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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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pian der Ort, von welchem herab geschauet oder gespähet wird, - locus, unde despicitur, Wie wir aus Eubulus erfahren, soll die Mithrashöhle, gleich der maurerischen Loge, schon bei den Persern auch ein Bild der Welt gewesen sein; ihr Inneres habe in symmetrischen Abständen ein Sinnbild dargeboten der kosmischen Elemente und Klimate. Der Sage zufolge soll Zarathustra selbst den Mithracultus in Höhlen gestiftet haben und von ihm wird erzählt, dass er aus Liebe zur Weisheit und Gerechtigkeit sich von den Menschen getrennt und allein auf einem Berge gelebt habe. 1) Der letzte und tiefste Gedanke der Mithrahöhlen und des Mithracultus, der ganzen Religion und des Glaubens des Zarathustra war aber das Hervorgehen und die Schöpfung des Lichtes aus der Finsterniss, das Werden des Lichtes, - der Gegensatz des Lichtes und der Finsterniss, des Guten und des Bösen. Jedenfalls hat die Höhle des Mithra, die Lichthöhle, ihren Ursprung in dem hohen Alterthume und es ist nicht allein eine gemeinsame Vorstellung aller indo-germanischen Völker, sondern selbst der Urmenschheit oder nachweisbar fast aller Völker der Erde, die Lichtgötter in der Dunkelheit, in Höhlen geboren und erzogen werden zu lassen, 2) wie dieses in sehr vielen Göttermythen enthalten ist. Namentlich der griechische Zeus, welcher in der idäischen Höhle, und Apollo, welcher aus dem Schosse der Latona oder der Nacht geboren wird, berühren sich hier mit dem felsengebornen Mithra, und der Felsen, die Höhle und die Nacht sind blos verschiedene Bilder für die dunkeln Himmelswolken, aus welchen das Licht, Sonne und Mond, Apollo und Artemis strahlend und leuchtend hervorbrechen. Die in der griechischen Mythe so schön beschriebene Geburt des Apollo ist nur die Beschreibung eines herrlichen Sonnenaufganges im Frühlinge über den mittelländischen und den griechischen Inseln. Die umhergetriebene, kreisende und dunkle ([fremdsprachliches Material]) Mutter Leto oder Latona ist die bergende Wolke der Nacht, wie die schwimmende Insel auf welcher der gewaltige Lichtgott Apollo geboren wird;

1) Windischmann, a. a. O., S. 62.
2) Alpina für 1860, 8. 157.

pian der Ort, von welchem herab geschauet oder gespähet wird, – locus, unde despicitur, Wie wir aus Eubulus erfahren, soll die Mithrashöhle, gleich der maurerischen Loge, schon bei den Persern auch ein Bild der Welt gewesen sein; ihr Inneres habe in symmetrischen Abständen ein Sinnbild dargeboten der kosmischen Elemente und Klimate. Der Sage zufolge soll Zarathustra selbst den Mithracultus in Höhlen gestiftet haben und von ihm wird erzählt, dass er aus Liebe zur Weisheit und Gerechtigkeit sich von den Menschen getrennt und allein auf einem Berge gelebt habe. 1) Der letzte und tiefste Gedanke der Mithrahöhlen und des Mithracultus, der ganzen Religion und des Glaubens des Zarathustra war aber das Hervorgehen und die Schöpfung des Lichtes aus der Finsterniss, das Werden des Lichtes, – der Gegensatz des Lichtes und der Finsterniss, des Guten und des Bösen. Jedenfalls hat die Höhle des Mithra, die Lichthöhle, ihren Ursprung in dem hohen Alterthume und es ist nicht allein eine gemeinsame Vorstellung aller indo-germanischen Völker, sondern selbst der Urmenschheit oder nachweisbar fast aller Völker der Erde, die Lichtgötter in der Dunkelheit, in Höhlen geboren und erzogen werden zu lassen, 2) wie dieses in sehr vielen Göttermythen enthalten ist. Namentlich der griechische Zeus, welcher in der idäischen Höhle, und Apollo, welcher aus dem Schosse der Latona oder der Nacht geboren wird, berühren sich hier mit dem felsengebornen Mithra, und der Felsen, die Höhle und die Nacht sind blos verschiedene Bilder für die dunkeln Himmelswolken, aus welchen das Licht, Sonne und Mond, Apollo und Artemis strahlend und leuchtend hervorbrechen. Die in der griechischen Mythe so schön beschriebene Geburt des Apollo ist nur die Beschreibung eines herrlichen Sonnenaufganges im Frühlinge über den mittelländischen und den griechischen Inseln. Die umhergetriebene, kreisende und dunkle ([fremdsprachliches Material]) Mutter Leto oder Latona ist die bergende Wolke der Nacht, wie die schwimmende Insel auf welcher der gewaltige Lichtgott Apollo geboren wird;

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[58/0074] pian der Ort, von welchem herab geschauet oder gespähet wird, – locus, unde despicitur, Wie wir aus Eubulus erfahren, soll die Mithrashöhle, gleich der maurerischen Loge, schon bei den Persern auch ein Bild der Welt gewesen sein; ihr Inneres habe in symmetrischen Abständen ein Sinnbild dargeboten der kosmischen Elemente und Klimate. Der Sage zufolge soll Zarathustra selbst den Mithracultus in Höhlen gestiftet haben und von ihm wird erzählt, dass er aus Liebe zur Weisheit und Gerechtigkeit sich von den Menschen getrennt und allein auf einem Berge gelebt habe. 1) Der letzte und tiefste Gedanke der Mithrahöhlen und des Mithracultus, der ganzen Religion und des Glaubens des Zarathustra war aber das Hervorgehen und die Schöpfung des Lichtes aus der Finsterniss, das Werden des Lichtes, – der Gegensatz des Lichtes und der Finsterniss, des Guten und des Bösen. Jedenfalls hat die Höhle des Mithra, die Lichthöhle, ihren Ursprung in dem hohen Alterthume und es ist nicht allein eine gemeinsame Vorstellung aller indo-germanischen Völker, sondern selbst der Urmenschheit oder nachweisbar fast aller Völker der Erde, die Lichtgötter in der Dunkelheit, in Höhlen geboren und erzogen werden zu lassen, 2) wie dieses in sehr vielen Göttermythen enthalten ist. Namentlich der griechische Zeus, welcher in der idäischen Höhle, und Apollo, welcher aus dem Schosse der Latona oder der Nacht geboren wird, berühren sich hier mit dem felsengebornen Mithra, und der Felsen, die Höhle und die Nacht sind blos verschiedene Bilder für die dunkeln Himmelswolken, aus welchen das Licht, Sonne und Mond, Apollo und Artemis strahlend und leuchtend hervorbrechen. Die in der griechischen Mythe so schön beschriebene Geburt des Apollo ist nur die Beschreibung eines herrlichen Sonnenaufganges im Frühlinge über den mittelländischen und den griechischen Inseln. Die umhergetriebene, kreisende und dunkle (_ ) Mutter Leto oder Latona ist die bergende Wolke der Nacht, wie die schwimmende Insel auf welcher der gewaltige Lichtgott Apollo geboren wird; 1) Windischmann, a. a. O., S. 62. 2) Alpina für 1860, 8. 157.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/74>, abgerufen am 22.11.2024.