Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Im altenburger Constitutionenbuche, S. 126, behauptete Br. Schneider, und Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 64 Anm., wie auch Mossdorf in Lenning's Eneyklopädie unter Kunst scheinen ihm darin beizustimmen, dass die Benennung der Freimaurerei als einer königlichen Kunst in England aufgekommen sei, als König Wilhelm III. im J. 1693 zum Freimaurer aufgenommen worden. Indessen war jedenfalls in England schon vor dem J. 1693 die Benennung königliche Kunst gebräuchlich.1) Ein älterer Lehrlingscatechismus wollte die Benennung daraus erklären, dass die Freimaurerei die Herrschaft über sich selbst lehre.





VI.
Der Brudername.

Bei Berührung der mittelalterlichen Zünfte und Bruderschaften wird die Bemerkung begründet werden, dass die Uebung der alten Steinmetzen und Bauleute, sich gegenseitig als Brüder zu benennen, zu betrachten und zu behandeln, jedenfalls in den geistlichen oder klösterlichen Bruderschaften ihren Ursprung habe. Allein ich glaube noch einen Schritt weiter gehen und den letzten Ursprung des maurerischen Brudernamens auf Aegypten oder wenigstens auf Phönicien zurückführen zu dürfen. Wurde bei den Hebräern der Leichnam in die Erde versenkt, erscholl allgemein der Jammerruf: "Weh mein Bruder" oder "weh meine Schwester," welchen Jammerruf Movers, die Phönicier, I. S. 246 ff. sehr überzeugend als aus der phönicischen Linus- oder der ägyptischen Manerosklage, die zunächst bei den Adonis-Osiristodesfeiern gesungen wurde und sodann zu einer allgemeinen Leichenklage, zu einem allgemeinen Leichengesang geworden war, entstanden nachgewiesen hat.2) Die

1) Vergl. auch Gädicke, Freimaurer-Lexikon unter Kunst.
2) Vergl. über die Linosklage auch Lasaulx, Studien des klassischen Alterthums, S. 345-356, woselbst Anm. 1 auch die vorzüglichste Literatur angegeben ist; Brugsch, die Adonisklage und das Linoslied, Berlin 1852.

Im altenburger Constitutionenbuche, S. 126, behauptete Br. Schneider, und Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 64 Anm., wie auch Mossdorf in Lenning’s Eneyklopädie unter Kunst scheinen ihm darin beizustimmen, dass die Benennung der Freimaurerei als einer königlichen Kunst in England aufgekommen sei, als König Wilhelm III. im J. 1693 zum Freimaurer aufgenommen worden. Indessen war jedenfalls in England schon vor dem J. 1693 die Benennung königliche Kunst gebräuchlich.1) Ein älterer Lehrlingscatechismus wollte die Benennung daraus erklären, dass die Freimaurerei die Herrschaft über sich selbst lehre.





VI.
Der Brudername.

Bei Berührung der mittelalterlichen Zünfte und Bruderschaften wird die Bemerkung begründet werden, dass die Uebung der alten Steinmetzen und Bauleute, sich gegenseitig als Brüder zu benennen, zu betrachten und zu behandeln, jedenfalls in den geistlichen oder klösterlichen Bruderschaften ihren Ursprung habe. Allein ich glaube noch einen Schritt weiter gehen und den letzten Ursprung des maurerischen Brudernamens auf Aegypten oder wenigstens auf Phönicien zurückführen zu dürfen. Wurde bei den Hebräern der Leichnam in die Erde versenkt, erscholl allgemein der Jammerruf: „Weh mein Bruder“ oder „weh meine Schwester,“ welchen Jammerruf Movers, die Phönicier, I. S. 246 ff. sehr überzeugend als aus der phönicischen Linus- oder der ägyptischen Manerosklage, die zunächst bei den Adonis-Osiristodesfeiern gesungen wurde und sodann zu einer allgemeinen Leichenklage, zu einem allgemeinen Leichengesang geworden war, entstanden nachgewiesen hat.2) Die

1) Vergl. auch Gädicke, Freimaurer-Lexikon unter Kunst.
2) Vergl. über die Linosklage auch Lasaulx, Studien des klassischen Alterthums, S. 345-356, woselbst Anm. 1 auch die vorzüglichste Literatur angegeben ist; Brugsch, die Adonisklage und das Linoslied, Berlin 1852.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0102" n="86"/>
        <p> Im altenburger Constitutionenbuche, S. 126, behauptete Br. Schneider, und Krause, Kunsturkunden,
 I. 1. S. 64 Anm., wie auch Mossdorf in Lenning&#x2019;s Eneyklopädie unter Kunst scheinen ihm darin
 beizustimmen, dass die Benennung der Freimaurerei als einer königlichen Kunst in England aufgekommen
 sei, als König Wilhelm III. im J. 1693 zum Freimaurer aufgenommen worden. Indessen war jedenfalls in
 England schon vor dem J. 1693 die Benennung königliche Kunst gebräuchlich.<note place="foot" n="1)">Vergl. auch Gädicke, Freimaurer-Lexikon unter Kunst.</note> Ein älterer Lehrlingscatechismus wollte
 die Benennung daraus erklären, dass die Freimaurerei die Herrschaft über sich selbst lehre. </p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </div>
      <div n="1">
        <head>VI.<lb/>
Der Brudername.</head><lb/>
        <p> Bei Berührung der mittelalterlichen Zünfte und Bruderschaften wird die Bemerkung begründet
 werden, dass die Uebung der alten Steinmetzen und Bauleute, sich gegenseitig als Brüder zu benennen,
 zu betrachten und zu behandeln, jedenfalls in den geistlichen oder klösterlichen Bruderschaften
 ihren Ursprung habe. Allein ich glaube noch einen Schritt weiter gehen und den letzten Ursprung des
 maurerischen Brudernamens auf Aegypten oder wenigstens auf Phönicien zurückführen zu dürfen. Wurde
 bei den Hebräern der Leichnam in die Erde versenkt, erscholl allgemein der Jammerruf: &#x201E;Weh mein
 Bruder&#x201C; oder &#x201E;weh meine Schwester,&#x201C; welchen Jammerruf Movers, die Phönicier, I. S. 246 ff. sehr
 überzeugend als aus der phönicischen Linus- oder der ägyptischen Manerosklage, die zunächst bei den
 Adonis-Osiristodesfeiern gesungen wurde und sodann zu einer allgemeinen Leichenklage, zu einem
 allgemeinen Leichengesang geworden war, entstanden nachgewiesen hat.<note place="foot" n="2)">Vergl.
 über die Linosklage auch Lasaulx, Studien des klassischen Alterthums, S. 345-356, woselbst Anm. 1
 auch die vorzüglichste Literatur angegeben ist; Brugsch, die Adonisklage und das Linoslied, Berlin
 1852.</note> Die
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0102] Im altenburger Constitutionenbuche, S. 126, behauptete Br. Schneider, und Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 64 Anm., wie auch Mossdorf in Lenning’s Eneyklopädie unter Kunst scheinen ihm darin beizustimmen, dass die Benennung der Freimaurerei als einer königlichen Kunst in England aufgekommen sei, als König Wilhelm III. im J. 1693 zum Freimaurer aufgenommen worden. Indessen war jedenfalls in England schon vor dem J. 1693 die Benennung königliche Kunst gebräuchlich. 1) Ein älterer Lehrlingscatechismus wollte die Benennung daraus erklären, dass die Freimaurerei die Herrschaft über sich selbst lehre. VI. Der Brudername. Bei Berührung der mittelalterlichen Zünfte und Bruderschaften wird die Bemerkung begründet werden, dass die Uebung der alten Steinmetzen und Bauleute, sich gegenseitig als Brüder zu benennen, zu betrachten und zu behandeln, jedenfalls in den geistlichen oder klösterlichen Bruderschaften ihren Ursprung habe. Allein ich glaube noch einen Schritt weiter gehen und den letzten Ursprung des maurerischen Brudernamens auf Aegypten oder wenigstens auf Phönicien zurückführen zu dürfen. Wurde bei den Hebräern der Leichnam in die Erde versenkt, erscholl allgemein der Jammerruf: „Weh mein Bruder“ oder „weh meine Schwester,“ welchen Jammerruf Movers, die Phönicier, I. S. 246 ff. sehr überzeugend als aus der phönicischen Linus- oder der ägyptischen Manerosklage, die zunächst bei den Adonis-Osiristodesfeiern gesungen wurde und sodann zu einer allgemeinen Leichenklage, zu einem allgemeinen Leichengesang geworden war, entstanden nachgewiesen hat. 2) Die 1) Vergl. auch Gädicke, Freimaurer-Lexikon unter Kunst. 2) Vergl. über die Linosklage auch Lasaulx, Studien des klassischen Alterthums, S. 345-356, woselbst Anm. 1 auch die vorzüglichste Literatur angegeben ist; Brugsch, die Adonisklage und das Linoslied, Berlin 1852.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/102
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/102>, abgerufen am 24.11.2024.