, so dass diese nicht allein fortbestehen durften, sondern auch die rechtrheinischen Einrichtungen und Gesetzgebungen nach ihnen abgeändert und mit ihnen in Uebereinstimmung entweder schon gebracht wurden oder noch werden werden. Der nordfranzösische (Gesetzes-) Styl ist hier zum leider wiederholten Male nach Deutschland eingedrungen, wobei zu allen Zeiten aber der letzte und wesentlichste Grund des Eindringens des französischen (römischen) Styls und Gesittung der Mangel an jedem guten Style und an höherer Gesittung auf der rechtrheinischen Seite Deutschlands gewesen ist, da das Licht nur die Finsterniss zu erleuchten oder nur im noch leeren Raume ein anderer Gegenstand Aufnahme finden kann. Die Germanen, die Deutschen waren gleichsam die tabula rasa, die Wachsschreibtafel, welche die römisch-gallischen Lehrer, die Römer und romanischen Gallier überschreiben mussten. Was aber in unsern hochgebildeten und hochberühmten Tagen möglich war, musste im Anfange der germanischen und der deutschen Geschichte noch weit möglicher gewesen sein. Wie über der Rheinbrücke von Cöln nach Deutz sofort eine neue rein deutsche oder deutschere, erobernden Schwertes nach dem rechtrheinischen Deutschland Eingang gefunden haben, nämlich durch das linkrheinische, – durch die deutschen Rheinlande. Anscheinend gilt dieses vielleicht als eine höchst unnöthige, weil unbestrittene oder doch kaum zu bestreitende Behauptung: allein was man auf dem Gebiete der Politik und des, Rechtes zugibt, bestreitet man bezüglich der wirklichen und symbolischen Baukunst. Die deutschen Rheinländer sind insofern auch an Geist, Beweglichkeit und Regsamkeit die deutschen Franzosen, als sie zwischen Frankreich und Deutschland in Land und Leuten, in Sprache und Sitten, in Recht und Gesetz das Uebergangs- und Durchgangsland bilden und als Grenzwächter nicht schlafen, sondern wachen und wo es sein kann und darf, auch freundlich mit ihren Grenznachbarn sich unterreden und, mit ihnen verkehren. Nach dem Sturze der napoleonischen Herrschaft verlangten die Rheinlande dennoch mit unerschütterlicher Festigkeit die Beibehaltung der frühern französischen Einrichtungen und Gesetzgebungen, so dass diese nicht allein fortbestehen durften, sondern auch die rechtrheinischen Einrichtungen und Gesetzgebungen nach ihnen abgeändert und mit ihnen in Uebereinstimmung entweder schon gebracht wurden oder noch werden werden. Der nordfranzösische (Gesetzes-) Styl ist hier zum leider wiederholten Male nach Deutschland eingedrungen, wobei zu allen Zeiten aber der letzte und wesentlichste Grund des Eindringens des französischen (römischen) Styls und Gesittung der Mangel an jedem guten Style und an höherer Gesittung auf der rechtrheinischen Seite Deutschlands gewesen ist, da das Licht nur die Finsterniss zu erleuchten oder nur im noch leeren Raume ein anderer Gegenstand Aufnahme finden kann. Die Germanen, die Deutschen waren gleichsam die tabula rasa, die Wachsschreibtafel, welche die römisch-gallischen Lehrer, die Römer und romanischen Gallier überschreiben mussten. Was aber in unsern hochgebildeten und hochberühmten Tagen möglich war, musste im Anfange der germanischen und der deutschen Geschichte noch weit möglicher gewesen sein. Wie über der Rheinbrücke von Cöln nach Deutz sofort eine neue rein deutsche oder deutschere, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0624" n="604"/> erobernden Schwertes nach dem rechtrheinischen Deutschland Eingang gefunden haben, nämlich durch das linkrheinische, – durch die deutschen Rheinlande. Anscheinend gilt dieses vielleicht als eine höchst unnöthige, weil unbestrittene oder doch kaum zu bestreitende Behauptung: allein was man auf dem Gebiete der Politik und des, Rechtes zugibt, bestreitet man bezüglich der wirklichen und symbolischen Baukunst. Die deutschen Rheinländer sind insofern auch an Geist, Beweglichkeit und Regsamkeit die deutschen Franzosen, als sie zwischen Frankreich und Deutschland in Land und Leuten, in Sprache und Sitten, in Recht und Gesetz das Uebergangs- und Durchgangsland bilden und als Grenzwächter nicht schlafen, sondern wachen und wo es sein kann und darf, auch freundlich mit ihren Grenznachbarn sich unterreden und, mit ihnen verkehren. Nach dem Sturze der napoleonischen Herrschaft verlangten die Rheinlande dennoch mit unerschütterlicher Festigkeit die Beibehaltung der frühern französischen Einrichtungen und Gesetzgebungen, so dass diese nicht allein fortbestehen durften, sondern auch die rechtrheinischen Einrichtungen und Gesetzgebungen nach ihnen abgeändert und mit ihnen in Uebereinstimmung entweder schon gebracht wurden oder noch werden werden. Der nordfranzösische (Gesetzes-) Styl ist hier zum leider wiederholten Male nach Deutschland eingedrungen, wobei zu allen Zeiten aber der letzte und wesentlichste Grund des Eindringens des französischen (römischen) Styls und Gesittung der Mangel an jedem guten Style und an höherer Gesittung auf der rechtrheinischen Seite Deutschlands gewesen ist, da das Licht nur die Finsterniss zu erleuchten oder nur im noch leeren Raume ein anderer Gegenstand Aufnahme finden kann. Die Germanen, die Deutschen waren gleichsam die tabula rasa, die Wachsschreibtafel, welche die römisch-gallischen Lehrer, die Römer und romanischen Gallier überschreiben mussten. Was aber in unsern hochgebildeten und hochberühmten Tagen möglich war, musste im Anfange der germanischen und der deutschen Geschichte noch weit möglicher gewesen sein. Wie über der Rheinbrücke von Cöln nach Deutz sofort eine neue rein deutsche oder deutschere,</p> </div> </body> </text> </TEI> [604/0624]
erobernden Schwertes nach dem rechtrheinischen Deutschland Eingang gefunden haben, nämlich durch das linkrheinische, – durch die deutschen Rheinlande. Anscheinend gilt dieses vielleicht als eine höchst unnöthige, weil unbestrittene oder doch kaum zu bestreitende Behauptung: allein was man auf dem Gebiete der Politik und des, Rechtes zugibt, bestreitet man bezüglich der wirklichen und symbolischen Baukunst. Die deutschen Rheinländer sind insofern auch an Geist, Beweglichkeit und Regsamkeit die deutschen Franzosen, als sie zwischen Frankreich und Deutschland in Land und Leuten, in Sprache und Sitten, in Recht und Gesetz das Uebergangs- und Durchgangsland bilden und als Grenzwächter nicht schlafen, sondern wachen und wo es sein kann und darf, auch freundlich mit ihren Grenznachbarn sich unterreden und, mit ihnen verkehren. Nach dem Sturze der napoleonischen Herrschaft verlangten die Rheinlande dennoch mit unerschütterlicher Festigkeit die Beibehaltung der frühern französischen Einrichtungen und Gesetzgebungen, so dass diese nicht allein fortbestehen durften, sondern auch die rechtrheinischen Einrichtungen und Gesetzgebungen nach ihnen abgeändert und mit ihnen in Uebereinstimmung entweder schon gebracht wurden oder noch werden werden. Der nordfranzösische (Gesetzes-) Styl ist hier zum leider wiederholten Male nach Deutschland eingedrungen, wobei zu allen Zeiten aber der letzte und wesentlichste Grund des Eindringens des französischen (römischen) Styls und Gesittung der Mangel an jedem guten Style und an höherer Gesittung auf der rechtrheinischen Seite Deutschlands gewesen ist, da das Licht nur die Finsterniss zu erleuchten oder nur im noch leeren Raume ein anderer Gegenstand Aufnahme finden kann. Die Germanen, die Deutschen waren gleichsam die tabula rasa, die Wachsschreibtafel, welche die römisch-gallischen Lehrer, die Römer und romanischen Gallier überschreiben mussten. Was aber in unsern hochgebildeten und hochberühmten Tagen möglich war, musste im Anfange der germanischen und der deutschen Geschichte noch weit möglicher gewesen sein. Wie über der Rheinbrücke von Cöln nach Deutz sofort eine neue rein deutsche oder deutschere,
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/624>, abgerufen am 16.07.2024. |