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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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Leichnam wurde verbrannt und seine Asche in den Ganges gestreuet, womit man den Glauben an die Wiederauferstehung der Todten als eine tröstende Grundlehre, als die ewige Hoffnung aufgegeben hatte.1) Bei den Griechen, bei den Römern, bei den Kelten, - im ganzen alten, mitteleuropäischen, germanischen Norden findet sich mit, neben und nach der Beerdigung der ganzen Leichname zwar auch deren Verbrennen, jedoch werden die Brandüberreste der Knochen in Todtenurnen gesammelt und in Grabhügeln an heiliger Stätte beigesetzt. Das maurerische Denkmal der Meister ist nun offenbar dem Verbrennungsdienste derTodten entlehnt und in dem Beerdigungscultus des Hiram ein völlig fremdartiger, ja geradezu unpassender Bestandtheil, da auf diese Weise die Seele in zwei Gestalten, auf zwei Wegen dem Todten- und Himmelsreiche zugeführt wird: durch das Schiff über den Todtenstrom und durch das verzehrende und reinigende Feuer des Holzstosses, worauf der Leichnam verbrannt wird. Wollte und dürfte man das Denkmal der Meister mit dem Entzünden der Spiritusflamme in der Trauerloge in einen inneren Zusammenhang bringen, könnte das letztere auch als das symbolische Entzünden des Holzstosses bei der Leichenverbrennuug durch den innigsten Freund des Verstorbenen aufgefasst werden und das: deponens aliena ascendit unus wäre die deutende Aufschrift dieses Holzstosses selbst. Wann später das Denkmal der Meister in den Beerdigungsdienst des Hiram eingefügt worden sei, lässt sich auch nur annähernd nicht mehr ermitteln; es kann erst im Jahr 1717 und selbst noch später beigesetzt worden sein, jedoch ist es wahrscheinlich, dass die alten Bauleute dieses Denkmal errichteten, nachdem sie in ein Land und zu einem Volke gekommen waren, wo nicht die Leichenbestattung, sondern die Leichenverbrennung Sitte gewesen, was gleichmässig zur Römer-, zur Kelten- und Germanengeist im römischen Reiche, in den keltischen und germanischen Landen d. h. in Gallien, England und Deutschland an sich geschehen sein könnte. Die lateinische Inschrift des Denkmals der Meister in Verbindung mit der

1) Vergl. auch Ritter, Vorhalle, S. 244 und 445.

Leichnam wurde verbrannt und seine Asche in den Ganges gestreuet, womit man den Glauben an die Wiederauferstehung der Todten als eine tröstende Grundlehre, als die ewige Hoffnung aufgegeben hatte.1) Bei den Griechen, bei den Römern, bei den Kelten, – im ganzen alten, mitteleuropäischen, germanischen Norden findet sich mit, neben und nach der Beerdigung der ganzen Leichname zwar auch deren Verbrennen, jedoch werden die Brandüberreste der Knochen in Todtenurnen gesammelt und in Grabhügeln an heiliger Stätte beigesetzt. Das maurerische Denkmal der Meister ist nun offenbar dem Verbrennungsdienste derTodten entlehnt und in dem Beerdigungscultus des Hiram ein völlig fremdartiger, ja geradezu unpassender Bestandtheil, da auf diese Weise die Seele in zwei Gestalten, auf zwei Wegen dem Todten- und Himmelsreiche zugeführt wird: durch das Schiff über den Todtenstrom und durch das verzehrende und reinigende Feuer des Holzstosses, worauf der Leichnam verbrannt wird. Wollte und dürfte man das Denkmal der Meister mit dem Entzünden der Spiritusflamme in der Trauerloge in einen inneren Zusammenhang bringen, könnte das letztere auch als das symbolische Entzünden des Holzstosses bei der Leichenverbrennuug durch den innigsten Freund des Verstorbenen aufgefasst werden und das: deponens aliena ascendit unus wäre die deutende Aufschrift dieses Holzstosses selbst. Wann später das Denkmal der Meister in den Beerdigungsdienst des Hiram eingefügt worden sei, lässt sich auch nur annähernd nicht mehr ermitteln; es kann erst im Jahr 1717 und selbst noch später beigesetzt worden sein, jedoch ist es wahrscheinlich, dass die alten Bauleute dieses Denkmal errichteten, nachdem sie in ein Land und zu einem Volke gekommen waren, wo nicht die Leichenbestattung, sondern die Leichenverbrennung Sitte gewesen, was gleichmässig zur Römer-, zur Kelten- und Germanengeist im römischen Reiche, in den keltischen und germanischen Landen d. h. in Gallien, England und Deutschland an sich geschehen sein könnte. Die lateinische Inschrift des Denkmals der Meister in Verbindung mit der

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[310/0330] Leichnam wurde verbrannt und seine Asche in den Ganges gestreuet, womit man den Glauben an die Wiederauferstehung der Todten als eine tröstende Grundlehre, als die ewige Hoffnung aufgegeben hatte. 1) Bei den Griechen, bei den Römern, bei den Kelten, – im ganzen alten, mitteleuropäischen, germanischen Norden findet sich mit, neben und nach der Beerdigung der ganzen Leichname zwar auch deren Verbrennen, jedoch werden die Brandüberreste der Knochen in Todtenurnen gesammelt und in Grabhügeln an heiliger Stätte beigesetzt. Das maurerische Denkmal der Meister ist nun offenbar dem Verbrennungsdienste derTodten entlehnt und in dem Beerdigungscultus des Hiram ein völlig fremdartiger, ja geradezu unpassender Bestandtheil, da auf diese Weise die Seele in zwei Gestalten, auf zwei Wegen dem Todten- und Himmelsreiche zugeführt wird: durch das Schiff über den Todtenstrom und durch das verzehrende und reinigende Feuer des Holzstosses, worauf der Leichnam verbrannt wird. Wollte und dürfte man das Denkmal der Meister mit dem Entzünden der Spiritusflamme in der Trauerloge in einen inneren Zusammenhang bringen, könnte das letztere auch als das symbolische Entzünden des Holzstosses bei der Leichenverbrennuug durch den innigsten Freund des Verstorbenen aufgefasst werden und das: deponens aliena ascendit unus wäre die deutende Aufschrift dieses Holzstosses selbst. Wann später das Denkmal der Meister in den Beerdigungsdienst des Hiram eingefügt worden sei, lässt sich auch nur annähernd nicht mehr ermitteln; es kann erst im Jahr 1717 und selbst noch später beigesetzt worden sein, jedoch ist es wahrscheinlich, dass die alten Bauleute dieses Denkmal errichteten, nachdem sie in ein Land und zu einem Volke gekommen waren, wo nicht die Leichenbestattung, sondern die Leichenverbrennung Sitte gewesen, was gleichmässig zur Römer-, zur Kelten- und Germanengeist im römischen Reiche, in den keltischen und germanischen Landen d. h. in Gallien, England und Deutschland an sich geschehen sein könnte. Die lateinische Inschrift des Denkmals der Meister in Verbindung mit der 1) Vergl. auch Ritter, Vorhalle, S. 244 und 445.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/330>, abgerufen am 14.05.2024.