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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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der Menschheit, welche Leibnitz und Br. Lessing angebahnt, unser grosser Br. Herder in seinen Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, welche kein Maurer ungelesen lassen sollte, aber zur Wissenschaft herangebildet hat. Neben Schlegel's und Hegel's Philosophieen der Geschichte der Menschheit und den diessfälligen Schriften von Br. Fichte und von Schelling ist jetzt das beachtenswertheste Werk: Bunsen, Gott in der Geschichte oder der Fortschritt des Glaubens an eine sittliche Weltordnung, 3 Theile, Leipzig 1857 und 1858.

Die so oft aufgeworfene und so verschieden beantwortete Frage, ob die heutige Maurerei christlich sei, und jetzt alle Maurer christlich sein müssen, ist für uns auf unserem Standpunkte entweder gar nicht vorhanden oder zum voraus von selbst erledigt. Die Maurerei sucht das reine Menschenthum, - das göttliche Licht, die sittliche Freiheit und Ordnung in der Menschheit, woraus mit Nothwendigkeit folgt, dass die Maurerei nur dann ihre Bestimmung erreicht habe, wenn sie das je in der Zeit vorhandene wahrhaft Menschliche, das höchste Licht und die reinste Tugend und Sittlichkeit errungen hat. Der Maurer soll auf dem Gipfel der jedesmaligen Menschheit, im Lichte des Lichtes stehen oder der reine, unbefleckte Spiegel seiner Zeit sein. Die Maurerei ist daher jetzt wesentlich und durchaus nur das reine und wahre Christenthum, das ideale Christenthum oder das Christenthum in seiner reinsten und höchsten Idee, der Glaube an den einen Gott und die eine Menschheit, wie sich dieser Glaube aus dem Uranfange der Menschheit entwickelt, am kräftigsten und ungetrübtesten durch eine Fügung Gottes bei den Hebräern forterhalten hat und durch Christus zum Gemeingute aller Menschen umgestaltet und vollendet worden ist. Wollte die Maurerei heute den christlichen Glauben nicht theilen, das Ideal des Christenthums nicht zu erreichen streben, so würde der Christ ein höherer Mensch als der Maurer sein; der Maurer kann vielleicht noch höher stehen, noch menschlicher fühlen und denken als der Christ, ab er mindestens muss der Maurer gleich dem reinen Christen stehen, fühlen und denken. In ihrem geschichtlichen Fortgange durch das christlich-germanische Mittelalter hat die Maurerei an das reine

der Menschheit, welche Leibnitz und Br. Lessing angebahnt, unser grosser Br. Herder in seinen Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, welche kein Maurer ungelesen lassen sollte, aber zur Wissenschaft herangebildet hat. Neben Schlegel’s und Hegel’s Philosophieen der Geschichte der Menschheit und den diessfälligen Schriften von Br. Fichte und von Schelling ist jetzt das beachtenswertheste Werk: Bunsen, Gott in der Geschichte oder der Fortschritt des Glaubens an eine sittliche Weltordnung, 3 Theile, Leipzig 1857 und 1858.

Die so oft aufgeworfene und so verschieden beantwortete Frage, ob die heutige Maurerei christlich sei, und jetzt alle Maurer christlich sein müssen, ist für uns auf unserem Standpunkte entweder gar nicht vorhanden oder zum voraus von selbst erledigt. Die Maurerei sucht das reine Menschenthum, – das göttliche Licht, die sittliche Freiheit und Ordnung in der Menschheit, woraus mit Nothwendigkeit folgt, dass die Maurerei nur dann ihre Bestimmung erreicht habe, wenn sie das je in der Zeit vorhandene wahrhaft Menschliche, das höchste Licht und die reinste Tugend und Sittlichkeit errungen hat. Der Maurer soll auf dem Gipfel der jedesmaligen Menschheit, im Lichte des Lichtes stehen oder der reine, unbefleckte Spiegel seiner Zeit sein. Die Maurerei ist daher jetzt wesentlich und durchaus nur das reine und wahre Christenthum, das ideale Christenthum oder das Christenthum in seiner reinsten und höchsten Idee, der Glaube an den einen Gott und die eine Menschheit, wie sich dieser Glaube aus dem Uranfange der Menschheit entwickelt, am kräftigsten und ungetrübtesten durch eine Fügung Gottes bei den Hebräern forterhalten hat und durch Christus zum Gemeingute aller Menschen umgestaltet und vollendet worden ist. Wollte die Maurerei heute den christlichen Glauben nicht theilen, das Ideal des Christenthums nicht zu erreichen streben, so würde der Christ ein höherer Mensch als der Maurer sein; der Maurer kann vielleicht noch höher stehen, noch menschlicher fühlen und denken als der Christ, ab er mindestens muss der Maurer gleich dem reinen Christen stehen, fühlen und denken. In ihrem geschichtlichen Fortgange durch das christlich-germanische Mittelalter hat die Maurerei an das reine

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 mit Nothwendigkeit folgt, dass die Maurerei nur dann ihre Bestimmung erreicht habe, wenn sie das je
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 Sittlichkeit errungen hat. Der Maurer soll auf dem Gipfel der jedesmaligen Menschheit, im Lichte des
 Lichtes stehen oder der reine, unbefleckte Spiegel seiner Zeit sein. Die Maurerei ist daher jetzt
 wesentlich und durchaus nur das reine und wahre Christenthum, das ideale Christenthum oder das
 Christenthum in seiner reinsten und höchsten Idee, der Glaube an den einen Gott und die eine
 Menschheit, wie sich dieser Glaube aus dem Uranfange der Menschheit entwickelt, am kräftigsten und
 ungetrübtesten durch eine Fügung Gottes bei den Hebräern forterhalten hat und durch Christus zum
 Gemeingute aller Menschen umgestaltet und vollendet worden ist. Wollte die Maurerei heute den
 christlichen Glauben nicht theilen, das Ideal des Christenthums nicht zu erreichen streben, so würde
 der Christ ein höherer Mensch als der Maurer sein; der Maurer kann vielleicht noch höher stehen,
 noch menschlicher fühlen und denken als der Christ, ab er mindestens muss der Maurer gleich dem
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[287/0303] der Menschheit, welche Leibnitz und Br. Lessing angebahnt, unser grosser Br. Herder in seinen Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, welche kein Maurer ungelesen lassen sollte, aber zur Wissenschaft herangebildet hat. Neben Schlegel’s und Hegel’s Philosophieen der Geschichte der Menschheit und den diessfälligen Schriften von Br. Fichte und von Schelling ist jetzt das beachtenswertheste Werk: Bunsen, Gott in der Geschichte oder der Fortschritt des Glaubens an eine sittliche Weltordnung, 3 Theile, Leipzig 1857 und 1858. Die so oft aufgeworfene und so verschieden beantwortete Frage, ob die heutige Maurerei christlich sei, und jetzt alle Maurer christlich sein müssen, ist für uns auf unserem Standpunkte entweder gar nicht vorhanden oder zum voraus von selbst erledigt. Die Maurerei sucht das reine Menschenthum, – das göttliche Licht, die sittliche Freiheit und Ordnung in der Menschheit, woraus mit Nothwendigkeit folgt, dass die Maurerei nur dann ihre Bestimmung erreicht habe, wenn sie das je in der Zeit vorhandene wahrhaft Menschliche, das höchste Licht und die reinste Tugend und Sittlichkeit errungen hat. Der Maurer soll auf dem Gipfel der jedesmaligen Menschheit, im Lichte des Lichtes stehen oder der reine, unbefleckte Spiegel seiner Zeit sein. Die Maurerei ist daher jetzt wesentlich und durchaus nur das reine und wahre Christenthum, das ideale Christenthum oder das Christenthum in seiner reinsten und höchsten Idee, der Glaube an den einen Gott und die eine Menschheit, wie sich dieser Glaube aus dem Uranfange der Menschheit entwickelt, am kräftigsten und ungetrübtesten durch eine Fügung Gottes bei den Hebräern forterhalten hat und durch Christus zum Gemeingute aller Menschen umgestaltet und vollendet worden ist. Wollte die Maurerei heute den christlichen Glauben nicht theilen, das Ideal des Christenthums nicht zu erreichen streben, so würde der Christ ein höherer Mensch als der Maurer sein; der Maurer kann vielleicht noch höher stehen, noch menschlicher fühlen und denken als der Christ, ab er mindestens muss der Maurer gleich dem reinen Christen stehen, fühlen und denken. In ihrem geschichtlichen Fortgange durch das christlich-germanische Mittelalter hat die Maurerei an das reine

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/303>, abgerufen am 23.11.2024.