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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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vorausgegangen sein.1) Dem Forseti, Forasiszo, dem bei den Gerichten vorsitzenden Sohne des Gottes Baldur, ist auf Helgoland ein Brunnen geweiht, aus dem man das Wasser nur schweigend schöpfen durfte; man soll nachdenken, ehe man richtet oder um zu richten.2) Ebenso soll der Maurerlehrling und Geselle schweigen, um reden zu lernen, - sich selbst erkennen, um handeln zu lernen und besser zu werden. In dem Tempel des Apollo zu Delphi stand an der Wand "Erkenne dich selbst, Nichts allzusehr" d. h. durch die Selbsterkenntniss erstrebe das rechte Mass, modus et moderati. Besonders lehrte auch Pythagoras, dass der Mensch beständig auf sich achten solle, um innerlich und äusserlich ein würdiger Mensch zu sein und sich als sittliches Kunstwerk zur Wirklichkeit zu bringen; der pythagoräische Bund war ein Versuch zur praktischen Ausführung dieser Lehre und ein gleicher Versuch ist der Maurerbund. Das Stillschweigen und die Selbsterkenntniss waren und sind dabei nicht selbst der Zweck, sondern blos das Mittel zum Zweck, was Br. Goethe sehr wahr dahin ausdrückt:

"Wie kann man sich selbst kennen lernen? Durch Betrachtung niemals, wohl aber durch Handeln. Versuche deine Pflicht zu thun und du weisst gleich, was an dir ist."

In gleichem Sinne sprach Goethe: "Die Arbeit macht den Gesellen." - Auch das Gebot des Pythagoras, Morgens beim Aufstehen die Pflichten des Tages zu überdenken und Abends vor dem Schlafengehen sich Rechenschaft zu geben, wie sie erfüllt worden seien, - was habe ich gefehlt, was recht gethan, was pflichtwidrig, verfehlt?, ist ein sich täglich vorzuhaltender maurerischer Spiegel. Die Parsen sollen gleichfalls, wie der Sad-der Bundeheschi vorschreibt, am Abende, ehe sie einschlafen, nochmals sämmtliche Thaten , die sie den ganzen Tag über vollbracht haben, durchdenken und prüfen, ob sie gesündigt haben

1) Kauffmann et Cherpin, histoire philosophique de la Franc-Maconnerie, p. 114.
2) Simrok, deutsche Mythologie, S. 344.

vorausgegangen sein.1) Dem Forseti, Forasiszo, dem bei den Gerichten vorsitzenden Sohne des Gottes Baldur, ist auf Helgoland ein Brunnen geweiht, aus dem man das Wasser nur schweigend schöpfen durfte; man soll nachdenken, ehe man richtet oder um zu richten.2) Ebenso soll der Maurerlehrling und Geselle schweigen, um reden zu lernen, – sich selbst erkennen, um handeln zu lernen und besser zu werden. In dem Tempel des Apollo zu Delphi stand an der Wand „Erkenne dich selbst, Nichts allzusehr“ d. h. durch die Selbsterkenntniss erstrebe das rechte Mass, modus et moderati. Besonders lehrte auch Pythagoras, dass der Mensch beständig auf sich achten solle, um innerlich und äusserlich ein würdiger Mensch zu sein und sich als sittliches Kunstwerk zur Wirklichkeit zu bringen; der pythagoräische Bund war ein Versuch zur praktischen Ausführung dieser Lehre und ein gleicher Versuch ist der Maurerbund. Das Stillschweigen und die Selbsterkenntniss waren und sind dabei nicht selbst der Zweck, sondern blos das Mittel zum Zweck, was Br. Goethe sehr wahr dahin ausdrückt:

„Wie kann man sich selbst kennen lernen? Durch Betrachtung niemals, wohl aber durch Handeln. Versuche deine Pflicht zu thun und du weisst gleich, was an dir ist.“

In gleichem Sinne sprach Goethe: „Die Arbeit macht den Gesellen.“ – Auch das Gebot des Pythagoras, Morgens beim Aufstehen die Pflichten des Tages zu überdenken und Abends vor dem Schlafengehen sich Rechenschaft zu geben, wie sie erfüllt worden seien, – was habe ich gefehlt, was recht gethan, was pflichtwidrig, verfehlt?, ist ein sich täglich vorzuhaltender maurerischer Spiegel. Die Parsen sollen gleichfalls, wie der Sad-der Bundeheschi vorschreibt, am Abende, ehe sie einschlafen, nochmals sämmtliche Thaten , die sie den ganzen Tag über vollbracht haben, durchdenken und prüfen, ob sie gesündigt haben

1) Kauffmann et Cherpin, histoire philosophique de la Franc-Maconnerie, p. 114.
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 Spiegel. Die Parsen sollen gleichfalls, wie der Sad-der Bundeheschi vorschreibt, am Abende, ehe sie
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[106/0122] vorausgegangen sein. 1) Dem Forseti, Forasiszo, dem bei den Gerichten vorsitzenden Sohne des Gottes Baldur, ist auf Helgoland ein Brunnen geweiht, aus dem man das Wasser nur schweigend schöpfen durfte; man soll nachdenken, ehe man richtet oder um zu richten. 2) Ebenso soll der Maurerlehrling und Geselle schweigen, um reden zu lernen, – sich selbst erkennen, um handeln zu lernen und besser zu werden. In dem Tempel des Apollo zu Delphi stand an der Wand „Erkenne dich selbst, Nichts allzusehr“ d. h. durch die Selbsterkenntniss erstrebe das rechte Mass, modus et moderati. Besonders lehrte auch Pythagoras, dass der Mensch beständig auf sich achten solle, um innerlich und äusserlich ein würdiger Mensch zu sein und sich als sittliches Kunstwerk zur Wirklichkeit zu bringen; der pythagoräische Bund war ein Versuch zur praktischen Ausführung dieser Lehre und ein gleicher Versuch ist der Maurerbund. Das Stillschweigen und die Selbsterkenntniss waren und sind dabei nicht selbst der Zweck, sondern blos das Mittel zum Zweck, was Br. Goethe sehr wahr dahin ausdrückt: „Wie kann man sich selbst kennen lernen? Durch Betrachtung niemals, wohl aber durch Handeln. Versuche deine Pflicht zu thun und du weisst gleich, was an dir ist.“ In gleichem Sinne sprach Goethe: „Die Arbeit macht den Gesellen.“ – Auch das Gebot des Pythagoras, Morgens beim Aufstehen die Pflichten des Tages zu überdenken und Abends vor dem Schlafengehen sich Rechenschaft zu geben, wie sie erfüllt worden seien, – was habe ich gefehlt, was recht gethan, was pflichtwidrig, verfehlt?, ist ein sich täglich vorzuhaltender maurerischer Spiegel. Die Parsen sollen gleichfalls, wie der Sad-der Bundeheschi vorschreibt, am Abende, ehe sie einschlafen, nochmals sämmtliche Thaten , die sie den ganzen Tag über vollbracht haben, durchdenken und prüfen, ob sie gesündigt haben 1) Kauffmann et Cherpin, histoire philosophique de la Franc-Maconnerie, p. 114. 2) Simrok, deutsche Mythologie, S. 344.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/122>, abgerufen am 24.11.2024.