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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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wurde es zu einem sichtbaren, das Sichtbare umfassenden Beseelten, ein sinnlich wahrnehmbarer Gott, das Abbild des nur der Vernunft zugänglichen Gottes, der grösste und beste, der schönste und vollkommenste der Götter, dieser einzige Himmel, der ein Geborner ist." - Christus sagt dagegen im Evangelium Luc. 17, 21, dass das Reich Gottes in uns sei. Die Menschheit ist mithin die sichtbare, die lebende Gottheit; trägt die Gottheit als Vernunft in dem eigenen Geiste, als Gewissen in der eigenen Brust. Wer an Gott glaubt und auf Gott vertrauet, erfüllet Gottes Willen, unterwirft sich Gottes Fügung und nimmt die Kelle, um nach dem göttlichen Plane und Gesetze zu bauen, wo ihm auch immer bei dem Baue seine Stelle angewiesen worden sein möchte.1) Der gottgläubige Meister entwirft nicht selbst den Lebensplan, er strebt nur zu erkennen und zu vollbringen, was ihm das höhere Schicksal, was ihm der Himmel auferleget. Nicht die Stunde der Geburt und nicht die Stunde des Todes steht in des Menschen Macht; der Mensch tritt in das Leben und verlässt es wieder, wenn der Meister ruft. Selbst in der kurzen Spanne Zeit, welche dem Menschen von der Wiege bis zum Sarge zu leben vergönnt ist, vermag er blos zu erreichen und zu schaffen, was Gott beschlossen hat. Nimmer erkühne sich der sterbliche Maurer, in frevelndem Eigendünkel und in stolzem Uebermuthe der

1) Siehe auch Polak, die Tapis, S. 108 ff., wo der Satz, dass in dem Baue der Gottheit und der Menschheit alle Arbeiter und alle Bausteine, an welcher Stelle sie sich auch befinden mögen, ob oben oder unten, den gleichen innern Werth haben, durch eine geometrische Figur versinnbildlicht wird. Es fügt Polak der Figur die Worte erklärend bei: "Denn, nicht die Stelle, aber deren würdige Ausfüllung ist es, welche des Menschen moralische Würde bestimmen kann. Gross oder Klein, wenn nur Jeder an dem ihm angewiesenen Standorte nach Gebühr arbeitet, erfüllt Jeder, von seinem Stand-Orte aus die Absichten Gottes: Gross oder Klein sind insofern beide ehrwürdig, und als moralische, gleichbegabte, gleichberechtigte Wesen, einander gleich." Diesen an sich ganz wahren Satz leitet aber Polak von dem Reisbrette ab, auf welches man freilich mit dem gleichen Grunde alle nur möglichen Figuren zeichnen kann; auf dem wirklichen maurerischen Reisbrette steht Nichts, es ist eine tabula rasa.

wurde es zu einem sichtbaren, das Sichtbare umfassenden Beseelten, ein sinnlich wahrnehmbarer Gott, das Abbild des nur der Vernunft zugänglichen Gottes, der grösste und beste, der schönste und vollkommenste der Götter, dieser einzige Himmel, der ein Geborner ist.“ – Christus sagt dagegen im Evangelium Luc. 17, 21, dass das Reich Gottes in uns sei. Die Menschheit ist mithin die sichtbare, die lebende Gottheit; trägt die Gottheit als Vernunft in dem eigenen Geiste, als Gewissen in der eigenen Brust. Wer an Gott glaubt und auf Gott vertrauet, erfüllet Gottes Willen, unterwirft sich Gottes Fügung und nimmt die Kelle, um nach dem göttlichen Plane und Gesetze zu bauen, wo ihm auch immer bei dem Baue seine Stelle angewiesen worden sein möchte.1) Der gottgläubige Meister entwirft nicht selbst den Lebensplan, er strebt nur zu erkennen und zu vollbringen, was ihm das höhere Schicksal, was ihm der Himmel auferleget. Nicht die Stunde der Geburt und nicht die Stunde des Todes steht in des Menschen Macht; der Mensch tritt in das Leben und verlässt es wieder, wenn der Meister ruft. Selbst in der kurzen Spanne Zeit, welche dem Menschen von der Wiege bis zum Sarge zu leben vergönnt ist, vermag er blos zu erreichen und zu schaffen, was Gott beschlossen hat. Nimmer erkühne sich der sterbliche Maurer, in frevelndem Eigendünkel und in stolzem Uebermuthe der

1) Siehe auch Polak, die Tapis, S. 108 ff., wo der Satz, dass in dem Baue der Gottheit und der Menschheit alle Arbeiter und alle Bausteine, an welcher Stelle sie sich auch befinden mögen, ob oben oder unten, den gleichen innern Werth haben, durch eine geometrische Figur versinnbildlicht wird. Es fügt Polak der Figur die Worte erklärend bei: „Denn, nicht die Stelle, aber deren würdige Ausfüllung ist es, welche des Menschen moralische Würde bestimmen kann. Gross oder Klein, wenn nur Jeder an dem ihm angewiesenen Standorte nach Gebühr arbeitet, erfüllt Jeder, von seinem Stand-Orte aus die Absichten Gottes: Gross oder Klein sind insofern beide ehrwürdig, und als moralische, gleichbegabte, gleichberechtigte Wesen, einander gleich.“ Diesen an sich ganz wahren Satz leitet aber Polak von dem Reisbrette ab, auf welches man freilich mit dem gleichen Grunde alle nur möglichen Figuren zeichnen kann; auf dem wirklichen maurerischen Reisbrette steht Nichts, es ist eine tabula rasa.
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 ein Geborner ist.&#x201C; &#x2013; Christus sagt dagegen im Evangelium Luc. 17, 21, dass das Reich Gottes in uns
 sei. Die Menschheit ist mithin die sichtbare, die lebende Gottheit; trägt die Gottheit als Vernunft
 in dem eigenen Geiste, als Gewissen in der eigenen Brust. Wer an Gott glaubt und auf Gott vertrauet,
 erfüllet Gottes Willen, unterwirft sich Gottes Fügung und nimmt die Kelle, um nach dem göttlichen
 Plane und Gesetze zu bauen, wo ihm auch immer bei dem Baue seine Stelle angewiesen worden sein
 möchte.<note place="foot" n="1)">Siehe auch Polak, die Tapis, S. 108 ff., wo der Satz, dass in dem
 Baue der Gottheit und der Menschheit alle Arbeiter und alle Bausteine, an welcher Stelle sie sich
 auch befinden mögen, ob oben oder unten, den gleichen innern Werth haben, durch eine geometrische
 Figur versinnbildlicht wird. Es fügt Polak der Figur die Worte erklärend bei: &#x201E;Denn, nicht die
 Stelle, aber deren würdige Ausfüllung ist es, welche des Menschen moralische Würde bestimmen kann.
 Gross oder Klein, wenn nur Jeder an dem ihm angewiesenen Standorte nach Gebühr arbeitet, erfüllt
 Jeder, von seinem Stand-Orte aus die Absichten Gottes: Gross oder Klein sind insofern beide
 ehrwürdig, und als moralische, gleichbegabte, gleichberechtigte Wesen, einander gleich.&#x201C; Diesen an
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 steht Nichts, es ist eine tabula rasa. </note> Der gottgläubige Meister entwirft nicht selbst den
 Lebensplan, er strebt nur zu erkennen und zu vollbringen, was ihm das höhere Schicksal, was ihm der
 Himmel auferleget. Nicht die Stunde der Geburt und nicht die Stunde des Todes steht in des Menschen
 Macht; der Mensch tritt in das Leben und verlässt es wieder, wenn der Meister ruft. Selbst in der
 kurzen Spanne Zeit, welche dem Menschen von der Wiege bis zum Sarge zu leben vergönnt ist, vermag er
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[380/0396] wurde es zu einem sichtbaren, das Sichtbare umfassenden Beseelten, ein sinnlich wahrnehmbarer Gott, das Abbild des nur der Vernunft zugänglichen Gottes, der grösste und beste, der schönste und vollkommenste der Götter, dieser einzige Himmel, der ein Geborner ist.“ – Christus sagt dagegen im Evangelium Luc. 17, 21, dass das Reich Gottes in uns sei. Die Menschheit ist mithin die sichtbare, die lebende Gottheit; trägt die Gottheit als Vernunft in dem eigenen Geiste, als Gewissen in der eigenen Brust. Wer an Gott glaubt und auf Gott vertrauet, erfüllet Gottes Willen, unterwirft sich Gottes Fügung und nimmt die Kelle, um nach dem göttlichen Plane und Gesetze zu bauen, wo ihm auch immer bei dem Baue seine Stelle angewiesen worden sein möchte. 1) Der gottgläubige Meister entwirft nicht selbst den Lebensplan, er strebt nur zu erkennen und zu vollbringen, was ihm das höhere Schicksal, was ihm der Himmel auferleget. Nicht die Stunde der Geburt und nicht die Stunde des Todes steht in des Menschen Macht; der Mensch tritt in das Leben und verlässt es wieder, wenn der Meister ruft. Selbst in der kurzen Spanne Zeit, welche dem Menschen von der Wiege bis zum Sarge zu leben vergönnt ist, vermag er blos zu erreichen und zu schaffen, was Gott beschlossen hat. Nimmer erkühne sich der sterbliche Maurer, in frevelndem Eigendünkel und in stolzem Uebermuthe der 1) Siehe auch Polak, die Tapis, S. 108 ff., wo der Satz, dass in dem Baue der Gottheit und der Menschheit alle Arbeiter und alle Bausteine, an welcher Stelle sie sich auch befinden mögen, ob oben oder unten, den gleichen innern Werth haben, durch eine geometrische Figur versinnbildlicht wird. Es fügt Polak der Figur die Worte erklärend bei: „Denn, nicht die Stelle, aber deren würdige Ausfüllung ist es, welche des Menschen moralische Würde bestimmen kann. Gross oder Klein, wenn nur Jeder an dem ihm angewiesenen Standorte nach Gebühr arbeitet, erfüllt Jeder, von seinem Stand-Orte aus die Absichten Gottes: Gross oder Klein sind insofern beide ehrwürdig, und als moralische, gleichbegabte, gleichberechtigte Wesen, einander gleich.“ Diesen an sich ganz wahren Satz leitet aber Polak von dem Reisbrette ab, auf welches man freilich mit dem gleichen Grunde alle nur möglichen Figuren zeichnen kann; auf dem wirklichen maurerischen Reisbrette steht Nichts, es ist eine tabula rasa.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/396>, abgerufen am 25.11.2024.