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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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wie der heilige Martin und sein Fest mit der Martinsgans ein ähnliches anti-wuotanisches Entstehen hat.1) Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 87, bringt die noch jetzt zu Neujahr und zur Fastnachtszeit üblichen Mummereien und lärmenden Festgelage mit dem Frocultus, mit dem Gotte der Freude in Verbindung, worin wir ihm nicht nur bestimmen, sondern auch die Kirmessgebräuche auf dem freudegebenden, auf den frohen Gott, - auf den bacchantischen Ebergott2) beziehen. Das Nothfeuer, dessen Namen Grimm auf die ahd. Wurzel uniotan = stossen, reiben, zurückführt, da diese Ableitung der lateinischen Uebersetzung de igne fricato wörtlich entspricht, hat Wolf mit Fro, dem Beschützer des Viehstandes gleichfalls in sehr wahrscheinliche Verbindung gebracht; denn es wurde nicht, wie die Oster- und Johannisfeuer, zu gewissen Jahreszeiten, sondern bei herrschenden Viehseuchen und unter bestimmten abergläubischen Gebräuchen entzündet, worauf die Thiere, die Schweine voran, durch dasselbe getrieben wurden. Auch der Studentenausdruck, Schwein haben , d, i. Glück halsen, gefällig sein, das Schwein gewinnen, hat einen mythologischen Ursprung und kommt in Baiern auch bei den Erndte- und Hochzeitsgebräuchen noch heute vor.3) Dem Fro als dem Gotte der Liebe und des Ehesegens war der Rosmarin geweiht, weshalb er auch noch heute in den mannichfachsten Beziehungen, namentlich als Hochzeits- und als Leichenschmuck gebräuchlich ist.4) Das Trinken des Johannissegens, welcher auch in Baiern nach der Trauung den Vermählten wie den Gästen dargeboten und auf den Namen Johannes des Evangelisten jetzt getrunken wird, leitet Quitzmann, a. a. O., S. 89 und 90, von dem Trinken der Minne Fro's ab. Die schwesterliche Gattin des Fro ist die Freyja, Frouwa, das Ideal der deutschen Frau, welcher

1) Vergl. Mülhause, S. 305 ff.
2) Vergl. auch noch über den Ebercultus Schmeller, bayerisches Wörterbuch, III. S. 259 unter Sünheu.
3) Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 65, unten, S. 85 und 88 unten.
4) Quitzmann, a. a. O., S. 89.

wie der heilige Martin und sein Fest mit der Martinsgans ein ähnliches anti-wuotanisches Entstehen hat.1) Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 87, bringt die noch jetzt zu Neujahr und zur Fastnachtszeit üblichen Mummereien und lärmenden Festgelage mit dem Frôcultus, mit dem Gotte der Freude in Verbindung, worin wir ihm nicht nur bestimmen, sondern auch die Kirmessgebräuche auf dem freudegebenden, auf den frohen Gott, – auf den bacchantischen Ebergott2) beziehen. Das Nothfeuer, dessen Namen Grimm auf die ahd. Wurzel uniotan = stossen, reiben, zurückführt, da diese Ableitung der lateinischen Uebersetzung de igne fricato wörtlich entspricht, hat Wolf mit Frô, dem Beschützer des Viehstandes gleichfalls in sehr wahrscheinliche Verbindung gebracht; denn es wurde nicht, wie die Oster- und Johannisfeuer, zu gewissen Jahreszeiten, sondern bei herrschenden Viehseuchen und unter bestimmten abergläubischen Gebräuchen entzündet, worauf die Thiere, die Schweine voran, durch dasselbe getrieben wurden. Auch der Studentenausdruck, Schwein haben , d, i. Glück halsen, gefällig sein, das Schwein gewinnen, hat einen mythologischen Ursprung und kommt in Baiern auch bei den Erndte- und Hochzeitsgebräuchen noch heute vor.3) Dem Frô als dem Gotte der Liebe und des Ehesegens war der Rosmarin geweiht, weshalb er auch noch heute in den mannichfachsten Beziehungen, namentlich als Hochzeits- und als Leichenschmuck gebräuchlich ist.4) Das Trinken des Johannissegens, welcher auch in Baiern nach der Trauung den Vermählten wie den Gästen dargeboten und auf den Namen Johannes des Evangelisten jetzt getrunken wird, leitet Quitzmann, a. a. O., S. 89 und 90, von dem Trinken der Minne Frô’s ab. Die schwesterliche Gattin des Frô ist die Freyja, Frouwa, das Ideal der deutschen Frau, welcher

1) Vergl. Mülhause, S. 305 ff.
2) Vergl. auch noch über den Ebercultus Schmeller, bayerisches Wörterbuch, III. S. 259 unter Sünheu.
3) Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 65, unten, S. 85 und 88 unten.
4) Quitzmann, a. a. O., S. 89.
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 stossen, reiben, zurückführt, da diese Ableitung der lateinischen Uebersetzung de igne fricato
 wörtlich entspricht, hat Wolf mit Frô, dem Beschützer des Viehstandes gleichfalls in sehr
 wahrscheinliche Verbindung gebracht; denn es wurde nicht, wie die Oster- und Johannisfeuer, zu
 gewissen Jahreszeiten, sondern bei herrschenden Viehseuchen und unter bestimmten abergläubischen
 Gebräuchen entzündet, worauf die Thiere, die Schweine voran, durch dasselbe getrieben wurden. Auch
 der Studentenausdruck, Schwein haben , d, i. Glück halsen, gefällig sein, das Schwein gewinnen, hat
 einen mythologischen Ursprung und kommt in Baiern auch bei den Erndte- und Hochzeitsgebräuchen noch
 heute vor.<note place="foot" n="3)">Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 65, unten,
 S. 85 und 88 unten.</note> Dem Frô als dem Gotte der Liebe und des Ehesegens war der Rosmarin
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 Quitzmann, a. a. O., S. 89 und 90, von dem Trinken der Minne Frô&#x2019;s ab. Die schwesterliche Gattin des
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[618/0634] wie der heilige Martin und sein Fest mit der Martinsgans ein ähnliches anti-wuotanisches Entstehen hat. 1) Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 87, bringt die noch jetzt zu Neujahr und zur Fastnachtszeit üblichen Mummereien und lärmenden Festgelage mit dem Frôcultus, mit dem Gotte der Freude in Verbindung, worin wir ihm nicht nur bestimmen, sondern auch die Kirmessgebräuche auf dem freudegebenden, auf den frohen Gott, – auf den bacchantischen Ebergott 2) beziehen. Das Nothfeuer, dessen Namen Grimm auf die ahd. Wurzel uniotan = stossen, reiben, zurückführt, da diese Ableitung der lateinischen Uebersetzung de igne fricato wörtlich entspricht, hat Wolf mit Frô, dem Beschützer des Viehstandes gleichfalls in sehr wahrscheinliche Verbindung gebracht; denn es wurde nicht, wie die Oster- und Johannisfeuer, zu gewissen Jahreszeiten, sondern bei herrschenden Viehseuchen und unter bestimmten abergläubischen Gebräuchen entzündet, worauf die Thiere, die Schweine voran, durch dasselbe getrieben wurden. Auch der Studentenausdruck, Schwein haben , d, i. Glück halsen, gefällig sein, das Schwein gewinnen, hat einen mythologischen Ursprung und kommt in Baiern auch bei den Erndte- und Hochzeitsgebräuchen noch heute vor. 3) Dem Frô als dem Gotte der Liebe und des Ehesegens war der Rosmarin geweiht, weshalb er auch noch heute in den mannichfachsten Beziehungen, namentlich als Hochzeits- und als Leichenschmuck gebräuchlich ist. 4) Das Trinken des Johannissegens, welcher auch in Baiern nach der Trauung den Vermählten wie den Gästen dargeboten und auf den Namen Johannes des Evangelisten jetzt getrunken wird, leitet Quitzmann, a. a. O., S. 89 und 90, von dem Trinken der Minne Frô’s ab. Die schwesterliche Gattin des Frô ist die Freyja, Frouwa, das Ideal der deutschen Frau, welcher 1) Vergl. Mülhause, S. 305 ff. 2) Vergl. auch noch über den Ebercultus Schmeller, bayerisches Wörterbuch, III. S. 259 unter Sünheu. 3) Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 65, unten, S. 85 und 88 unten. 4) Quitzmann, a. a. O., S. 89.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/634>, abgerufen am 18.05.2024.