Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Neren von je 300 Jahren, d. h. aus 12 grossen Monaten von 30 grossen Tagen zusammengesetzt. Niebuhr lässt sein den Quellen völlig fremdes grosses Jahr aus 12 Saren sich bilden. - Ueberhaupt ist die ganze deutsche Zunftverfassung, sind die eigentlichen Handwerke römischen Ursprungs und die Länder, welche den Uebergang der römischen Zunftverfassung und Handwerke an die Germanen vermittelt haben, sind Britannien und noch mehr Gallien oder überhaupt die Kelten. Fragmente von Inscriptionen bezeugen in Gallien z. B. folgende Zunftcorporationen: Wir finden die Nautae Parisiaci, welche sich durch das ganze Mittelalter als privilegirte Kaufleute erhalten und den Seidenhandel ausschliesslich betrieben haben, ferner die Nautae der Saone, die Navicularii von Aix und der Duranice, die Fabri von Narbonne, die Ferrifabri von Cimiez, die Fabri zu Lyon u. s. w. Mit Rücksicht hierauf bemerkt daher Warnkönig, französische Staatsgeschichte, S. 54, entgegen Wilda, das Gildenwesen im Mittelalter, s. 239, mit Grund, dass dieser Schriftsteller den römischen Ursprung der Zünfte nicht genug gewürdigt habe. Zu Thun oder vielmehr zu Amsoldingen bei Thun im jetzigen Kanton Bern bestand zur Römerzeit eine Zunft der Zimmerleute (corpus fabrorum tignariorum), zu welcher auch die Goldschmiede gehörten.1) Die Zunft der Aarflösser ist schon oben berührt worden. Das neuenburgische Dorf Ligniers scheint seinen Namen von einer Niederlassung römischer Zimmerleute und Holzhändler, (lignarii, nämlich fabri und negatiatores) erhalten zu haben, welche hier die bei den Römern zum Schiffbau so gesuchten und aus dem Bielersee in die Aar und in den Rhein geflössten Juratannen fällten und spedirten.2) Jene zu Amsoldingen bei Thun aufgefundene Inschrift enthält: "Amill. Polynices natione Lydus artis aurifex corporis fabr. tignariorum apud eosdem omnib honoribus functus," woraus also hervorgeht, dass der Lydier und Goldarbeiter Amillius Polynices der Zunft der Zimmerleute angehört und

1) Mommsen, die Schweiz in römischer Zeit, S. 24; Heldmann, S 106 ff.
2) Jahn, der Kanton Bern, S. 79.

Neren von je 300 Jahren, d. h. aus 12 grossen Monaten von 30 grossen Tagen zusammengesetzt. Niebuhr lässt sein den Quellen völlig fremdes grosses Jahr aus 12 Saren sich bilden. - Ueberhaupt ist die ganze deutsche Zunftverfassung, sind die eigentlichen Handwerke römischen Ursprungs und die Länder, welche den Uebergang der römischen Zunftverfassung und Handwerke an die Germanen vermittelt haben, sind Britannien und noch mehr Gallien oder überhaupt die Kelten. Fragmente von Inscriptionen bezeugen in Gallien z. B. folgende Zunftcorporationen: Wir finden die Nautae Parisiaci, welche sich durch das ganze Mittelalter als privilegirte Kaufleute erhalten und den Seidenhandel ausschliesslich betrieben haben, ferner die Nautae der Saone, die Navicularii von Aix und der Duranice, die Fabri von Narbonne, die Ferrifabri von Cimiez, die Fabri zu Lyon u. s. w. Mit Rücksicht hierauf bemerkt daher Warnkönig, französische Staatsgeschichte, S. 54, entgegen Wilda, das Gildenwesen im Mittelalter, s. 239, mit Grund, dass dieser Schriftsteller den römischen Ursprung der Zünfte nicht genug gewürdigt habe. Zu Thun oder vielmehr zu Amsoldingen bei Thun im jetzigen Kanton Bern bestand zur Römerzeit eine Zunft der Zimmerleute (corpus fabrorum tignariorum), zu welcher auch die Goldschmiede gehörten.1) Die Zunft der Aarflösser ist schon oben berührt worden. Das neuenburgische Dorf Ligniers scheint seinen Namen von einer Niederlassung römischer Zimmerleute und Holzhändler, (lignarii, nämlich fabri und negatiatores) erhalten zu haben, welche hier die bei den Römern zum Schiffbau so gesuchten und aus dem Bielersee in die Aar und in den Rhein geflössten Juratannen fällten und spedirten.2) Jene zu Amsoldingen bei Thun aufgefundene Inschrift enthält: „Amill. Polynices natione Lydus artis aurifex corporis fabr. tignariorum apud eosdem omnib honoribus functus,“ woraus also hervorgeht, dass der Lydier und Goldarbeiter Amillius Polynices der Zunft der Zimmerleute angehört und

1) Mommsen, die Schweiz in römischer Zeit, S. 24; Heldmann, S 106 ff.
2) Jahn, der Kanton Bern, S. 79.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0708" n="688"/>
Neren von je 300 Jahren, d. h. aus 12 grossen Monaten von 30 grossen Tagen zusammengesetzt. Niebuhr lässt sein den Quellen völlig fremdes grosses Jahr aus 12 Saren sich bilden. - Ueberhaupt ist die ganze deutsche Zunftverfassung, sind die eigentlichen Handwerke römischen Ursprungs und die Länder, welche den Uebergang der römischen Zunftverfassung und Handwerke an die Germanen vermittelt haben, sind Britannien und noch mehr Gallien oder überhaupt die Kelten. Fragmente von Inscriptionen bezeugen in Gallien z. B. folgende Zunftcorporationen: Wir finden die Nautae Parisiaci, welche sich durch das ganze Mittelalter als privilegirte Kaufleute erhalten und den Seidenhandel ausschliesslich betrieben haben, ferner die Nautae der Saone, die Navicularii von Aix und der Duranice, die Fabri von Narbonne, die Ferrifabri von Cimiez, die Fabri zu Lyon u. s. w. Mit Rücksicht hierauf bemerkt daher Warnkönig, französische Staatsgeschichte, S. 54, entgegen Wilda, das Gildenwesen im Mittelalter, s. 239, mit Grund, dass dieser Schriftsteller den <hi rendition="#g">römischen</hi> Ursprung der Zünfte nicht genug gewürdigt habe. Zu Thun oder vielmehr zu Amsoldingen bei Thun im jetzigen Kanton Bern bestand zur Römerzeit eine Zunft der Zimmerleute (corpus fabrorum tignariorum), zu welcher auch die Goldschmiede gehörten.<note place="foot" n="1)">Mommsen, die Schweiz in römischer Zeit, S. 24; Heldmann, S 106 ff.<lb/></note> Die Zunft der Aarflösser ist schon oben berührt worden. Das neuenburgische Dorf Ligniers scheint seinen Namen von einer Niederlassung römischer Zimmerleute und Holzhändler, (lignarii, nämlich fabri und negatiatores) erhalten zu haben, welche hier die bei den Römern zum Schiffbau so gesuchten und aus dem Bielersee in die Aar und in den Rhein geflössten Juratannen fällten und spedirten.<note place="foot" n="2)">Jahn, der Kanton Bern, S. 79.<lb/></note> Jene zu Amsoldingen bei Thun aufgefundene Inschrift enthält: &#x201E;Amill. Polynices natione Lydus artis aurifex corporis fabr. tignariorum apud eosdem omnib honoribus functus,&#x201C; woraus also hervorgeht, dass der Lydier und Goldarbeiter Amillius Polynices der Zunft der Zimmerleute angehört und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[688/0708] Neren von je 300 Jahren, d. h. aus 12 grossen Monaten von 30 grossen Tagen zusammengesetzt. Niebuhr lässt sein den Quellen völlig fremdes grosses Jahr aus 12 Saren sich bilden. - Ueberhaupt ist die ganze deutsche Zunftverfassung, sind die eigentlichen Handwerke römischen Ursprungs und die Länder, welche den Uebergang der römischen Zunftverfassung und Handwerke an die Germanen vermittelt haben, sind Britannien und noch mehr Gallien oder überhaupt die Kelten. Fragmente von Inscriptionen bezeugen in Gallien z. B. folgende Zunftcorporationen: Wir finden die Nautae Parisiaci, welche sich durch das ganze Mittelalter als privilegirte Kaufleute erhalten und den Seidenhandel ausschliesslich betrieben haben, ferner die Nautae der Saone, die Navicularii von Aix und der Duranice, die Fabri von Narbonne, die Ferrifabri von Cimiez, die Fabri zu Lyon u. s. w. Mit Rücksicht hierauf bemerkt daher Warnkönig, französische Staatsgeschichte, S. 54, entgegen Wilda, das Gildenwesen im Mittelalter, s. 239, mit Grund, dass dieser Schriftsteller den römischen Ursprung der Zünfte nicht genug gewürdigt habe. Zu Thun oder vielmehr zu Amsoldingen bei Thun im jetzigen Kanton Bern bestand zur Römerzeit eine Zunft der Zimmerleute (corpus fabrorum tignariorum), zu welcher auch die Goldschmiede gehörten. 1) Die Zunft der Aarflösser ist schon oben berührt worden. Das neuenburgische Dorf Ligniers scheint seinen Namen von einer Niederlassung römischer Zimmerleute und Holzhändler, (lignarii, nämlich fabri und negatiatores) erhalten zu haben, welche hier die bei den Römern zum Schiffbau so gesuchten und aus dem Bielersee in die Aar und in den Rhein geflössten Juratannen fällten und spedirten. 2) Jene zu Amsoldingen bei Thun aufgefundene Inschrift enthält: „Amill. Polynices natione Lydus artis aurifex corporis fabr. tignariorum apud eosdem omnib honoribus functus,“ woraus also hervorgeht, dass der Lydier und Goldarbeiter Amillius Polynices der Zunft der Zimmerleute angehört und 1) Mommsen, die Schweiz in römischer Zeit, S. 24; Heldmann, S 106 ff. 2) Jahn, der Kanton Bern, S. 79.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/708
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 688. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/708>, abgerufen am 19.05.2024.