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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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Behauptung gelöset, dass der Täufer und Christus in dem Bunde der Essäer erzogen und als Eingeweihte von diesem ausgesandt worden seien, um eine reinere Religionslehre gegenüber dem erstarrten Judenthum und besonders den jüdischen Secten der Pharisäer und Sadducäer zu lehren. Zu dieser Ansicht neigt sich selbst Stäudlin, indem er a. a. O., S. 479, aus dem furchtbaren Eide, den die Essäer bei ihrer Aufnahme schwören mussten, folgert, dass der Orden und zwar vornehmlich in den höhern Graden Geheimnisse gehabt habe, von welchen Josephus und Philo Nichts wussten und welche gar nicht öffentlich bekannt wurden; in die eigentlichen Geheimnisse des Ordens, die auf weitaussehende Plane zur Verbesserung der Sitten unter den Menschen gingen, seien nur Diejenigen eingedrungen, welche bis in den höchsten Grad gelangt waren. Die gesammten Zeitverhältnisse des jüdischen Volkes und Reiches in den zwei Jahrhunderten vor Christus machen es allerdings wahrscheinlich, dass die Essäer ein geheimer religiös-patriotischer Bund gewesen, aber Sicheres wissen wir nicht. Ständlin, a. a. O., I. S. 581, bemerkt in dieser Beziehung noch: "Was thut es, dass uns Philo und Josephus nichts von der Erwartung des Messias unter den Essäern sagen? Im Orden selbst war nichts damit anzufangen, aber der Orden, der ohne Zweifel grosse geheime Zwecke hatte, konnte diese Erwartung sehr geschickt benutzen, um dadurch eine wichtige moralische Revolution in der Nation zu bewirken. Als der Anfang dazu gemacht war, da war es kein Wunder, wenn nun manche Essener selbst Christen wurden. Deutliche Spuren davon werden wir in den Briefen an Epheser, Colosser und den Thimotheus antreffen. Den Mathäus scheint Clemens von Alexandrien als einen Essener beschreiben zu wollen." - Die Essäer würden durch ihre geheimen Reformationspläne mit den Pythagoräern zusammentreffen und beide hätten sich als eines Mittels zur Verwirklichung ihrer Pläne der Jugenderziehung, der Volksbelehrung, der Predigt der Besserung bedient. Bei seiner Ankunft in Kroton begann Pythagoras vor den Jünglingen, vor dem Senate, vor den Knaben und den Frauen in einem ähnlichen Sinne Reden

Behauptung gelöset, dass der Täufer und Christus in dem Bunde der Essäer erzogen und als Eingeweihte von diesem ausgesandt worden seien, um eine reinere Religionslehre gegenüber dem erstarrten Judenthum und besonders den jüdischen Secten der Pharisäer und Sadducäer zu lehren. Zu dieser Ansicht neigt sich selbst Stäudlin, indem er a. a. O., S. 479, aus dem furchtbaren Eide, den die Essäer bei ihrer Aufnahme schwören mussten, folgert, dass der Orden und zwar vornehmlich in den höhern Graden Geheimnisse gehabt habe, von welchen Josephus und Philo Nichts wussten und welche gar nicht öffentlich bekannt wurden; in die eigentlichen Geheimnisse des Ordens, die auf weitaussehende Plane zur Verbesserung der Sitten unter den Menschen gingen, seien nur Diejenigen eingedrungen, welche bis in den höchsten Grad gelangt waren. Die gesammten Zeitverhältnisse des jüdischen Volkes und Reiches in den zwei Jahrhunderten vor Christus machen es allerdings wahrscheinlich, dass die Essäer ein geheimer religiös-patriotischer Bund gewesen, aber Sicheres wissen wir nicht. Ständlin, a. a. O., I. S. 581, bemerkt in dieser Beziehung noch: „Was thut es, dass uns Philo und Josephus nichts von der Erwartung des Messias unter den Essäern sagen? Im Orden selbst war nichts damit anzufangen, aber der Orden, der ohne Zweifel grosse geheime Zwecke hatte, konnte diese Erwartung sehr geschickt benutzen, um dadurch eine wichtige moralische Revolution in der Nation zu bewirken. Als der Anfang dazu gemacht war, da war es kein Wunder, wenn nun manche Essener selbst Christen wurden. Deutliche Spuren davon werden wir in den Briefen an Epheser, Colosser und den Thimotheus antreffen. Den Mathäus scheint Clemens von Alexandrien als einen Essener beschreiben zu wollen.“ – Die Essäer würden durch ihre geheimen Reformationspläne mit den Pythagoräern zusammentreffen und beide hätten sich als eines Mittels zur Verwirklichung ihrer Pläne der Jugenderziehung, der Volksbelehrung, der Predigt der Besserung bedient. Bei seiner Ankunft in Kroton begann Pythagoras vor den Jünglingen, vor dem Senate, vor den Knaben und den Frauen in einem ähnlichen Sinne Reden

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 Plane zur Verbesserung der Sitten unter den Menschen gingen, seien nur Diejenigen eingedrungen,
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 und Reiches in den zwei Jahrhunderten vor Christus machen es allerdings wahrscheinlich, dass die
 Essäer ein geheimer religiös-patriotischer Bund gewesen, aber Sicheres wissen wir nicht. Ständlin,
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 Als der Anfang dazu gemacht war, da war es kein Wunder, wenn nun manche Essener selbst Christen
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 Die Essäer würden durch ihre geheimen Reformationspläne mit den Pythagoräern zusammentreffen und
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[558/0574] Behauptung gelöset, dass der Täufer und Christus in dem Bunde der Essäer erzogen und als Eingeweihte von diesem ausgesandt worden seien, um eine reinere Religionslehre gegenüber dem erstarrten Judenthum und besonders den jüdischen Secten der Pharisäer und Sadducäer zu lehren. Zu dieser Ansicht neigt sich selbst Stäudlin, indem er a. a. O., S. 479, aus dem furchtbaren Eide, den die Essäer bei ihrer Aufnahme schwören mussten, folgert, dass der Orden und zwar vornehmlich in den höhern Graden Geheimnisse gehabt habe, von welchen Josephus und Philo Nichts wussten und welche gar nicht öffentlich bekannt wurden; in die eigentlichen Geheimnisse des Ordens, die auf weitaussehende Plane zur Verbesserung der Sitten unter den Menschen gingen, seien nur Diejenigen eingedrungen, welche bis in den höchsten Grad gelangt waren. Die gesammten Zeitverhältnisse des jüdischen Volkes und Reiches in den zwei Jahrhunderten vor Christus machen es allerdings wahrscheinlich, dass die Essäer ein geheimer religiös-patriotischer Bund gewesen, aber Sicheres wissen wir nicht. Ständlin, a. a. O., I. S. 581, bemerkt in dieser Beziehung noch: „Was thut es, dass uns Philo und Josephus nichts von der Erwartung des Messias unter den Essäern sagen? Im Orden selbst war nichts damit anzufangen, aber der Orden, der ohne Zweifel grosse geheime Zwecke hatte, konnte diese Erwartung sehr geschickt benutzen, um dadurch eine wichtige moralische Revolution in der Nation zu bewirken. Als der Anfang dazu gemacht war, da war es kein Wunder, wenn nun manche Essener selbst Christen wurden. Deutliche Spuren davon werden wir in den Briefen an Epheser, Colosser und den Thimotheus antreffen. Den Mathäus scheint Clemens von Alexandrien als einen Essener beschreiben zu wollen.“ – Die Essäer würden durch ihre geheimen Reformationspläne mit den Pythagoräern zusammentreffen und beide hätten sich als eines Mittels zur Verwirklichung ihrer Pläne der Jugenderziehung, der Volksbelehrung, der Predigt der Besserung bedient. Bei seiner Ankunft in Kroton begann Pythagoras vor den Jünglingen, vor dem Senate, vor den Knaben und den Frauen in einem ähnlichen Sinne Reden

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/574>, abgerufen am 18.05.2024.