Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.ten, aber niemals sich als Kinder des einen Gottes in Frieden und Freundschaft die Hand reichen konnten. Einigermassen wurde dieses harte, geistliche Kriegsrecht durch die christliche Sitte und Sinnesart der Ritterschaft gemildert, welche sich in den heimischen Fehden und Turnieren und in den Kämpfen wider die Mauren in Spanien entwickelt hatte und in den Kreuzzügen zu ihrer höchsten Blüthe und Herrlichkeit gelangte. Denn bei seiner Aufnahme in das heilige Schildamt, bevor er den Ritterschlag und Schärpe nebst den goldenen Spornen empfing, musste der Edelknecht feierlich geloben, ein christlich-ritterliches Leben zu führen, die Kirche und die Unschuld zu vertheidigen, die Wittwen und Waisen, die Alten und Schwachen zu schützen und auch im Kampfe und Kriege die edle Rittersitte zu beobachten, welche nur den kunstmässig und regelrecht erfochtenen Sieg für ehrenhaft und ruhmeswerth gelten lässt, und nicht nur arge List, Lug und Betrug, sondern auch den zufälligen Vortheil verschmäht. Nach diesen ihren obliegenden Pflichten stellen sich die Ritter als die Vertreter des rein Menschlichen, als die Vermittler zwischen dem streitenden Christenthum und Islam dar, und haben mächtig dazu beigetragen, dass vom 16. Jahrhundert an an die Stelle des bis dahin geltenden christlichen und allein selig machenden Völkerrechtes das jetzt geltende sogenannte europäische Völkerrecht trat, welches auch Andersgläubige, einen jeden Glauben zulässt und in dem Menschen nicht blos den gleichgläubigen Christen, sondern den Menschen schätzt und anerkennt. Von selbst leuchtet ein, dass durch ihre Grundsätze die Ritter und die Ritterorden mit den Freimaurern verwandt seien, sie mit einander jedenfalls geistig zusammenhängen; man kann sagen, auch die Ritter huldigten den Bestrebungen der Freimaurer, waren ihrer Gesinnung und ihrem Handeln nach Freimaurer. Unter sich waren die Christen und die christlichen Staaten durch den gemeinsamen Glauben, wenn nicht vollkommen der That, doch der Idee nach zu einem grossen geistlichen Weltreiche mit dem Papste an der Spitze verbunden; sie als Christen sollten sich nicht hassen und bekriegen, sondern sich lieben und helfen. So pflegte die ten, aber niemals sich als Kinder des einen Gottes in Frieden und Freundschaft die Hand reichen konnten. Einigermassen wurde dieses harte, geistliche Kriegsrecht durch die christliche Sitte und Sinnesart der Ritterschaft gemildert, welche sich in den heimischen Fehden und Turnieren und in den Kämpfen wider die Mauren in Spanien entwickelt hatte und in den Kreuzzügen zu ihrer höchsten Blüthe und Herrlichkeit gelangte. Denn bei seiner Aufnahme in das heilige Schildamt, bevor er den Ritterschlag und Schärpe nebst den goldenen Spornen empfing, musste der Edelknecht feierlich geloben, ein christlich-ritterliches Leben zu führen, die Kirche und die Unschuld zu vertheidigen, die Wittwen und Waisen, die Alten und Schwachen zu schützen und auch im Kampfe und Kriege die edle Rittersitte zu beobachten, welche nur den kunstmässig und regelrecht erfochtenen Sieg für ehrenhaft und ruhmeswerth gelten lässt, und nicht nur arge List, Lug und Betrug, sondern auch den zufälligen Vortheil verschmäht. Nach diesen ihren obliegenden Pflichten stellen sich die Ritter als die Vertreter des rein Menschlichen, als die Vermittler zwischen dem streitenden Christenthum und Islam dar, und haben mächtig dazu beigetragen, dass vom 16. Jahrhundert an an die Stelle des bis dahin geltenden christlichen und allein selig machenden Völkerrechtes das jetzt geltende sogenannte europäische Völkerrecht trat, welches auch Andersgläubige, einen jeden Glauben zulässt und in dem Menschen nicht blos den gleichgläubigen Christen, sondern den Menschen schätzt und anerkennt. Von selbst leuchtet ein, dass durch ihre Grundsätze die Ritter und die Ritterorden mit den Freimaurern verwandt seien, sie mit einander jedenfalls geistig zusammenhängen; man kann sagen, auch die Ritter huldigten den Bestrebungen der Freimaurer, waren ihrer Gesinnung und ihrem Handeln nach Freimaurer. Unter sich waren die Christen und die christlichen Staaten durch den gemeinsamen Glauben, wenn nicht vollkommen der That, doch der Idee nach zu einem grossen geistlichen Weltreiche mit dem Papste an der Spitze verbunden; sie als Christen sollten sich nicht hassen und bekriegen, sondern sich lieben und helfen. So pflegte die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0313" n="297"/> ten, aber niemals sich als Kinder des einen Gottes in Frieden und Freundschaft die Hand reichen konnten. Einigermassen wurde dieses harte, geistliche Kriegsrecht durch die christliche Sitte und Sinnesart der Ritterschaft gemildert, welche sich in den heimischen Fehden und Turnieren und in den Kämpfen wider die Mauren in Spanien entwickelt hatte und in den Kreuzzügen zu ihrer höchsten Blüthe und Herrlichkeit gelangte. Denn bei seiner Aufnahme in das heilige Schildamt, bevor er den Ritterschlag und Schärpe nebst den goldenen Spornen empfing, musste der Edelknecht feierlich geloben, ein christlich-ritterliches Leben zu führen, die Kirche und die Unschuld zu vertheidigen, die Wittwen und Waisen, die Alten und Schwachen zu schützen und auch im Kampfe und Kriege die edle Rittersitte zu beobachten, welche nur den kunstmässig und regelrecht erfochtenen Sieg für ehrenhaft und ruhmeswerth gelten lässt, und nicht nur arge List, Lug und Betrug, sondern auch den zufälligen Vortheil verschmäht. Nach diesen ihren obliegenden Pflichten stellen sich die Ritter als die Vertreter des rein Menschlichen, als die Vermittler zwischen dem streitenden Christenthum und Islam dar, und haben mächtig dazu beigetragen, dass vom 16. Jahrhundert an an die Stelle des bis dahin geltenden christlichen und allein selig machenden Völkerrechtes das jetzt geltende sogenannte europäische Völkerrecht trat, welches auch Andersgläubige, einen jeden Glauben zulässt und in dem Menschen nicht blos den gleichgläubigen Christen, sondern den Menschen schätzt und anerkennt. Von selbst leuchtet ein, dass durch ihre Grundsätze die Ritter und die Ritterorden mit den Freimaurern verwandt seien, sie mit einander jedenfalls geistig zusammenhängen; man kann sagen, auch die Ritter huldigten den Bestrebungen der Freimaurer, waren ihrer Gesinnung und ihrem Handeln nach Freimaurer.</p> <p> Unter sich waren die Christen und die christlichen Staaten durch den gemeinsamen Glauben, wenn nicht vollkommen der That, doch der Idee nach zu einem grossen geistlichen Weltreiche mit dem Papste an der Spitze verbunden; sie als Christen sollten sich nicht hassen und bekriegen, sondern sich lieben und helfen. 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ten, aber niemals sich als Kinder des einen Gottes in Frieden und Freundschaft die Hand reichen konnten. Einigermassen wurde dieses harte, geistliche Kriegsrecht durch die christliche Sitte und Sinnesart der Ritterschaft gemildert, welche sich in den heimischen Fehden und Turnieren und in den Kämpfen wider die Mauren in Spanien entwickelt hatte und in den Kreuzzügen zu ihrer höchsten Blüthe und Herrlichkeit gelangte. Denn bei seiner Aufnahme in das heilige Schildamt, bevor er den Ritterschlag und Schärpe nebst den goldenen Spornen empfing, musste der Edelknecht feierlich geloben, ein christlich-ritterliches Leben zu führen, die Kirche und die Unschuld zu vertheidigen, die Wittwen und Waisen, die Alten und Schwachen zu schützen und auch im Kampfe und Kriege die edle Rittersitte zu beobachten, welche nur den kunstmässig und regelrecht erfochtenen Sieg für ehrenhaft und ruhmeswerth gelten lässt, und nicht nur arge List, Lug und Betrug, sondern auch den zufälligen Vortheil verschmäht. Nach diesen ihren obliegenden Pflichten stellen sich die Ritter als die Vertreter des rein Menschlichen, als die Vermittler zwischen dem streitenden Christenthum und Islam dar, und haben mächtig dazu beigetragen, dass vom 16. Jahrhundert an an die Stelle des bis dahin geltenden christlichen und allein selig machenden Völkerrechtes das jetzt geltende sogenannte europäische Völkerrecht trat, welches auch Andersgläubige, einen jeden Glauben zulässt und in dem Menschen nicht blos den gleichgläubigen Christen, sondern den Menschen schätzt und anerkennt. Von selbst leuchtet ein, dass durch ihre Grundsätze die Ritter und die Ritterorden mit den Freimaurern verwandt seien, sie mit einander jedenfalls geistig zusammenhängen; man kann sagen, auch die Ritter huldigten den Bestrebungen der Freimaurer, waren ihrer Gesinnung und ihrem Handeln nach Freimaurer.
Unter sich waren die Christen und die christlichen Staaten durch den gemeinsamen Glauben, wenn nicht vollkommen der That, doch der Idee nach zu einem grossen geistlichen Weltreiche mit dem Papste an der Spitze verbunden; sie als Christen sollten sich nicht hassen und bekriegen, sondern sich lieben und helfen. So pflegte die
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/313>, abgerufen am 16.07.2024. |