Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

mit einer Treppe von 7 - 8 Stufen am Ende der Colonnade. Auch in der Pagode zu Kandjeveram befindet sich ein Säulenraum von 1000 Säulen und diese grossen Säle sollen nach Romberg und Steger, I. S. 54 a, bestimmt gewesen sein, um darin bei den grossen Processionen mit dem Götterbilde Halt zu machen und auszuruhen. Wenn zwischen der indischen und der ägyptischen Baukunst ein vorbildlicher Zusammenhang bestehen sollte, dann muss zu einer Zeit, worüber wir keine Nachrichten mehr besitzen, die ältere ägyptische Baukunst nach dem jüngeren indischen Lande getragen worden sein; nicht umgekehrt, wie Romberg und Steger glauben und als die Strasse aus Indien nach Aegypten diejenige über Meroe bezeichnen. Auch den ägyptischen Pylonen ähnliche Thorzugänge werden bei den indischen Pagoden angetroffen, z. B. zu Chalambron, auf der kleinen Insel Ramiseram (Ramisura1)). Selbst darin kommen die Inder mit den Aegyptern überein, dass sie die äussern Wände der Pagoden mit Basreliefs und andern Ornamenten, auch Malereien wahrhaft überladen, und überhaupt die Sculptur bei ihnen die Baukunst fast beherrscht und überwiegt. Ferner lieben Inder und Aegypter gleichmässig die Monolithen, das Kolossale, die kolossalen Steinfiguren der Götter und Thiere. Die scheinbare oder absichtliche Unregelmässigkeit der indischen und ägyptischen heiligen Gebäude erklären Romberg und Steger, I. S. 49 b, mit Langes, monuments anciens et modernes de l'Hindostan, tome II, aus der symbolischen, auch bei den Mahommedanern erscheinenden Absicht, die Unvollkommenheit aller menschlichen Werke anzudeuten. In dem gleichen Sinne sitzt in dem Tempel zu Boro-Dudor auf Java oben in dem krönenden Sanctuarium das unvollendete Bild Buddha's, wie Ida Pfeiffer, meine zweite Weltreise, II (Wien 1856), S. 115, berichtet. - Das Ueberraschendste ist jedoch, dass sich auch die ägyptische und maurerische Schürze2) als das gewöhnliche einzige Kleid der Götter- und Tempelfiguren in Indien findet, worüber man z. B. die bei Romberg und

1) Romberg und Steger, I. S. 52.
2) Symbolik, I. S. 71 ff.

mit einer Treppe von 7 – 8 Stufen am Ende der Colonnade. Auch in der Pagode zu Kandjeveram befindet sich ein Säulenraum von 1000 Säulen und diese grossen Säle sollen nach Romberg und Steger, I. S. 54 a, bestimmt gewesen sein, um darin bei den grossen Processionen mit dem Götterbilde Halt zu machen und auszuruhen. Wenn zwischen der indischen und der ägyptischen Baukunst ein vorbildlicher Zusammenhang bestehen sollte, dann muss zu einer Zeit, worüber wir keine Nachrichten mehr besitzen, die ältere ägyptische Baukunst nach dem jüngeren indischen Lande getragen worden sein; nicht umgekehrt, wie Romberg und Steger glauben und als die Strasse aus Indien nach Aegypten diejenige über Meroe bezeichnen. Auch den ägyptischen Pylonen ähnliche Thorzugänge werden bei den indischen Pagoden angetroffen, z. B. zu Chalambron, auf der kleinen Insel Ramiseram (Ramisura1)). Selbst darin kommen die Inder mit den Aegyptern überein, dass sie die äussern Wände der Pagoden mit Basreliefs und andern Ornamenten, auch Malereien wahrhaft überladen, und überhaupt die Sculptur bei ihnen die Baukunst fast beherrscht und überwiegt. Ferner lieben Inder und Aegypter gleichmässig die Monolithen, das Kolossale, die kolossalen Steinfiguren der Götter und Thiere. Die scheinbare oder absichtliche Unregelmässigkeit der indischen und ägyptischen heiligen Gebäude erklären Romberg und Steger, I. S. 49 b, mit Langés, monuments anciens et modernes de l’Hindostan, tome II, aus der symbolischen, auch bei den Mahommedanern erscheinenden Absicht, die Unvollkommenheit aller menschlichen Werke anzudeuten. In dem gleichen Sinne sitzt in dem Tempel zu Boro-Dudor auf Java oben in dem krönenden Sanctuarium das unvollendete Bild Buddha’s, wie Ida Pfeiffer, meine zweite Weltreise, II (Wien 1856), S. 115, berichtet. – Das Ueberraschendste ist jedoch, dass sich auch die ägyptische und maurerische Schürze2) als das gewöhnliche einzige Kleid der Götter- und Tempelfiguren in Indien findet, worüber man z. B. die bei Romberg und

1) Romberg und Steger, I. S. 52.
2) Symbolik, I. S. 71 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0048" n="28"/>
mit einer Treppe von 7 &#x2013; 8 Stufen am Ende der Colonnade. Auch in der Pagode zu Kandjeveram befindet sich ein Säulenraum von 1000 Säulen und diese grossen Säle sollen nach Romberg und Steger, I. S. 54 a, bestimmt gewesen sein, um darin bei den grossen Processionen mit dem Götterbilde Halt zu machen und auszuruhen. Wenn zwischen der indischen und der ägyptischen Baukunst ein vorbildlicher Zusammenhang bestehen sollte, dann muss zu einer Zeit, worüber wir keine Nachrichten mehr besitzen, die <hi rendition="#g">ältere</hi> ägyptische Baukunst nach dem jüngeren <hi rendition="#g">indischen</hi> Lande getragen worden sein; nicht umgekehrt, wie Romberg und Steger glauben und als die Strasse aus Indien nach Aegypten diejenige über Meroe bezeichnen. Auch den ägyptischen Pylonen ähnliche Thorzugänge werden bei den indischen Pagoden angetroffen, z. B. zu Chalambron, auf der kleinen Insel Ramiseram (Ramisura<note place="foot" n="1)">Romberg und Steger, I. S. 52.<lb/></note>). Selbst darin kommen die Inder mit den Aegyptern überein, dass sie die äussern Wände der Pagoden mit Basreliefs und andern Ornamenten, auch Malereien wahrhaft überladen, und überhaupt die Sculptur bei ihnen die Baukunst fast beherrscht und überwiegt. Ferner lieben Inder und Aegypter gleichmässig die Monolithen, das Kolossale, die kolossalen Steinfiguren der Götter und Thiere. Die scheinbare oder absichtliche Unregelmässigkeit der indischen und ägyptischen heiligen Gebäude erklären Romberg und Steger, I. S. 49 b, mit Langés, monuments anciens et modernes de l&#x2019;Hindostan, tome II, aus der symbolischen, auch bei den Mahommedanern erscheinenden Absicht, die Unvollkommenheit aller menschlichen Werke anzudeuten. In dem gleichen Sinne sitzt in dem Tempel zu Boro-Dudor auf Java oben in dem krönenden Sanctuarium das unvollendete Bild Buddha&#x2019;s, wie Ida Pfeiffer, meine zweite Weltreise, II (Wien 1856), S. 115, berichtet. &#x2013; Das Ueberraschendste ist jedoch, dass sich auch die ägyptische und maurerische Schürze<note place="foot" n="2)">Symbolik, I. S. 71 ff.</note> als das gewöhnliche einzige Kleid der Götter- und Tempelfiguren in Indien findet, worüber man z. B. die bei Romberg und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0048] mit einer Treppe von 7 – 8 Stufen am Ende der Colonnade. Auch in der Pagode zu Kandjeveram befindet sich ein Säulenraum von 1000 Säulen und diese grossen Säle sollen nach Romberg und Steger, I. S. 54 a, bestimmt gewesen sein, um darin bei den grossen Processionen mit dem Götterbilde Halt zu machen und auszuruhen. Wenn zwischen der indischen und der ägyptischen Baukunst ein vorbildlicher Zusammenhang bestehen sollte, dann muss zu einer Zeit, worüber wir keine Nachrichten mehr besitzen, die ältere ägyptische Baukunst nach dem jüngeren indischen Lande getragen worden sein; nicht umgekehrt, wie Romberg und Steger glauben und als die Strasse aus Indien nach Aegypten diejenige über Meroe bezeichnen. Auch den ägyptischen Pylonen ähnliche Thorzugänge werden bei den indischen Pagoden angetroffen, z. B. zu Chalambron, auf der kleinen Insel Ramiseram (Ramisura 1)). Selbst darin kommen die Inder mit den Aegyptern überein, dass sie die äussern Wände der Pagoden mit Basreliefs und andern Ornamenten, auch Malereien wahrhaft überladen, und überhaupt die Sculptur bei ihnen die Baukunst fast beherrscht und überwiegt. Ferner lieben Inder und Aegypter gleichmässig die Monolithen, das Kolossale, die kolossalen Steinfiguren der Götter und Thiere. Die scheinbare oder absichtliche Unregelmässigkeit der indischen und ägyptischen heiligen Gebäude erklären Romberg und Steger, I. S. 49 b, mit Langés, monuments anciens et modernes de l’Hindostan, tome II, aus der symbolischen, auch bei den Mahommedanern erscheinenden Absicht, die Unvollkommenheit aller menschlichen Werke anzudeuten. In dem gleichen Sinne sitzt in dem Tempel zu Boro-Dudor auf Java oben in dem krönenden Sanctuarium das unvollendete Bild Buddha’s, wie Ida Pfeiffer, meine zweite Weltreise, II (Wien 1856), S. 115, berichtet. – Das Ueberraschendste ist jedoch, dass sich auch die ägyptische und maurerische Schürze 2) als das gewöhnliche einzige Kleid der Götter- und Tempelfiguren in Indien findet, worüber man z. B. die bei Romberg und 1) Romberg und Steger, I. S. 52. 2) Symbolik, I. S. 71 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/48
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/48>, abgerufen am 22.11.2024.