Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.einer himmlischen Seele in den menschlichen Körper erfolge. Die Wolkengöttin Holda mit ihren Seelenbrunnen in den Wolken wurde späterhin nach einem besonders in der griechischen und germanischen Mythologie so häufig erscheinenden Vorgange von dem Himmel auf die Erde versetzt, irdisch localisirt, so dass in Deutschland wenigstens noch jetzt fast jede Stadt und jedes Dorf ihren Kindsbrunnen haben, woher die Hebammen die Kinder holen und den gebärenden Müttern zutragen. Zu dem Hergottvögelein (coccinella) wird gesungen:
Hieran schliesst sich die von Aristoteles ausdrücklich als orphisch oder pythagoreisch bezeichnete, d. h., wie er sich genau ausdrückt, in dem sog. orphischen Gedichte vorgetragene Vorstellung, dass die Seelen aus dem Weltall von den Winden herbeigetragen und von den Neugebornen aufgenommen werden. Umgekehrt werden nach dem germanischen Volksglauben dann wieder der Neugebornen Sprüche von den vier Winden nach allen Weltgegenden getragen. In diesen Sagenzügen drückt sich nur der allgemeine Glaube an das ätherische Wesen der Seele, - an die Seele als ein nach allen Seiten und also namentlich nach den vier Weltgegenden leuchtendes Lichtwesen aus, wie eben deshalb auch die Licht- und Sonnengötter gewöhnlich auf einem von vier weissen oder auch rothen Rossen gezogenen Wagen an dem Himmel dahinfahren. Nach dem Mihir Yast fährt z. B. Mithra auf einem von vier weissen Rennern gezogenen Wagen. Damit in Uebereinstimmung stehend heisst es dann im Vendidad Farg. 19, 52: "Ich preise den Mithra, der ein grosses Gebiet hat, den Siegreichen, den Glänzendsten der Siegreichen, den Siegreichsten der Siegreichen." Mithra wird der Unbesiegliche auf den Mithradenkmalen genannt, indem dieselben die beständige Aufschrift haben: Deo Soli invicto Mithrae. Unbesieglieh ist Mithra, weil die Finsterniss niemals bleibend das Licht zu überwinden vermag, die anbrechende Morgensonne stets die Nacht verscheucht. Zum einer himmlischen Seele in den menschlichen Körper erfolge. Die Wolkengöttin Holda mit ihren Seelenbrunnen in den Wolken wurde späterhin nach einem besonders in der griechischen und germanischen Mythologie so häufig erscheinenden Vorgange von dem Himmel auf die Erde versetzt, irdisch localisirt, so dass in Deutschland wenigstens noch jetzt fast jede Stadt und jedes Dorf ihren Kindsbrunnen haben, woher die Hebammen die Kinder holen und den gebärenden Müttern zutragen. Zu dem Hergottvögelein (coccinella) wird gesungen:
Hieran schliesst sich die von Aristoteles ausdrücklich als orphisch oder pythagoreisch bezeichnete, d. h., wie er sich genau ausdrückt, in dem sog. orphischen Gedichte vorgetragene Vorstellung, dass die Seelen aus dem Weltall von den Winden herbeigetragen und von den Neugebornen aufgenommen werden. Umgekehrt werden nach dem germanischen Volksglauben dann wieder der Neugebornen Sprüche von den vier Winden nach allen Weltgegenden getragen. In diesen Sagenzügen drückt sich nur der allgemeine Glaube an das ätherische Wesen der Seele, – an die Seele als ein nach allen Seiten und also namentlich nach den vier Weltgegenden leuchtendes Lichtwesen aus, wie eben deshalb auch die Licht- und Sonnengötter gewöhnlich auf einem von vier weissen oder auch rothen Rossen gezogenen Wagen an dem Himmel dahinfahren. Nach dem Mihir Yast fährt z. B. Mithra auf einem von vier weissen Rennern gezogenen Wagen. Damit in Uebereinstimmung stehend heisst es dann im Vendidad Farg. 19, 52: „Ich preise den Mithra, der ein grosses Gebiet hat, den Siegreichen, den Glänzendsten der Siegreichen, den Siegreichsten der Siegreichen.“ Mithra wird der Unbesiegliche auf den Mithradenkmalen genannt, indem dieselben die beständige Aufschrift haben: Deo Soli invicto Mithrae. Unbesieglieh ist Mithra, weil die Finsterniss niemals bleibend das Licht zu überwinden vermag, die anbrechende Morgensonne stets die Nacht verscheucht. Zum <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0049" n="29"/> einer himmlischen Seele in den menschlichen Körper erfolge. Die Wolkengöttin Holda mit ihren Seelenbrunnen in den Wolken wurde späterhin nach einem besonders in der griechischen und germanischen Mythologie so häufig erscheinenden Vorgange von dem Himmel auf die Erde versetzt, irdisch localisirt, so dass in Deutschland wenigstens noch jetzt fast jede Stadt und jedes Dorf ihren Kindsbrunnen haben, woher die Hebammen die Kinder holen und den gebärenden Müttern zutragen. Zu dem Hergottvögelein (coccinella) wird gesungen:</p> <cit rendition="#c"> <quote> <p> Hergottsmogggela flieg auf,<lb/> flieg mir in den Himmel nauf,<lb/> bring a goldis schüssela runder<lb/> und a goldis wickelkindla runder.</p> </quote> </cit> <p> Hieran schliesst sich die von Aristoteles ausdrücklich als orphisch oder pythagoreisch bezeichnete, d. h., wie er sich genau ausdrückt, in dem sog. orphischen Gedichte vorgetragene Vorstellung, dass die Seelen aus dem Weltall von den Winden herbeigetragen und von den Neugebornen aufgenommen werden. Umgekehrt werden nach dem germanischen Volksglauben dann wieder der Neugebornen Sprüche von den vier Winden nach allen Weltgegenden getragen. In diesen Sagenzügen drückt sich nur der allgemeine Glaube an das ätherische Wesen der Seele, – an die Seele als ein nach allen Seiten und also namentlich nach den vier Weltgegenden leuchtendes Lichtwesen aus, wie eben deshalb auch die Licht- und Sonnengötter gewöhnlich auf einem von vier weissen oder auch rothen Rossen gezogenen Wagen an dem Himmel dahinfahren. Nach dem Mihir Yast fährt z. B. Mithra auf einem von vier weissen Rennern gezogenen Wagen. Damit in Uebereinstimmung stehend heisst es dann im Vendidad Farg. 19, 52: „Ich preise den Mithra, der ein grosses Gebiet hat, den Siegreichen, den Glänzendsten der Siegreichen, den Siegreichsten der Siegreichen.“ Mithra wird der Unbesiegliche auf den Mithradenkmalen genannt, indem dieselben die beständige Aufschrift haben: Deo Soli invicto Mithrae. Unbesieglieh ist Mithra, weil die Finsterniss niemals bleibend das Licht zu überwinden vermag, die anbrechende Morgensonne stets die Nacht verscheucht. Zum </p> </div> </body> </text> </TEI> [29/0049]
einer himmlischen Seele in den menschlichen Körper erfolge. Die Wolkengöttin Holda mit ihren Seelenbrunnen in den Wolken wurde späterhin nach einem besonders in der griechischen und germanischen Mythologie so häufig erscheinenden Vorgange von dem Himmel auf die Erde versetzt, irdisch localisirt, so dass in Deutschland wenigstens noch jetzt fast jede Stadt und jedes Dorf ihren Kindsbrunnen haben, woher die Hebammen die Kinder holen und den gebärenden Müttern zutragen. Zu dem Hergottvögelein (coccinella) wird gesungen:
Hergottsmogggela flieg auf,
flieg mir in den Himmel nauf,
bring a goldis schüssela runder
und a goldis wickelkindla runder.
Hieran schliesst sich die von Aristoteles ausdrücklich als orphisch oder pythagoreisch bezeichnete, d. h., wie er sich genau ausdrückt, in dem sog. orphischen Gedichte vorgetragene Vorstellung, dass die Seelen aus dem Weltall von den Winden herbeigetragen und von den Neugebornen aufgenommen werden. Umgekehrt werden nach dem germanischen Volksglauben dann wieder der Neugebornen Sprüche von den vier Winden nach allen Weltgegenden getragen. In diesen Sagenzügen drückt sich nur der allgemeine Glaube an das ätherische Wesen der Seele, – an die Seele als ein nach allen Seiten und also namentlich nach den vier Weltgegenden leuchtendes Lichtwesen aus, wie eben deshalb auch die Licht- und Sonnengötter gewöhnlich auf einem von vier weissen oder auch rothen Rossen gezogenen Wagen an dem Himmel dahinfahren. Nach dem Mihir Yast fährt z. B. Mithra auf einem von vier weissen Rennern gezogenen Wagen. Damit in Uebereinstimmung stehend heisst es dann im Vendidad Farg. 19, 52: „Ich preise den Mithra, der ein grosses Gebiet hat, den Siegreichen, den Glänzendsten der Siegreichen, den Siegreichsten der Siegreichen.“ Mithra wird der Unbesiegliche auf den Mithradenkmalen genannt, indem dieselben die beständige Aufschrift haben: Deo Soli invicto Mithrae. Unbesieglieh ist Mithra, weil die Finsterniss niemals bleibend das Licht zu überwinden vermag, die anbrechende Morgensonne stets die Nacht verscheucht. Zum
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |