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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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sich ganz los von der Welt, er entfremdet sich der Freude wie dem Schmerze und versenkt sich in das ewige Nichtsein. Dadurch erhält er die Macht über die Welt und deren Kräfte: auch über den Tod: er wird unsterblich: der Mensch an sich ist nicht unsterblich.1) Nach dem etwas spätern Confucius wird das höchste Gut erreicht durch das Beharren in der rechten Mitte.2) Lao-kiun zufolge gibt es keine grössere Sünde als regellose Begierden, und kein grösseres Unglück als der Unfriede und die quälende Unruhe der Seele, die Folgen der regellosen Begier sind. Wie Lao-kiun als den Urgrund des Weltalls und der Dinge, und zugleich als deren Urbild eine ewige Vernunft, ein unaussprechliches, unerschaffenes Wesen anerkannte, so galten ihm auch die Seelen der Menschen nur als Ausflüsse des ätherischen Urseins, die sich nach ihrem Tode wieder mit demselben vereinigen; so jedoch, dass die Seelen der Bösen sich nicht wieder in das allgemeine Leben der Weltseele auflösen. An Pythagoras, nur wenig später lebend, streift dabei Lao-kiun dadurch an, dass er seine Lehre von der Weltzeugung in einer Zahlenform aussprach, indem er die Kette der Wesen aus Ein, Zwei und Drei knüpfte, wodurch Alles entstanden wäre; dieses dreieinige Wesen bezeichnete er als Das, was da war, Das, das da ist, und Das, das da sein wird.

Nach dem Gebete wurde in einer allgemeinen Versammlung der Barden das Bardenweisthum (dysgogan Beirdd) verlesen, welches die Aufzeichnungen von der Wissenschaft, den Kenntnissen, Einrichtungen, Regeln, Privilegien und Gebräuchen der Barden enthielt. Auch wurden daselbst verlesen die periodischen Aufzeichnungen des Mabon of Medron, d. i. die Namen und Erinnerungen der Barden, Dichter, Gelehrten und Weisen vom Stamme der Kymren, und der edlen und würdigen Handlungen jeder Art, wodurch sie sich ausgezeichnet hatten; desgleichen der Könige der Insel Britannien und ihrer denk-

1) Bunsen, II. S. 62; Stuhr, die chinesisehe Reichsreligion, Berlin 1835, S. 18 ff.
2) Stuhr, S. 14.

sich ganz los von der Welt, er entfremdet sich der Freude wie dem Schmerze und versenkt sich in das ewige Nichtsein. Dadurch erhält er die Macht über die Welt und deren Kräfte: auch über den Tod: er wird unsterblich: der Mensch an sich ist nicht unsterblich.1) Nach dem etwas spätern Confucius wird das höchste Gut erreicht durch das Beharren in der rechten Mitte.2) Lao-kiun zufolge gibt es keine grössere Sünde als regellose Begierden, und kein grösseres Unglück als der Unfriede und die quälende Unruhe der Seele, die Folgen der regellosen Begier sind. Wie Lao-kiun als den Urgrund des Weltalls und der Dinge, und zugleich als deren Urbild eine ewige Vernunft, ein unaussprechliches, unerschaffenes Wesen anerkannte, so galten ihm auch die Seelen der Menschen nur als Ausflüsse des ätherischen Urseins, die sich nach ihrem Tode wieder mit demselben vereinigen; so jedoch, dass die Seelen der Bösen sich nicht wieder in das allgemeine Leben der Weltseele auflösen. An Pythagoras, nur wenig später lebend, streift dabei Lao-kiun dadurch an, dass er seine Lehre von der Weltzeugung in einer Zahlenform aussprach, indem er die Kette der Wesen aus Ein, Zwei und Drei knüpfte, wodurch Alles entstanden wäre; dieses dreieinige Wesen bezeichnete er als Das, was da war, Das, das da ist, und Das, das da sein wird.

Nach dem Gebete wurde in einer allgemeinen Versammlung der Barden das Bardenweisthum (dysgogan Beirdd) verlesen, welches die Aufzeichnungen von der Wissenschaft, den Kenntnissen, Einrichtungen, Regeln, Privilegien und Gebräuchen der Barden enthielt. Auch wurden daselbst verlesen die periodischen Aufzeichnungen des Mabon of Medron, d. i. die Namen und Erinnerungen der Barden, Dichter, Gelehrten und Weisen vom Stamme der Kymren, und der edlen und würdigen Handlungen jeder Art, wodurch sie sich ausgezeichnet hatten; desgleichen der Könige der Insel Britannien und ihrer denk-

1) Bunsen, II. S. 62; Stuhr, die chinesisehe Reichsreligion, Berlin 1835, S. 18 ff.
2) Stuhr, S. 14.
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 Nach dem Gebete wurde in einer allgemeinen Versammlung der Barden das Bardenweisthum (dysgogan Beirdd) verlesen, welches die Aufzeichnungen von der Wissenschaft, den Kenntnissen, Einrichtungen, Regeln, Privilegien und Gebräuchen der Barden enthielt. Auch wurden daselbst verlesen die periodischen Aufzeichnungen des Mabon of Medron, d. i. die Namen und Erinnerungen der Barden, Dichter, Gelehrten und Weisen vom Stamme der Kymren, und der edlen und würdigen Handlungen jeder Art, wodurch sie sich ausgezeichnet hatten; desgleichen der Könige der Insel Britannien und ihrer denk-
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[120/0140] sich ganz los von der Welt, er entfremdet sich der Freude wie dem Schmerze und versenkt sich in das ewige Nichtsein. Dadurch erhält er die Macht über die Welt und deren Kräfte: auch über den Tod: er wird unsterblich: der Mensch an sich ist nicht unsterblich. 1) Nach dem etwas spätern Confucius wird das höchste Gut erreicht durch das Beharren in der rechten Mitte. 2) Lao-kiun zufolge gibt es keine grössere Sünde als regellose Begierden, und kein grösseres Unglück als der Unfriede und die quälende Unruhe der Seele, die Folgen der regellosen Begier sind. Wie Lao-kiun als den Urgrund des Weltalls und der Dinge, und zugleich als deren Urbild eine ewige Vernunft, ein unaussprechliches, unerschaffenes Wesen anerkannte, so galten ihm auch die Seelen der Menschen nur als Ausflüsse des ätherischen Urseins, die sich nach ihrem Tode wieder mit demselben vereinigen; so jedoch, dass die Seelen der Bösen sich nicht wieder in das allgemeine Leben der Weltseele auflösen. An Pythagoras, nur wenig später lebend, streift dabei Lao-kiun dadurch an, dass er seine Lehre von der Weltzeugung in einer Zahlenform aussprach, indem er die Kette der Wesen aus Ein, Zwei und Drei knüpfte, wodurch Alles entstanden wäre; dieses dreieinige Wesen bezeichnete er als Das, was da war, Das, das da ist, und Das, das da sein wird. Nach dem Gebete wurde in einer allgemeinen Versammlung der Barden das Bardenweisthum (dysgogan Beirdd) verlesen, welches die Aufzeichnungen von der Wissenschaft, den Kenntnissen, Einrichtungen, Regeln, Privilegien und Gebräuchen der Barden enthielt. Auch wurden daselbst verlesen die periodischen Aufzeichnungen des Mabon of Medron, d. i. die Namen und Erinnerungen der Barden, Dichter, Gelehrten und Weisen vom Stamme der Kymren, und der edlen und würdigen Handlungen jeder Art, wodurch sie sich ausgezeichnet hatten; desgleichen der Könige der Insel Britannien und ihrer denk- 1) Bunsen, II. S. 62; Stuhr, die chinesisehe Reichsreligion, Berlin 1835, S. 18 ff. 2) Stuhr, S. 14.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/140>, abgerufen am 04.05.2024.