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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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hielt, war der Stuhlmeister ein 12jähriger Schüler, wie es bei den Bretonen überhaupt1) und in Wales nach dem am Ende des fünften Jahrhunderts von Merlin oder Merddin eingeführten Bardensysteme, ohne Zweifel mit symbolischer Rücksicht auf die 12monatliche Sonnenbahn, ausdrücklich vorgeschrieben war.2) Nach den walischen Traditionen wurde im 6. Jahrh. unter dem Könige Arthur von dem Barden Maelgyn Hir zu Caerleon ein Stuhl für Caerleon, Glamorgan und Gwent hergestellt, wo Taliesin, Merddin und Andere den Vorsitz geführt haben.3) - Wer nach 3 Jahren nicht zu einer höheren Stufe aufstieg, verlor seine jetzige Stufe und wurde in die nächste unter ihr zurückversetzt. Drei Schüler, nicht weniger, musste nach Walter, S. 285, ein Lehrer zur selben Zeit haben, Einen, aber nicht mehr, auf jeder Stufe. Offenbar herrscht hier in den Quellen oder in deren Auslegung durch Walter ein kleines Missverständniss , da es ganz unnatürlich für den Schüler und den Lehrer wäre, vorzuschreiben, wie viele Schüler ein Lehrer haben müsse; vielmehr wird dem Lehrer verboten, eine grössere Anzahl von Schülern anzunehmen, als er hinreichend zu unterrichten vermag, wie nach der gemeinen deutschen Steinmetzordnung der Steinmetzmeister nicht mehr als 3 Lehrlinge und niemals mehr als 5 haben durfte, je nachdem er nur einen oder mehrere Bauten auszuführen hatte.4)

Die Bardenversammlung oder der Bardenstuhl hatte die zweckmässige Befugniss, ausgezeichneten Dichtern und Sängern "kraft des Privilegiums des Genius und der Kenntnisse" die Würde eines Stuhlbarden zu verleihen, ohne den regelmässigen Schülercursus durchgemacht zu haben; analog muss auch die Versammlung befugt gewesen sein, die Stufenzeiträume bei verdienten und vorzüglichen Schülern abzukürzen. Der Bardenstuhl hatte nach dem maurerischen Logenrechte die Macht, Ehrenmitglieder zu ernennen und von der gesetzlichen Frist zur Ertheilung einer

1) Ueber Britones vergl. Diefenbach, a. a. O., S. 273, Nr. 76.
2) Symbolik, I. S. 630 und 631.
3) Walter, S. 272.
4) Symbolik, II. S. 395.

hielt, war der Stuhlmeister ein 12jähriger Schüler, wie es bei den Bretonen überhaupt1) und in Wales nach dem am Ende des fünften Jahrhunderts von Merlin oder Merddin eingeführten Bardensysteme, ohne Zweifel mit symbolischer Rücksicht auf die 12monatliche Sonnenbahn, ausdrücklich vorgeschrieben war.2) Nach den walischen Traditionen wurde im 6. Jahrh. unter dem Könige Arthur von dem Barden Maelgyn Hir zu Caerleon ein Stuhl für Caerleon, Glamorgan und Gwent hergestellt, wo Taliesin, Merddin und Andere den Vorsitz geführt haben.3) – Wer nach 3 Jahren nicht zu einer höheren Stufe aufstieg, verlor seine jetzige Stufe und wurde in die nächste unter ihr zurückversetzt. Drei Schüler, nicht weniger, musste nach Walter, S. 285, ein Lehrer zur selben Zeit haben, Einen, aber nicht mehr, auf jeder Stufe. Offenbar herrscht hier in den Quellen oder in deren Auslegung durch Walter ein kleines Missverständniss , da es ganz unnatürlich für den Schüler und den Lehrer wäre, vorzuschreiben, wie viele Schüler ein Lehrer haben müsse; vielmehr wird dem Lehrer verboten, eine grössere Anzahl von Schülern anzunehmen, als er hinreichend zu unterrichten vermag, wie nach der gemeinen deutschen Steinmetzordnung der Steinmetzmeister nicht mehr als 3 Lehrlinge und niemals mehr als 5 haben durfte, je nachdem er nur einen oder mehrere Bauten auszuführen hatte.4)

Die Bardenversammlung oder der Bardenstuhl hatte die zweckmässige Befugniss, ausgezeichneten Dichtern und Sängern „kraft des Privilegiums des Genius und der Kenntnisse“ die Würde eines Stuhlbarden zu verleihen, ohne den regelmässigen Schülercursus durchgemacht zu haben; analog muss auch die Versammlung befugt gewesen sein, die Stufenzeiträume bei verdienten und vorzüglichen Schülern abzukürzen. Der Bardenstuhl hatte nach dem maurerischen Logenrechte die Macht, Ehrenmitglieder zu ernennen und von der gesetzlichen Frist zur Ertheilung einer

1) Ueber Britones vergl. Diefenbach, a. a. O., S. 273, Nr. 76.
2) Symbolik, I. S. 630 und 631.
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[124/0144] hielt, war der Stuhlmeister ein 12jähriger Schüler, wie es bei den Bretonen überhaupt 1) und in Wales nach dem am Ende des fünften Jahrhunderts von Merlin oder Merddin eingeführten Bardensysteme, ohne Zweifel mit symbolischer Rücksicht auf die 12monatliche Sonnenbahn, ausdrücklich vorgeschrieben war. 2) Nach den walischen Traditionen wurde im 6. Jahrh. unter dem Könige Arthur von dem Barden Maelgyn Hir zu Caerleon ein Stuhl für Caerleon, Glamorgan und Gwent hergestellt, wo Taliesin, Merddin und Andere den Vorsitz geführt haben. 3) – Wer nach 3 Jahren nicht zu einer höheren Stufe aufstieg, verlor seine jetzige Stufe und wurde in die nächste unter ihr zurückversetzt. Drei Schüler, nicht weniger, musste nach Walter, S. 285, ein Lehrer zur selben Zeit haben, Einen, aber nicht mehr, auf jeder Stufe. Offenbar herrscht hier in den Quellen oder in deren Auslegung durch Walter ein kleines Missverständniss , da es ganz unnatürlich für den Schüler und den Lehrer wäre, vorzuschreiben, wie viele Schüler ein Lehrer haben müsse; vielmehr wird dem Lehrer verboten, eine grössere Anzahl von Schülern anzunehmen, als er hinreichend zu unterrichten vermag, wie nach der gemeinen deutschen Steinmetzordnung der Steinmetzmeister nicht mehr als 3 Lehrlinge und niemals mehr als 5 haben durfte, je nachdem er nur einen oder mehrere Bauten auszuführen hatte. 4) Die Bardenversammlung oder der Bardenstuhl hatte die zweckmässige Befugniss, ausgezeichneten Dichtern und Sängern „kraft des Privilegiums des Genius und der Kenntnisse“ die Würde eines Stuhlbarden zu verleihen, ohne den regelmässigen Schülercursus durchgemacht zu haben; analog muss auch die Versammlung befugt gewesen sein, die Stufenzeiträume bei verdienten und vorzüglichen Schülern abzukürzen. Der Bardenstuhl hatte nach dem maurerischen Logenrechte die Macht, Ehrenmitglieder zu ernennen und von der gesetzlichen Frist zur Ertheilung einer 1) Ueber Britones vergl. Diefenbach, a. a. O., S. 273, Nr. 76. 2) Symbolik, I. S. 630 und 631. 3) Walter, S. 272. 4) Symbolik, II. S. 395.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/144>, abgerufen am 04.05.2024.