Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.beginne, leichter fasslich auch dahin ausdrücken, dass in Griechenland der einzelne Mensch zuerst seine volle Anerkennung und Geltung erhalte, das Individuum zu sein und zu wirken anfange, daher das ganze Leben der Menschen und der Völker, ja selbst der Götter sich individualisire, sich beschränke und doch darin vollkommener, einheitlicher, plastischer, lebendiger, menschlicher werde. Weil aber das griechische Individualisiren, Selbstständigwerden,. Beschränken, Mass- und Einheitgewinnen das anfängliche, das jugendliche ist, erscheint es diesem seinem Anfange, seiner Jugend gemäss, vorzüglich in der Phantasie, in der Darstellung des Schönen durch die schönen Künste und Wissenschaften, besonders aueh die Philosophie, welche letztere in dieser Richtung als die höchste und schwerste Kunst betrachtet worden darf. Die einzelnen vollkommenen griechischen Menschen, z. B. ein Perikles und Alexander der Grosse, - die einzelnen Städte und Staaten, vorzüglich Athen und Sparta, - die griechischen Götter, wie namentlich Apollo und Venus, sind gleich schöne Darstellungen eines eigenthümlichen und reichen individuellen Lebens, sind wahre Kunstschöpfungen oder Werke ächter Schönheit gleich den griechischen Bauwerken. Auf der Bahn des Schönen konnten die römischen Stadtbürger, die städtischen oder bürgerlichen Krieger und Sieger nicht folgen; sie schufen und errangen sich das individuelle oder private Recht, das Recht der Einzelnen, das jus suum cuique, wie es beim ersten Aufwachen des geistigen Lebens unter den Germanen auf den italienischen Universitäten, besonders zu Bologna, sofort mit allem Eifer wieder aufgenommen und gleichsam zum Weltrechte verarbeitet wurde, und als solches, als ratio scripta, unveränderlich mit der Menschheit selbst fortbestehen wird. Das Individuelle, wie das Jugend- und Schönheitsleben, die Kunst und Wissenschaft der Griechen, - und das individuelle Rechtsleben, das Privatrecht der Römer, erfassten die Germanen, vereinten und bewahrten es durch den Begriff des Einen Gottes und des Papstes und des Kaisers, als dessen irdischen, geistlichen und weltlichen Stellvertreters, vor der Zersplitterung, vor dem Auseinanderfallen, vor beginne, leichter fasslich auch dahin ausdrücken, dass in Griechenland der einzelne Mensch zuerst seine volle Anerkennung und Geltung erhalte, das Individuum zu sein und zu wirken anfange, daher das ganze Leben der Menschen und der Völker, ja selbst der Götter sich individualisire, sich beschränke und doch darin vollkommener, einheitlicher, plastischer, lebendiger, menschlicher werde. Weil aber das griechische Individualisiren, Selbstständigwerden,. Beschränken, Mass- und Einheitgewinnen das anfängliche, das jugendliche ist, erscheint es diesem seinem Anfange, seiner Jugend gemäss, vorzüglich in der Phantasie, in der Darstellung des Schönen durch die schönen Künste und Wissenschaften, besonders aueh die Philosophie, welche letztere in dieser Richtung als die höchste und schwerste Kunst betrachtet worden darf. Die einzelnen vollkommenen griechischen Menschen, z. B. ein Perikles und Alexander der Grosse, – die einzelnen Städte und Staaten, vorzüglich Athen und Sparta, – die griechischen Götter, wie namentlich Apollo und Venus, sind gleich schöne Darstellungen eines eigenthümlichen und reichen individuellen Lebens, sind wahre Kunstschöpfungen oder Werke ächter Schönheit gleich den griechischen Bauwerken. Auf der Bahn des Schönen konnten die römischen Stadtbürger, die städtischen oder bürgerlichen Krieger und Sieger nicht folgen; sie schufen und errangen sich das individuelle oder private Recht, das Recht der Einzelnen, das jus suum cuique, wie es beim ersten Aufwachen des geistigen Lebens unter den Germanen auf den italienischen Universitäten, besonders zu Bologna, sofort mit allem Eifer wieder aufgenommen und gleichsam zum Weltrechte verarbeitet wurde, und als solches, als ratio scripta, unveränderlich mit der Menschheit selbst fortbestehen wird. Das Individuelle, wie das Jugend- und Schönheitsleben, die Kunst und Wissenschaft der Griechen, - und das individuelle Rechtsleben, das Privatrecht der Römer, erfassten die Germanen, vereinten und bewahrten es durch den Begriff des Einen Gottes und des Papstes und des Kaisers, als dessen irdischen, geistlichen und weltlichen Stellvertreters, vor der Zersplitterung, vor dem Auseinanderfallen, vor <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0372" n="356"/> beginne, leichter fasslich auch dahin ausdrücken, dass in Griechenland der einzelne Mensch zuerst seine volle Anerkennung und Geltung erhalte, das Individuum zu sein und zu wirken anfange, daher das ganze Leben der Menschen und der Völker, ja selbst der Götter sich individualisire, sich beschränke und doch darin vollkommener, einheitlicher, plastischer, lebendiger, menschlicher werde. Weil aber das griechische Individualisiren, Selbstständigwerden,. Beschränken, Mass- und Einheitgewinnen das anfängliche, das jugendliche ist, erscheint es diesem seinem Anfange, seiner Jugend gemäss, vorzüglich in der Phantasie, in der Darstellung des Schönen durch die schönen Künste und Wissenschaften, besonders aueh die Philosophie, welche letztere in dieser Richtung als die höchste und schwerste Kunst betrachtet worden darf.</p> <p> Die einzelnen vollkommenen griechischen Menschen, z. B. ein Perikles und Alexander der Grosse, – die einzelnen Städte und Staaten, vorzüglich Athen und Sparta, – die griechischen Götter, wie namentlich Apollo und Venus, sind gleich schöne Darstellungen eines eigenthümlichen und reichen individuellen Lebens, sind wahre Kunstschöpfungen oder Werke ächter Schönheit gleich den griechischen Bauwerken.</p> <p> Auf der Bahn des Schönen konnten die römischen Stadtbürger, die städtischen oder bürgerlichen Krieger und Sieger nicht folgen; sie schufen und errangen sich das individuelle oder private Recht, das Recht der Einzelnen, das jus suum cuique, wie es beim ersten Aufwachen des geistigen Lebens unter den Germanen auf den italienischen Universitäten, besonders zu Bologna, sofort mit allem Eifer wieder aufgenommen und gleichsam zum Weltrechte verarbeitet wurde, und als solches, als ratio scripta, unveränderlich mit der Menschheit selbst fortbestehen wird. Das Individuelle, wie das Jugend- und Schönheitsleben, die Kunst und Wissenschaft der Griechen, - und das individuelle Rechtsleben, das Privatrecht der Römer, erfassten die Germanen, vereinten und bewahrten es durch den Begriff des Einen Gottes und des Papstes und des Kaisers, als dessen irdischen, geistlichen und weltlichen Stellvertreters, vor der Zersplitterung, vor dem Auseinanderfallen, vor </p> </div> </body> </text> </TEI> [356/0372]
beginne, leichter fasslich auch dahin ausdrücken, dass in Griechenland der einzelne Mensch zuerst seine volle Anerkennung und Geltung erhalte, das Individuum zu sein und zu wirken anfange, daher das ganze Leben der Menschen und der Völker, ja selbst der Götter sich individualisire, sich beschränke und doch darin vollkommener, einheitlicher, plastischer, lebendiger, menschlicher werde. Weil aber das griechische Individualisiren, Selbstständigwerden,. Beschränken, Mass- und Einheitgewinnen das anfängliche, das jugendliche ist, erscheint es diesem seinem Anfange, seiner Jugend gemäss, vorzüglich in der Phantasie, in der Darstellung des Schönen durch die schönen Künste und Wissenschaften, besonders aueh die Philosophie, welche letztere in dieser Richtung als die höchste und schwerste Kunst betrachtet worden darf.
Die einzelnen vollkommenen griechischen Menschen, z. B. ein Perikles und Alexander der Grosse, – die einzelnen Städte und Staaten, vorzüglich Athen und Sparta, – die griechischen Götter, wie namentlich Apollo und Venus, sind gleich schöne Darstellungen eines eigenthümlichen und reichen individuellen Lebens, sind wahre Kunstschöpfungen oder Werke ächter Schönheit gleich den griechischen Bauwerken.
Auf der Bahn des Schönen konnten die römischen Stadtbürger, die städtischen oder bürgerlichen Krieger und Sieger nicht folgen; sie schufen und errangen sich das individuelle oder private Recht, das Recht der Einzelnen, das jus suum cuique, wie es beim ersten Aufwachen des geistigen Lebens unter den Germanen auf den italienischen Universitäten, besonders zu Bologna, sofort mit allem Eifer wieder aufgenommen und gleichsam zum Weltrechte verarbeitet wurde, und als solches, als ratio scripta, unveränderlich mit der Menschheit selbst fortbestehen wird. Das Individuelle, wie das Jugend- und Schönheitsleben, die Kunst und Wissenschaft der Griechen, - und das individuelle Rechtsleben, das Privatrecht der Römer, erfassten die Germanen, vereinten und bewahrten es durch den Begriff des Einen Gottes und des Papstes und des Kaisers, als dessen irdischen, geistlichen und weltlichen Stellvertreters, vor der Zersplitterung, vor dem Auseinanderfallen, vor
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/372>, abgerufen am 23.07.2024. |