Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

nothwendig in demselben Verhältnisse später verloren, als sie nur städtischen Absichten dienten. Nach der damaligen germanischen Sitte wurden die Gildenpflichten von den Neueintretenden beschworen, eidlich angelobt und die Gilden erscheinen demnach auch als Eidgenossenschaften, Schwurgenossenschaften (conjurationes) und die Gildengenossen (gildae, congildae) als Eidgenossen, Schwurgenossen, Verschworene (jurati, conjurati). Diese Verschwörungen, welcher Name und Begriff uns geblieben ist, waren stark durch die eidliche Erzwingbarkeit der Verpflichtungen und staatsbedenklich oder staatsgefährlich, weil sie eben so gut für als gegen die Staatsgewalt gebraucht werden konnten. Diese Eidgenossenschaften, conjurationes, kamen im 8ten und 9ten Jahrh., nachdem die alte Volksfreiheit, die alten Volksfreien mit der darauf beruhenden Staats- und Rechtsverfassung durch die Geistlichkeit und den Adel fast vollständig gebrochen und unterdrückt waren, auf als ein Schutz- und Hülfsmittel der Aermeren, der Unterdrückten, des eigentlichen Volkes, des später sog. dritten Standes gegen die Noth der Menschen, der übermächtigen Geistlichen und Feudalherrn, und des Schicksals. Im Norden flüchtete sich auch in die Gilden erhielt sich vielmehr darin selbst in den christlichen Zeiten noch fort, was von dem alten Glauben und der alten Sitte der heidnischen Väter noch übrig war und um so inniger festgehalten wurde, je mehr es von dem eindringenden Christenthum und der drückenden Uebermacht bedrängt und gehasst wurde; die Gilden wurden daher als die Stützen des heidnischen Wesens bald auch mit dem Namen der Teufelsgilden belegt,1) wie die heidnischen Gottheiten selbst als Teufel und Dämonen von der christlichen Geistlichkeit dargestellt wurden. Die Aufgabe, welche den germanischen Völkern in ihrem Zusammentreffen mit dem römischen Städtethume und der christlichen Kirche gestellt wurde, war die Begründung und Erhaltung der Freiheit auch in den Städten und neben der Kirche, wofür die alten Zustände und Einrichtungen

1) Vergl. auch Sachsse, historische Grundlagen des deutschen Staats- und Rechtslebens, Heidelberg 1844, §. 23.

nothwendig in demselben Verhältnisse später verloren, als sie nur städtischen Absichten dienten. Nach der damaligen germanischen Sitte wurden die Gildenpflichten von den Neueintretenden beschworen, eidlich angelobt und die Gilden erscheinen demnach auch als Eidgenossenschaften, Schwurgenossenschaften (conjurationes) und die Gildengenossen (gildae, congildae) als Eidgenossen, Schwurgenossen, Verschworene (jurati, conjurati). Diese Verschwörungen, welcher Name und Begriff uns geblieben ist, waren stark durch die eidliche Erzwingbarkeit der Verpflichtungen und staatsbedenklich oder staatsgefährlich, weil sie eben so gut für als gegen die Staatsgewalt gebraucht werden konnten. Diese Eidgenossenschaften, conjurationes, kamen im 8ten und 9ten Jahrh., nachdem die alte Volksfreiheit, die alten Volksfreien mit der darauf beruhenden Staats- und Rechtsverfassung durch die Geistlichkeit und den Adel fast vollständig gebrochen und unterdrückt waren, auf als ein Schutz- und Hülfsmittel der Aermeren, der Unterdrückten, des eigentlichen Volkes, des später sog. dritten Standes gegen die Noth der Menschen, der übermächtigen Geistlichen und Feudalherrn, und des Schicksals. Im Norden flüchtete sich auch in die Gilden erhielt sich vielmehr darin selbst in den christlichen Zeiten noch fort, was von dem alten Glauben und der alten Sitte der heidnischen Väter noch übrig war und um so inniger festgehalten wurde, je mehr es von dem eindringenden Christenthum und der drückenden Uebermacht bedrängt und gehasst wurde; die Gilden wurden daher als die Stützen des heidnischen Wesens bald auch mit dem Namen der Teufelsgilden belegt,1) wie die heidnischen Gottheiten selbst als Teufel und Dämonen von der christlichen Geistlichkeit dargestellt wurden. Die Aufgabe, welche den germanischen Völkern in ihrem Zusammentreffen mit dem römischen Städtethume und der christlichen Kirche gestellt wurde, war die Begründung und Erhaltung der Freiheit auch in den Städten und neben der Kirche, wofür die alten Zustände und Einrichtungen

1) Vergl. auch Sachsse, historische Grundlagen des deutschen Staats- und Rechtslebens, Heidelberg 1844, §. 23.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0254" n="234"/>
nothwendig in demselben Verhältnisse später verloren, als sie nur städtischen Absichten dienten. Nach der damaligen germanischen Sitte wurden die Gildenpflichten von den Neueintretenden beschworen, eidlich angelobt und die Gilden erscheinen demnach auch als Eidgenossenschaften, Schwurgenossenschaften (conjurationes) und die Gildengenossen (gildae, congildae) als Eidgenossen, Schwurgenossen, Verschworene (jurati, conjurati). Diese <hi rendition="#g">Verschwörungen</hi>, welcher Name und Begriff uns geblieben ist, waren stark durch die eidliche Erzwingbarkeit der Verpflichtungen und staatsbedenklich oder staatsgefährlich, weil sie eben so gut für als gegen die Staatsgewalt gebraucht werden konnten. Diese Eidgenossenschaften, conjurationes, kamen im 8ten und 9ten Jahrh., nachdem die alte Volksfreiheit, die alten Volksfreien mit der darauf beruhenden Staats- und Rechtsverfassung durch die Geistlichkeit und den Adel fast vollständig gebrochen und unterdrückt waren, auf als ein Schutz- und Hülfsmittel der Aermeren, der Unterdrückten, des eigentlichen Volkes, des später sog. dritten Standes gegen die Noth der Menschen, der übermächtigen Geistlichen und Feudalherrn, und des Schicksals. Im Norden flüchtete sich auch in die Gilden erhielt sich vielmehr darin selbst in den christlichen Zeiten noch fort, was von dem alten Glauben und der alten Sitte der heidnischen Väter noch übrig war und um so inniger festgehalten wurde, je mehr es von dem eindringenden Christenthum <hi rendition="#g">und</hi> der drückenden Uebermacht bedrängt und gehasst wurde; die Gilden wurden daher als die Stützen des heidnischen Wesens bald auch mit dem Namen der <hi rendition="#g">Teufels</hi>gilden belegt,<note place="foot" n="1)">Vergl. auch Sachsse, historische Grundlagen des deutschen Staats- und Rechtslebens, Heidelberg 1844, §. 23.</note> wie die heidnischen Gottheiten selbst als Teufel und Dämonen von der christlichen Geistlichkeit dargestellt wurden. Die Aufgabe, welche den germanischen Völkern in ihrem Zusammentreffen mit dem römischen Städtethume und der christlichen Kirche gestellt wurde, war die Begründung und Erhaltung der Freiheit auch in den Städten und neben der Kirche, wofür die alten Zustände und Einrichtungen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0254] nothwendig in demselben Verhältnisse später verloren, als sie nur städtischen Absichten dienten. Nach der damaligen germanischen Sitte wurden die Gildenpflichten von den Neueintretenden beschworen, eidlich angelobt und die Gilden erscheinen demnach auch als Eidgenossenschaften, Schwurgenossenschaften (conjurationes) und die Gildengenossen (gildae, congildae) als Eidgenossen, Schwurgenossen, Verschworene (jurati, conjurati). Diese Verschwörungen, welcher Name und Begriff uns geblieben ist, waren stark durch die eidliche Erzwingbarkeit der Verpflichtungen und staatsbedenklich oder staatsgefährlich, weil sie eben so gut für als gegen die Staatsgewalt gebraucht werden konnten. Diese Eidgenossenschaften, conjurationes, kamen im 8ten und 9ten Jahrh., nachdem die alte Volksfreiheit, die alten Volksfreien mit der darauf beruhenden Staats- und Rechtsverfassung durch die Geistlichkeit und den Adel fast vollständig gebrochen und unterdrückt waren, auf als ein Schutz- und Hülfsmittel der Aermeren, der Unterdrückten, des eigentlichen Volkes, des später sog. dritten Standes gegen die Noth der Menschen, der übermächtigen Geistlichen und Feudalherrn, und des Schicksals. Im Norden flüchtete sich auch in die Gilden erhielt sich vielmehr darin selbst in den christlichen Zeiten noch fort, was von dem alten Glauben und der alten Sitte der heidnischen Väter noch übrig war und um so inniger festgehalten wurde, je mehr es von dem eindringenden Christenthum und der drückenden Uebermacht bedrängt und gehasst wurde; die Gilden wurden daher als die Stützen des heidnischen Wesens bald auch mit dem Namen der Teufelsgilden belegt, 1) wie die heidnischen Gottheiten selbst als Teufel und Dämonen von der christlichen Geistlichkeit dargestellt wurden. Die Aufgabe, welche den germanischen Völkern in ihrem Zusammentreffen mit dem römischen Städtethume und der christlichen Kirche gestellt wurde, war die Begründung und Erhaltung der Freiheit auch in den Städten und neben der Kirche, wofür die alten Zustände und Einrichtungen 1) Vergl. auch Sachsse, historische Grundlagen des deutschen Staats- und Rechtslebens, Heidelberg 1844, §. 23.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/254
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/254>, abgerufen am 25.11.2024.