Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.schlafen in dem Grabe nur dem Auferstehungsmorgen entgegen. Deshalb steht auf dem Denkmale der Meister über dem Grabe der Auflösung und des Todesschlafes in Flammenschrift geschrieben: "Deponens aliena, ascendit unus! Der Mensch vergeht nur, um zum Leben zu erwachen, - das Grab ist nicht das Ende, sondern der Anfang des wahren Lebens. So wird die klagende Todtenfeier des Dionysos-Hiram zum frohen Wiederauferstehungsfeste, zur wahren Osterfeier, zum himmlischen Mai- oder Frühlingsfeste. Die Zwölfzahl der Dionysospriesterinnen verwandelt sich am Feste der Ostara zum freudigen Osterspiele, zum Schwerttanze, den die zwölf Gesellen des Friedebold aufführen,1) und die Grabesfahrt ist nur eine Ostfahrt,2) eine Ostarfahrt, das Eingehen in den ewigen Osten, zur Ostara. Meines Herzens Osterspiel oder Ostertag, welches als Schmeichelwort die höchste Wonne für die Geliebte einst ausdrückte, drückt jetzt im höheren und höchsten Sinne die Hoffnung der Eingeweihten auf die Unsterblichkeit und Wiederauferstehung aus; das Sterben soll nur ein Auferstehungsmorgen, ein Ostertag sein, - die Sterbenden sollen zu Oestlichen werden. Höchst wahrscheinlich war nach Röth, Geschichte unserer abendländischen Philosophie, II. S. 595 ff., der pythagoreische Weihedienst ein geläuterter ägyptisch-orphischer Weihedienst, ein Sühn- und Todtencult zur Verehrung des Osiris-Dionysos, ähnlich wie die maurerische Meisteraufnahme. Schon in Phönicien, wohin Pythagoras3) getragen und deshalb auch ein Sohn des Apollo, des pythischen geheissen haben. nach Röth um das Jahr 548 v. Chr. und zwar zunächst nachl Sidon ging, soll er sich in alle bedeutenderen Weihedienste, zu Tyrus, zu Byblus u. s. w. haben aufnehmen lassen. Um in das Priestercollegium zu Theben (Diospolis) aufgenommen zu werden, unterwarf sich Pythagoras der Beschneidung; und er soll der einzige Fremde gewesen sein, welcher jemals aufgenommen wurde, was er einer 1) Simrok, deutsche Mythol., S. 407. 2) Simrok, a. a. O., S. 280. 3) Nach Ritter, Vorhalle, S. 276, welcher den Pythagoras zugleich in die nordischen d. i. altasiatischen, altbuddhistischen Weihen eingeweiht sein lässt und hierbei einer Angabe des Jamblichus folgt, soll Pythagoras seinen Namen von dem Geschlechte [fremdsprachliches Material]
schlafen in dem Grabe nur dem Auferstehungsmorgen entgegen. Deshalb steht auf dem Denkmale der Meister über dem Grabe der Auflösung und des Todesschlafes in Flammenschrift geschrieben: „Deponens aliena, ascendit unus! Der Mensch vergeht nur, um zum Leben zu erwachen, - das Grab ist nicht das Ende, sondern der Anfang des wahren Lebens. So wird die klagende Todtenfeier des Dionysos-Hiram zum frohen Wiederauferstehungsfeste, zur wahren Osterfeier, zum himmlischen Mai- oder Frühlingsfeste. Die Zwölfzahl der Dionysospriesterinnen verwandelt sich am Feste der Ostara zum freudigen Osterspiele, zum Schwerttanze, den die zwölf Gesellen des Friedebold aufführen,1) und die Grabesfahrt ist nur eine Ostfahrt,2) eine Ostarfahrt, das Eingehen in den ewigen Osten, zur Ostara. Meines Herzens Osterspiel oder Ostertag, welches als Schmeichelwort die höchste Wonne für die Geliebte einst ausdrückte, drückt jetzt im höheren und höchsten Sinne die Hoffnung der Eingeweihten auf die Unsterblichkeit und Wiederauferstehung aus; das Sterben soll nur ein Auferstehungsmorgen, ein Ostertag sein, - die Sterbenden sollen zu Oestlichen werden. Höchst wahrscheinlich war nach Röth, Geschichte unserer abendländischen Philosophie, II. S. 595 ff., der pythagoreische Weihedienst ein geläuterter ägyptisch-orphischer Weihedienst, ein Sühn- und Todtencult zur Verehrung des Osiris-Dionysos, ähnlich wie die maurerische Meisteraufnahme. Schon in Phönicien, wohin Pythagoras3) getragen und deshalb auch ein Sohn des Apollo, des pythischen geheissen haben. nach Röth um das Jahr 548 v. Chr. und zwar zunächst nachl Sidon ging, soll er sich in alle bedeutenderen Weihedienste, zu Tyrus, zu Byblus u. s. w. haben aufnehmen lassen. Um in das Priestercollegium zu Theben (Diospolis) aufgenommen zu werden, unterwarf sich Pythagoras der Beschneidung; und er soll der einzige Fremde gewesen sein, welcher jemals aufgenommen wurde, was er einer 1) Simrok, deutsche Mythol., S. 407. 2) Simrok, a. a. O., S. 280. 3) Nach Ritter, Vorhalle, S. 276, welcher den Pythagoras zugleich in die nordischen d. i. altasiatischen, altbuddhistischen Weihen eingeweiht sein lässt und hierbei einer Angabe des Jamblichus folgt, soll Pythagoras seinen Namen von dem Geschlechte [fremdsprachliches Material]
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schlafen in dem Grabe nur dem Auferstehungsmorgen entgegen. Deshalb steht auf dem Denkmale der Meister über dem Grabe der Auflösung und des Todesschlafes in Flammenschrift geschrieben: „Deponens aliena, ascendit unus! Der Mensch vergeht nur, um zum Leben zu erwachen, - das Grab ist nicht das Ende, sondern der Anfang des wahren Lebens. So wird die klagende Todtenfeier des Dionysos-Hiram zum frohen Wiederauferstehungsfeste, zur wahren Osterfeier, zum himmlischen Mai- oder Frühlingsfeste. Die Zwölfzahl der Dionysospriesterinnen verwandelt sich am Feste der Ostara zum freudigen Osterspiele, zum Schwerttanze, den die zwölf Gesellen des Friedebold aufführen, 1) und die Grabesfahrt ist nur eine Ostfahrt, 2) eine Ostarfahrt, das Eingehen in den ewigen Osten, zur Ostara. Meines Herzens Osterspiel oder Ostertag, welches als Schmeichelwort die höchste Wonne für die Geliebte einst ausdrückte, drückt jetzt im höheren und höchsten Sinne die Hoffnung der Eingeweihten auf die Unsterblichkeit und Wiederauferstehung aus; das Sterben soll nur ein Auferstehungsmorgen, ein Ostertag sein, - die Sterbenden sollen zu Oestlichen werden.
Höchst wahrscheinlich war nach Röth, Geschichte unserer abendländischen Philosophie, II. S. 595 ff., der pythagoreische Weihedienst ein geläuterter ägyptisch-orphischer Weihedienst, ein Sühn- und Todtencult zur Verehrung des Osiris-Dionysos, ähnlich wie die maurerische Meisteraufnahme. Schon in Phönicien, wohin Pythagoras 3) getragen und deshalb auch ein Sohn des Apollo, des pythischen geheissen haben. nach Röth um das Jahr 548 v. Chr. und zwar zunächst nachl Sidon ging, soll er sich in alle bedeutenderen Weihedienste, zu Tyrus, zu Byblus u. s. w. haben aufnehmen lassen. Um in das Priestercollegium zu Theben (Diospolis) aufgenommen zu werden, unterwarf sich Pythagoras der Beschneidung; und er soll der einzige Fremde gewesen sein, welcher jemals aufgenommen wurde, was er einer
1) Simrok, deutsche Mythol., S. 407.
2) Simrok, a. a. O., S. 280.
3) Nach Ritter, Vorhalle, S. 276, welcher den Pythagoras zugleich in die nordischen d. i. altasiatischen, altbuddhistischen Weihen eingeweiht sein lässt und hierbei einer Angabe des Jamblichus folgt, soll Pythagoras seinen Namen von dem Geschlechte _
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/586>, abgerufen am 01.07.2024. |