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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.

Ueber das Verhältniß alter und neuer Gesetze zu ein-
ander wird hier nicht leicht ein Zweifel entstehen.

II. Die zweite Klasse bilden einige, auf das Ge-
schlechterverhältniß bezügliche, Rechtsinstitute. Die Gesetze
über diese Institute gehören deswegen hierher, weil sie
nicht auf reinen Rechtsgründen beruhen, sondern auf sitt-
lichen (theilweise sittlich-religiösen) Gründen. Die einzel-
nen hierher gehörenden Fälle sind folgende:

1. Ehescheidung. Wenn durch ein neues Gesetz
die Scheidung überhaupt eingeführt oder abgeschafft, oder
wenn eine Aenderung in den Scheidungsgründen vorge-
nommen wird, so entsteht die Frage nach dem Einfluß des
neuen Gesetzes auf die bestehenden Ehen.

Betrachtet man ein solches Gesetz von dem abstract
juristischen Standpunkt aus, so hat es eine ähnliche Natur
mit dem Gesetz über die Veräußerung des Eigenthums.
Durch diese Ehescheidung verliert jeder Theil die bisher
aus der Ehe entstehenden Rechte, so wie jeder die Freiheit
von den Ansprüchen des anderen Theils, und zugleich alle
Vortheile der Ehelosigkeit (Möglichkeit einer neuen Ehe)
erwirbt. Hiernach möchte man glauben, es verhielte sich
mit den Gesetzen über Ehescheidung gerade so, wie mit den
Gesetzen über das Güterrecht (§ 396). Dann hätte jeder
Ehegatte durch den Abschluß der Ehe das unabänderliche
Recht erworben, bei einer künftigen Scheidung nach dem
zur Zeit des Anfanges der Ehe bestehenden Gesetz beurtheilt
zu werden.


Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.

Ueber das Verhältniß alter und neuer Geſetze zu ein-
ander wird hier nicht leicht ein Zweifel entſtehen.

II. Die zweite Klaſſe bilden einige, auf das Ge-
ſchlechterverhältniß bezügliche, Rechtsinſtitute. Die Geſetze
über dieſe Inſtitute gehören deswegen hierher, weil ſie
nicht auf reinen Rechtsgründen beruhen, ſondern auf ſitt-
lichen (theilweiſe ſittlich-religiöſen) Gründen. Die einzel-
nen hierher gehörenden Fälle ſind folgende:

1. Eheſcheidung. Wenn durch ein neues Geſetz
die Scheidung überhaupt eingeführt oder abgeſchafft, oder
wenn eine Aenderung in den Scheidungsgründen vorge-
nommen wird, ſo entſteht die Frage nach dem Einfluß des
neuen Geſetzes auf die beſtehenden Ehen.

Betrachtet man ein ſolches Geſetz von dem abſtract
juriſtiſchen Standpunkt aus, ſo hat es eine ähnliche Natur
mit dem Geſetz über die Veräußerung des Eigenthums.
Durch dieſe Eheſcheidung verliert jeder Theil die bisher
aus der Ehe entſtehenden Rechte, ſo wie jeder die Freiheit
von den Anſprüchen des anderen Theils, und zugleich alle
Vortheile der Eheloſigkeit (Möglichkeit einer neuen Ehe)
erwirbt. Hiernach möchte man glauben, es verhielte ſich
mit den Geſetzen über Eheſcheidung gerade ſo, wie mit den
Geſetzen über das Güterrecht (§ 396). Dann hätte jeder
Ehegatte durch den Abſchluß der Ehe das unabänderliche
Recht erworben, bei einer künftigen Scheidung nach dem
zur Zeit des Anfanges der Ehe beſtehenden Geſetz beurtheilt
zu werden.


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[524/0546] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen. Ueber das Verhältniß alter und neuer Geſetze zu ein- ander wird hier nicht leicht ein Zweifel entſtehen. II. Die zweite Klaſſe bilden einige, auf das Ge- ſchlechterverhältniß bezügliche, Rechtsinſtitute. Die Geſetze über dieſe Inſtitute gehören deswegen hierher, weil ſie nicht auf reinen Rechtsgründen beruhen, ſondern auf ſitt- lichen (theilweiſe ſittlich-religiöſen) Gründen. Die einzel- nen hierher gehörenden Fälle ſind folgende: 1. Eheſcheidung. Wenn durch ein neues Geſetz die Scheidung überhaupt eingeführt oder abgeſchafft, oder wenn eine Aenderung in den Scheidungsgründen vorge- nommen wird, ſo entſteht die Frage nach dem Einfluß des neuen Geſetzes auf die beſtehenden Ehen. Betrachtet man ein ſolches Geſetz von dem abſtract juriſtiſchen Standpunkt aus, ſo hat es eine ähnliche Natur mit dem Geſetz über die Veräußerung des Eigenthums. Durch dieſe Eheſcheidung verliert jeder Theil die bisher aus der Ehe entſtehenden Rechte, ſo wie jeder die Freiheit von den Anſprüchen des anderen Theils, und zugleich alle Vortheile der Eheloſigkeit (Möglichkeit einer neuen Ehe) erwirbt. Hiernach möchte man glauben, es verhielte ſich mit den Geſetzen über Eheſcheidung gerade ſo, wie mit den Geſetzen über das Güterrecht (§ 396). Dann hätte jeder Ehegatte durch den Abſchluß der Ehe das unabänderliche Recht erworben, bei einer künftigen Scheidung nach dem zur Zeit des Anfanges der Ehe beſtehenden Geſetz beurtheilt zu werden.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/546>, abgerufen am 22.11.2024.