Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

ursprünglichen Bergglaubens an den Gestaden des Meeres in die Gegend der untergehenden Sonne jenseits des Meeres, des Okeanos verlegt wurde. Von einer Insel der Seligen kann die auf den Hochbergen und Hochflächen des innern Asiens wohnende Menschheit schon darum nichts gewusst und geglaubt haben, weil sie weder Meere noch Inseln kannte. Man dürfte den geschichtlichen Grundsatz aussprechen, dass der Gottesglaube der Urmenschheit und der Urvölker in demselben Verhältniss an Erhabenheit verloren und sich von den Sternen, von dem einzigen Gotte und von dem Himmel entfernt habe, in welchem sie von den Bergeshöhen in die Flussebenen und an die Meeresufer herabstiegen; in den Ebenen der Flüsse, am Euphrat und Tigris, Indus und Ganges, an den beiden grossen chinesischen Strömen, Hoangho und Jantsekiang, am Nil, am Rheine u. s. f., - an den Küsten des chinesischen, indischen, mittelländischen, atlandischen, nordischen Meeres u. s. w. wurde die Menschheit eine andere, - gebildeter, aber auch polytheistischer, sinnlicher und irdischer. Früher als die Griechen wohnten die Babylonier und Assyrier, die Aegypter und Phönicier in der Ebene, an den Fluss- und Meeresufern und deshalb musste ihr Glaube und ihre Sitte auf die später angekommenen griechischen Bewohner der Küsten und Inseln des mittelländischen Meeres ein- und zurückwirken; die Griechen Übernahmen von den Phöniciern die theilweise Herrschaft über das mittelländische Meer, aber auch die Heeresgötter, den Poseidon-Glaukos,1) Melikertes u. s. w. Die Meeresgötter, besonders Poseidon, die Schifffahrt, mussten aber begreiflich später der Wissenschaft und dem Geiste, der Athene und Apollo sich unterordnen. Nicht das Pferd oder das Schiff des Poseidon und nicht der Stier und die Rebe des Dionysos, vielmehr der Oelbaum und das Gewebe der Athene, der Gesang und die Musen Apollo's haben Athen und Griechenland den olympischen Siegeskranz gewunden.

1) Vergl. Gädechens, Glaukos der Meeresgott , S. 1 ff. Mit Gädechens stimmt vorzüglich Gerhard: Ueber Ursprung, Wesen und Geltung des Poseidon, in den Abhandlungen der Berliner kgl. Gesellschaft der Wissenschaft, 1856, S. 158 - 198, überein.

ursprünglichen Bergglaubens an den Gestaden des Meeres in die Gegend der untergehenden Sonne jenseits des Meeres, des Okeanos verlegt wurde. Von einer Insel der Seligen kann die auf den Hochbergen und Hochflächen des innern Asiens wohnende Menschheit schon darum nichts gewusst und geglaubt haben, weil sie weder Meere noch Inseln kannte. Man dürfte den geschichtlichen Grundsatz aussprechen, dass der Gottesglaube der Urmenschheit und der Urvölker in demselben Verhältniss an Erhabenheit verloren und sich von den Sternen, von dem einzigen Gotte und von dem Himmel entfernt habe, in welchem sie von den Bergeshöhen in die Flussebenen und an die Meeresufer herabstiegen; in den Ebenen der Flüsse, am Euphrat und Tigris, Indus und Ganges, an den beiden grossen chinesischen Strömen, Hoangho und Jantsekiang, am Nil, am Rheine u. s. f., - an den Küsten des chinesischen, indischen, mittelländischen, atlandischen, nordischen Meeres u. s. w. wurde die Menschheit eine andere, - gebildeter, aber auch polytheistischer, sinnlicher und irdischer. Früher als die Griechen wohnten die Babylonier und Assyrier, die Aegypter und Phönicier in der Ebene, an den Fluss- und Meeresufern und deshalb musste ihr Glaube und ihre Sitte auf die später angekommenen griechischen Bewohner der Küsten und Inseln des mittelländischen Meeres ein- und zurückwirken; die Griechen Übernahmen von den Phöniciern die theilweise Herrschaft über das mittelländische Meer, aber auch die Heeresgötter, den Poseidon-Glaukos,1) Melikertes u. s. w. Die Meeresgötter, besonders Poseidon, die Schifffahrt, mussten aber begreiflich später der Wissenschaft und dem Geiste, der Athene und Apollo sich unterordnen. Nicht das Pferd oder das Schiff des Poseidon und nicht der Stier und die Rebe des Dionysos, vielmehr der Oelbaum und das Gewebe der Athene, der Gesang und die Musen Apollo’s haben Athen und Griechenland den olympischen Siegeskranz gewunden.

1) Vergl. Gädechens, Glaukos der Meeresgott , S. 1 ff. Mit Gädechens stimmt vorzüglich Gerhard: Ueber Ursprung, Wesen und Geltung des Poseidon, in den Abhandlungen der Berliner kgl. Gesellschaft der Wissenschaft, 1856, S. 158 - 198, überein.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0730" n="710"/>
ursprünglichen Bergglaubens an den Gestaden des Meeres in die Gegend der untergehenden Sonne jenseits des Meeres, des Okeanos verlegt wurde. Von einer Insel der Seligen kann die auf den Hochbergen und Hochflächen des innern Asiens wohnende Menschheit schon darum nichts gewusst und geglaubt haben, weil sie weder Meere noch Inseln kannte. Man dürfte den geschichtlichen Grundsatz aussprechen, dass der Gottesglaube der Urmenschheit und der Urvölker in demselben Verhältniss an Erhabenheit verloren und sich von den Sternen, von dem einzigen Gotte und von dem Himmel entfernt habe, in welchem sie von den Bergeshöhen in die Flussebenen und an die Meeresufer herabstiegen; in den Ebenen der Flüsse, am Euphrat und Tigris, Indus und Ganges, an den beiden grossen chinesischen Strömen, Hoangho und Jantsekiang, am Nil, am Rheine u. s. f., - an den Küsten des chinesischen, indischen, mittelländischen, atlandischen, nordischen Meeres u. s. w. wurde die Menschheit eine andere, - gebildeter, aber auch polytheistischer, sinnlicher und irdischer. Früher als die Griechen wohnten die Babylonier und Assyrier, die Aegypter und Phönicier in der Ebene, an den Fluss- und Meeresufern und deshalb musste ihr Glaube und ihre Sitte auf die später angekommenen griechischen Bewohner der Küsten und Inseln des mittelländischen Meeres ein- und zurückwirken; die Griechen Übernahmen von den Phöniciern die theilweise Herrschaft über das mittelländische Meer, aber auch die Heeresgötter, den Poseidon-Glaukos,<note place="foot" n="1)">Vergl. Gädechens, Glaukos der Meeresgott , S. 1 ff. Mit Gädechens stimmt vorzüglich Gerhard: Ueber Ursprung, Wesen und Geltung des Poseidon, in den Abhandlungen der Berliner kgl. Gesellschaft der Wissenschaft, 1856, S. 158 - 198, überein.<lb/></note> Melikertes u. s. w. Die Meeresgötter, besonders Poseidon, die Schifffahrt, mussten aber begreiflich später der Wissenschaft und dem Geiste, der Athene und Apollo sich unterordnen. Nicht das Pferd oder das Schiff des Poseidon und nicht der Stier und die Rebe des Dionysos, vielmehr der Oelbaum und das Gewebe der Athene, der Gesang und die Musen Apollo&#x2019;s haben Athen und Griechenland den olympischen Siegeskranz gewunden.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[710/0730] ursprünglichen Bergglaubens an den Gestaden des Meeres in die Gegend der untergehenden Sonne jenseits des Meeres, des Okeanos verlegt wurde. Von einer Insel der Seligen kann die auf den Hochbergen und Hochflächen des innern Asiens wohnende Menschheit schon darum nichts gewusst und geglaubt haben, weil sie weder Meere noch Inseln kannte. Man dürfte den geschichtlichen Grundsatz aussprechen, dass der Gottesglaube der Urmenschheit und der Urvölker in demselben Verhältniss an Erhabenheit verloren und sich von den Sternen, von dem einzigen Gotte und von dem Himmel entfernt habe, in welchem sie von den Bergeshöhen in die Flussebenen und an die Meeresufer herabstiegen; in den Ebenen der Flüsse, am Euphrat und Tigris, Indus und Ganges, an den beiden grossen chinesischen Strömen, Hoangho und Jantsekiang, am Nil, am Rheine u. s. f., - an den Küsten des chinesischen, indischen, mittelländischen, atlandischen, nordischen Meeres u. s. w. wurde die Menschheit eine andere, - gebildeter, aber auch polytheistischer, sinnlicher und irdischer. Früher als die Griechen wohnten die Babylonier und Assyrier, die Aegypter und Phönicier in der Ebene, an den Fluss- und Meeresufern und deshalb musste ihr Glaube und ihre Sitte auf die später angekommenen griechischen Bewohner der Küsten und Inseln des mittelländischen Meeres ein- und zurückwirken; die Griechen Übernahmen von den Phöniciern die theilweise Herrschaft über das mittelländische Meer, aber auch die Heeresgötter, den Poseidon-Glaukos, 1) Melikertes u. s. w. Die Meeresgötter, besonders Poseidon, die Schifffahrt, mussten aber begreiflich später der Wissenschaft und dem Geiste, der Athene und Apollo sich unterordnen. Nicht das Pferd oder das Schiff des Poseidon und nicht der Stier und die Rebe des Dionysos, vielmehr der Oelbaum und das Gewebe der Athene, der Gesang und die Musen Apollo’s haben Athen und Griechenland den olympischen Siegeskranz gewunden. 1) Vergl. Gädechens, Glaukos der Meeresgott , S. 1 ff. Mit Gädechens stimmt vorzüglich Gerhard: Ueber Ursprung, Wesen und Geltung des Poseidon, in den Abhandlungen der Berliner kgl. Gesellschaft der Wissenschaft, 1856, S. 158 - 198, überein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/730
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 710. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/730>, abgerufen am 23.11.2024.